16.05.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 32 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 23

Sonja SteffenSPD - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Herr Münz, ich habe eigentlich schon darauf gewartet, dass Sie das Thema Gendern ansprechen. Ich empfehle Ihnen eine Fortbildung in dem Bereich, damit Sie sich unter dem Begriff vielleicht ein bisschen mehr vorstellen können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der SPD: Das begreift der nie! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie verzichten auf Ihre Fortbildung von vornhe­rein!)

Und lauschen Sie meiner Rede! Vielleicht können Sie dann auch in dem Zusammenhang noch etwas lernen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, wir stellen im Haushalt 2018 einen Rekordetat für die Entwicklungszusammenarbeit auf: über 9,4 Milliarden Euro. Damit steigern wir die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr um 900 Millionen Euro. Das sind satte 10 Prozent. Insgesamt wachsen die Ausgaben des Bundeshaushaltes übrigens nur um 3,1 Prozent. Daran sieht man, wie stark der Etat der Entwicklungszusammenarbeit gestiegen ist.

Der erste vierjährige Finanzplan von 2014 sah für 2018 noch Ausgaben in dem Bereich in Höhe von knapp 6,7 Milliarden Euro vor. Inzwischen sind es 2,7 Milliarden Euro mehr geworden. Das hat mit Sicherheit auch damit zu tun, dass in den letzten Jahren viel mehr Flüchtlinge weltweit unterwegs waren und auch bei uns in Deutschland viele Flüchtlinge angekommen sind. Dadurch ist aber auch bei uns in Deutschland ein neuer Fokus auf der Notwendigkeit entstanden, mehr humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit vor Ort in den Krisengebieten zu leisten.

Mit dem großen Aufwuchs im Einzelplan des BMZ setzen wir einen deutlichen Schwerpunkt, der auch uns Sozialdemokraten sehr am Herzen liegt: unsere internationale Verantwortung. Ich freue mich übrigens besonders – Herr Münz, passen Sie auf! – über die Aufstockung des Etats bei den politischen Stiftungen.

(Karsten Hilse [AfD]: Das glauben wir Ihnen! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das glauben wir Ihnen sofort!)

Vielleicht sollten Sie einmal Ihre Komfortzone verlassen und die Akteure vor Ort besuchen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann werden Sie nämlich sehen, dass die politischen Stiftungen wichtige Partner in den Entwicklungsländern sind, insbesondere wenn es darum geht, das Demokratieverständnis,

(Karsten Hilse [AfD]: Das sehen wir jeden Tag, Ihr Demokratieverständnis!)

die politische Meinungsvielfalt und die Rolle der Frau zu stärken.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Auch der Aufwuchs bei den Kirchen ist sehr zu begrüßen. Nicht zuletzt sie sind es nämlich mit Brot für die Welt und Misereor, die in den ärmsten Regionen oft noch die einzigen Netzwerke haben, an die die Menschen sich vor Ort wenden können.

Ein weiterer Schwerpunkt des Etats liegt wie schon früher auf dem Bereich Krisenbewältigung und Wiederaufbau. Hier werden die Mittel um insgesamt 200 Millionen Euro auf 700 Millionen Euro aufgestockt. Damit sorgen wir für den Wiederaufbau von Wasserleitungen. Der Herr Minister hat es vorhin im Zusammenhang mit seiner Reise nach Mosul schon erwähnt. Damit sorgen wir für den Aufbau von Schulen und Krankenhäusern in Krisen- und Katastrophengebieten wie Syrien, dem Gazastreifen und dem Südsudan. Allerdings ist hier eine intensive Abstimmung zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Entwicklungsministerium nötig.

Meine Damen und Herren, ich fürchte, dass die weltweiten Krisen und Konflikte auch zukünftig nicht weniger werden. Gerade die Ereignisse in den letzten Tagen haben uns das wieder vor Augen geführt. Wir sollten deshalb zukünftig auch im Bereich der humanitären Hilfe weitere Haushaltsmittel zur Verfügung stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Bundeskanzlerin hat übrigens heute Morgen in ihrer Rede auch darauf hingewiesen, dass gerade in der humanitären Hilfe die Budgets zum Beispiel von Welternährungsprogramm und UNHCR dramatisch defizitär sind. Deshalb ist hier eine stärkere finanzielle Unterstützung unbedingt erforderlich.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber nicht vorgesehen!)

