17.05.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 33 / Einzelplan 17

Michael LeutertDIE LINKE - Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, wir sprechen hier über einen Etat mit einem Volumen von 10,2 Milliarden Euro. Darin sind Leistungen enthalten wie der Unterhaltsvorschuss, der Kinderzuschlag und die Förderung von Kitas. Insbesondere beim Unterhaltsvorschuss und beim Kinderzuschlag handelt es sich um soziale Leistungen, die wir alle für sinnvoll und richtig halten und die genau für diejenigen vorgesehen sind, die sie benötigen, die nicht so viel haben. Ich halte es für falsch, pauschal zu sagen, diese oder jene Leistung brauchen wir nicht. Wir brauchen eine Entlastung der Familien. Wenn es sich noch nicht herumgesprochen hat: Es gibt sowohl arme Familien als auch reiche Familien. Reiche Familien möchte ich nicht unbedingt entlasten. Vielmehr müssen sie belastet werden. Deshalb halte ich es für falsch – darüber haben wir schon einmal diskutiert –, dass der Solidaritätszuschlag teilweise abgeschafft werden soll. Der dadurch verursachte Einnahmeausfall beläuft sich exakt auf 10 Milliarden Euro. Das entspricht ungefähr dem, was Ihrem Ministerium zur Verfügung steht. Gerade der Solidaritätszuschlag wird von denjenigen gezahlt, die viel haben. Aber diejenigen, die die in Rede stehenden Leistungen benötigen, zahlen gar keinen Solidaritätszuschlag. Das ist eine Fehlentwicklung.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Kinder tauchen zwar im Titel Ihres Ministeriums nicht auf. Aber sie spielen eine zentrale Rolle. Es wurde beschlossen – obwohl Sie das nicht federführend zu verantworten haben, haben Sie sicherlich ein Mitspracherecht –, in der diesjährigen Legislaturperiode das Kindergeld um 25 Euro anzuheben. Das begrüßen wir erst einmal. Allerdings möchte ich noch einmal darauf hinweisen – das habe ich schon in der letzten Legislaturperiode getan –: Warum wird zwischen dem zweiten und dem dritten bzw. zwischen dem dritten und dem vierten Kind differenziert? Wir sind der Meinung: Alle Kinder sind gleich viel wert. Wenn ab dem vierten Kind Kindergeld in Höhe von dann 250 Euro gezahlt wird, dann sollte das auch für das erste, zweite und dritte Kind gelten. Bitte beachten Sie das bei der Kindergelderhöhung. Vielleicht kann man das noch korrigieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen, was die Kinderfreibeträge betrifft, ist das Ganze ein bisschen absurd. Sozialleistungen sollen eigentlich für diejenigen da sein, die sie wirklich benötigen. Warum werden die Familien oder Personen mit hohem Einkommen über Freibeträge noch besser gestellt als diejenigen, die weniger Einkommen haben und auf das Kindergeld angewiesen sind? Auch das ist eine Schieflage, die noch beseitigt werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben in Ihrem Etat einen ganz wichtigen Titel, eine Perle. Ich bin der Meinung, dass wir in letzter Zeit viel zu wenig für diesen Bereich getan haben, obwohl die Mittel dafür von 30 Millionen auf über 100 Millionen Euro angestiegen sind – was wir gut finden. Ich meine das Programm „Demokratie leben!“, das sich gegen Menschenfeindlichkeit und Rassismus einsetzt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wie wichtig es ist, dass wir diese Gelder zur Verfügung stellen, das sehen wir nicht nur neuerdings hier im Bundestag,

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

sondern eben auch täglich, wenn wir in die Zeitung schauen. Ich meine zum Beispiel den „Echo“-Preis, der dieses Jahr an zwei Antisemiten verliehen worden ist. Deshalb gibt es diesen Preis jetzt nicht mehr. Aber ich möchte auch an den arabischen Israeli erinnern, der am helllichten Tag im Prenzlauer Berg angegriffen und verprügelt wurde. Das zeigt uns, dass wir diese Gelder benötigen, um gegenzusteuern.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Amadeu-Antonio-Stiftung eine ausführliche Berichterstattung darüber vornimmt. Ich möchte dieser Stiftung an dieser Stelle für ihr Engagement gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit ganz herzlich danken.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD)

– Ja, ich sage Ihnen was: Ich habe immer noch die Hoffnung, dass Bildung und Aufklärung dazu führen, dass man Hass in einer Gesellschaft vermindern kann.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das hat bei Ihnen auch nicht geholfen!)

Dass das nicht immer hilft, sehen wir ja bei Ihnen; das ist klar.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber dafür gibt es die Zivilgesellschaft, die sich entgegenstellen kann, und wenn das nicht hilft, gibt es noch den Staatsanwalt.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Bei Frau Kahane hat es auch nicht geholfen!)

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass wir mit konkreten und guten Programmen hier in der Gesellschaft wieder ein besseres Klima erreichen, dass wir tatsächlich eine Willkommenskultur haben und dass die jungen Menschen, die auch noch über andere Titel gefördert werden, zum Beispiel über die Mittel für den Kinder- und Jugendplan, die Chance haben, zu erlernen, wie Demokratie funktioniert, was Rechtsstaatlichkeit ist und dass das alles auf dem Grundsatz der Toleranz beruht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Als Nächstes für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Katja Dörner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7228065
Wahlperiode 19
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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