Herr Präsident! Werte Kollegen! Liebe Gäste des Hauses! „ Soziale Gerechtigkeit“ war das Motto des Bundestagswahlkampfes der SPD. Das hat nicht geklappt. Die Wähler haben der SPD offenbar nicht abgenommen, dass sie die erforderliche Kompetenz hat. Jetzt haben Sie einen Gang höhergeschaltet: Sie sitzen nach einigen Irrungen und Wirrungen wieder am Hebel der Macht und versuchen nun, zulasten der Steuerzahler Ihr angekratztes Image wieder aufzumöbeln, sozusagen „Soziale Gerechtigkeit reloaded“. Natürlich ist Ihr alter Weggefährte, die CDU, hocherfreut, weiterregieren zu dürfen. Ob der Wähler von dieser für unser Land unseligen Allianz das auch ist, lassen wir einmal offen.
Der Titel dieser Aktuellen Stunde lautet: „Auf dem Weg zur Vollbeschäftigung – Beste Arbeitsmarktlage seit der Wiedervereinigung ...“. Von den „Herausforderungen für die Zukunft“ will ich hier gar nicht reden. Denn wie will sich jemand zielführend mit den Herausforderungen der Zukunft befassen, der nicht einmal zu einer realistischen Einschätzung des Status quo in der Lage ist?
Vielen Arbeitnehmern geht es heute nicht mehr so gut wie vor 20 Jahren. Unzählige Familien sind heute darauf angewiesen, zwei Einkommen verdienen zu müssen, um überhaupt noch über die Runden zu kommen. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten ist von 2003 bis heute von 4 Millionen auf fantastische 17 Millionen angestiegen, wobei nur 20 Prozent der Männer, aber 60 Prozent der Frauen in Teilzeit arbeiten.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Und was machen die restlichen 20 Prozent? – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht denn die AfD dagegen?)
21,5 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland arbeiten heute im Niedriglohnsektor. Der Anstieg des Niedriglohnsektors in Deutschland ist vor dem Hintergrund Ihrer massiven Reformen zur Flexibilisierung und Deregulierung des Arbeitsmarktes zu sehen, die im Vergleich mit anderen europäischen Ländern beispiellos negativ sind.
(Beifall bei der AfD)
Die Zahl der Arbeitslosen ist nach wie vor viel zu hoch. Daran ändern auch die geschönten Arbeitslosenquoten nichts. Wenn aktuell von 2,3 Millionen Arbeitslosen die Rede ist – was auch noch saisonbedingt wenig ist –, dann ist das vielleicht wählerfreundlich, hat aber nichts damit zu tun, wie viele Menschen im erwerbsfähigen Alter in Deutschland arbeitsuchend sind. Da können Sie diese Zahl nämlich verdoppeln; das können Sie in Ihren eigenen Statistiken nachlesen. Da reden wir nämlich von 4,6 Millionen. Wenn man sich dann noch die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II – ansieht, nämlich 4,2 Millionen, dann kommen einem die Tränen.
In dieser Situation, aufbauend auf einer um 50 Prozent geschönten Anzahl von Arbeitsuchenden, reden Sie tatsächlich von Vollbeschäftigung. Arbeitsminister Hubertus Heil plant, mit einem angeblich ganzheitlichen Ansatz die Qualifizierung, Vermittlung und Reintegration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt voranzutreiben. Das Hauptinstrument seines Konzeptes soll ein langfristiger Lohnkostenzuschuss für Arbeitgeber über einen Zeitraum von fünf Jahren sein, der in den ersten beiden Jahren 100 Prozent des vereinbarten Lohnes betragen soll, wenn die Langzeitarbeitslosen mindestens sechs Jahre ohne Beschäftigung waren. Für Arbeitslose, die mindestens zwei Jahre ohne Arbeit waren, soll der Lohnkostenzuschuss zwei Jahre gezahlt werden, und zwar zu 75 und 50 Prozent. Da scheint sich Herr Heil auf Kosten des Steuerzahlers ein Denkmal setzen zu wollen.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Allerdings ist bereits jetzt absehbar, dass der Schuss nach hinten losgeht.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Oh, ein Denkmal schießt?)
Die fünfjährige Förderung von Arbeitsplätzen, die in direkter Konkurrenz zum freien Arbeitsmarkt stehen, wird dazu führen, dass sich die Anzahl der Arbeitslosen nicht verändert. Hier werden zulasten des Steuerzahlers Wettbewerbsverzerrungen vorgenommen, die den kleinen und mittelständischen Unternehmen massiven Schaden zufügen. Offensichtlich scheint das Ziel der SPD zu sein, die soziale Marktwirtschaft weiter auszuhebeln.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Langzeitarbeitslose werden zu Versuchskaninchen eines geltungsbedürftigen Arbeitsministers gemacht, der versucht, mit wirtschaftsschädigenden Maßnahmen seine eigene Reputation aufzupolieren.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Noch beschließt hier das Parlament, nicht der Minister!)
Die Krönung des Ganzen ist, dass es eine Nachbeschäftigungspflicht von nur sechs Monaten geben soll. Das, Herr Arbeitsminister – auch wenn er nicht zugegen ist –, führt zu beförderten Rotationsarbeitsplätzen.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Doch! Da ist er!)
– Ach, er ist noch da. Entschuldigung. – Dies alles geschieht nur, um den Merkel’schen Versprechen von Vollbeschäftigung durch Augenwischerei Rechnung zu tragen. Hier soll der Wähler mit einem Potemkinschen Dorf geblendet werden, damit später die nächsten Landtagswahlergebnisse für die CDU und die SPD besser werden.
Werte Mitglieder der Regierung, tun Sie endlich das, wofür man Sie gewählt hat. Schaffen Sie einen tragfähigen Rahmen für kleine und mittelständische Unternehmen, damit diese wieder in der Lage sind, Mitarbeiter einzustellen und diese so zu bezahlen, dass sie ohne Not und Nebenbeschäftigung in unserem Deutschland leben können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Ich erteile das Wort dem Kollegen Peter Weiß von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7243104 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 35 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Arbeitsmarktlage |