Herr Minister, Sie haben uns vorhin einen kurzen Ausblick auf die nächsten Jahre ab 2019 gegeben. Wir von der SPD-Fraktion begrüßen ausdrücklich, dass Sie die Zusammenarbeit mit Afrika verstärken wollen. Wir erinnern aber auch daran – das haben Sie bereits getan –, dass dazu ein fairer Handel benötigt wird. Ein Blick in den Koalitionsvertrag zeigt, dass wir das eindeutig festgelegt haben. Wir wollen Vorreiter für eine faire Handelspolitik im Verhältnis zu Afrika sein. Wir wollen verbindliche soziale, menschenrechtliche und ökologische Standards, die eingehalten werden.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Als weiteren Schwerpunkt, Herr Minister, haben Sie vorhin das Rückkehrerprogramm „Perspektive Heimat“ genannt. Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Mir ist jeder freiwillige Rückkehrer tausendmal lieber als diese grausamen Nacht-und-Nebel-Aktionen, in denen Menschen abgeschoben werden, die oft jahrelang gut integriert bei uns lebten. Wenn es also um Binnenflüchtlinge geht oder darum, den Menschen eine wirklich fundierte Perspektive zu verschaffen, dann haben Sie uns auf alle Fälle an Ihrer Seite. Allerdings lässt die Bezeichnung „Perspektive Heimat“ auch befürchten, dass mit Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit Innenpolitik betrieben werden soll. Das sehen wir Sozialdemokraten sehr kritisch.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur ihr!)

Entwicklungspolitik bedeutet nämlich nicht, Menschen wieder dorthin zurückzubringen, woher sie gekommen sind, vor allem dann nicht, wenn sie dort keine Perspektive haben. Wenn ich Sie aber richtig verstanden habe, Herr Minister Müller, sehen Sie das genauso.

(Ottmar von Holtz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nur er!)

Wir begrüßen auch, dass Sie 2019 eine Bildungs- und Ausbildungsoffensive starten wollen. Sie haben im Berichterstattergespräch gesagt, dass es Ihr Ziel ist, 25 Prozent des Etats für Bildung und Ausbildung einzusetzen. Sie können sicher sein, dass Sie dafür bei uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten große Unterstützung finden werden. Wir sollten allerdings bei der Bildung die Grundbildung nicht vergessen und einen besonderen Schwerpunkt auf die Bildung der Mädchen setzen; denn die Mädchen, die Frauen sind oft die eigentlichen Kraftwerke vor Ort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

Neben der Bildung ist uns vor allem der Gesundheitsbereich wichtig; denn wer krank ist, kann nicht arbeiten und seine Familie ernähren. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Epidemien in kürzester Zeit – Beispiel Ebola – verheerende Folgen haben. Oft geht es um Krankheiten, die dank des medizinischen Fortschritts eigentlich vermeidbar sind. Deshalb wollen wir – auch das ist im Koalitionsvertrag festgelegt – die Impfallianz GAVI und den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria weiter unterstützen.

Wie Sie sehen, ist noch viel zu tun. Ich freue mich auf die kommenden Beratungen über den Haushaltsplan 2018. Aber wir brauchen für die Erreichung der Ziele auch in zukünftigen Haushaltsjahren ausreichend Haushaltsmittel. Die SPD-Fraktion wird sich weiterhin für die Erreichung des ODA-Ziels einsetzen. Dafür brauchen wir Aufwüchse bei der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch beim Auswärtigen Amt im Bereich der humanitären Hilfe, im Umweltministerium für Klimaschutzmaßnahmen und im Gesundheitsministerium für globale Gesundheit. Herr Minister, wir wollen dies sehr gerne mithilfe des Instruments der Finanztransaktion­steuer tun. Da haben Sie uns Sozialdemokraten ebenfalls auf Ihrer Seite.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Michael Georg Link für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7227343
Wahlperiode 19
Sitzung 32
Tagesordnungspunkt Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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