07.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 4

Stefan RuppertFDP - Ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es mussten acht Monate vergehen, damit ich meine persönliche Premiere erleben konnte: einen Antrag der AfD, mit dem ich mich sachlich auseinandersetzen kann und von dem ich finde, dass zumindest einige Ideen darin enthalten sind, die in die richtige Stoßrichtung gehen, und zwar insofern, als man sagt, dass Haushaltsgelder sachgemäß verwandt werden müssen und nicht in irgendeiner Form sachentfremdet werden dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Sie haben es also vermocht, nach acht Monaten einen Gesetzentwurf vorzulegen, dem ich zwar nicht folgen kann, von dem ich aber finde, dass er einen Gedanken enthält, bei dem es sich lohnt, sich inhaltlich sehr intensiv mit ihm auseinanderzusetzen.

Wer hat das bewirkt? Ich zitiere Ihren Redner Reusch, der in der Pressekonferenz gesagt hat:

Das ist nichts, was sich diese Halbnazis bei der AfD ausgedacht haben, sondern ein respektabler Strafrechtsprofessor.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

Es waren also nicht Sie, die diesen Gesetzentwurf erarbeitet haben, sondern Sie haben ihn von einem veritablen Strafrechtsprofessor abgeschrieben. Leider haben Sie die notwendige Transferleistung, nämlich eine einzelne Norm in einen Gesamtkontext zu überführen, nicht erbringen können. Insofern ist das ein Solitär, der im Strafrecht so nicht funktionieren kann.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich auf den Gedanken eingehen, dass wir keine strafrechtliche Lösung haben. Man kann sich mit der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1997 in der Tat kritisch auseinandersetzen, weil der geforderte Vermögensschaden die strafbaren Handlungen massiv einschränkt. Da kann man sich schon die Frage stellen: Ist das nicht zu weitgehend? Aber dass Sie dann einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Rechtsstellung des gesamten Bundesrechnungshofes fundamental verändert und dies gegen dessen Willen tut, ohne mit den Leuten gesprochen zu haben, dass Sie sagen: „Wir machen den Bundesrechnungshof zu einer Art Freizeichnungs-, Ermittlungs- und fast auch Anklagebehörde“, gegen deren Willen, das zeigt einmal mehr: Es geht Ihnen nicht um Sacharbeit und darum, einen validen Gesetzentwurf zu präsentieren, sondern darum, einen Effekt zu erzielen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Sie weiten den Amtsträgerbegriff aus. Sie sagen also: Strafbar soll auch derjenige handeln, der im Grünflächenamt nicht genau wusste, ob er eine Leistung vollbringt, die im Sinne des Haushaltsrechts ist oder nicht. Der ehrenamtliche Ortsbürgermeister, der Ortsbeiratsvorsitzende, all diese Menschen sollen durch diese Vorschrift, durch die Ausweitung des Amtsträgerbegriffes, von Ihnen kriminalisiert werden. Das ist nicht nur ein Misstrauensantrag gegen die gesamte öffentliche Verwaltung, sondern auch eine strafrechtliche Ausweitung, die in diesem Ausmaß unverantwortlich und gegen jedes Ehrenamt gerichtet ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael ­Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gegen die ehrenamtlich Tätigen!)

Wen wollen Sie eigentlich noch dafür gewinnen, eine ehrenamtliche Aufgabe zu übernehmen, wenn Sie ihnen gleich androhen: „Wenn du keinen Anwalt dabei hast, dann kann es sein, dass du dabei am Ende im Gefängnis landest“? Einen solchen Ehrenamtsbegriff kann man schlicht nicht fördern.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch diese Frage stellt sich: Was passiert am Ende haushaltsrechtlich? Es wird eine Flucht ins Ungefähre geben. Die Haushaltstitel werden immer wachsweicher formuliert werden, weil sie damit natürlich strafrechtliche Konsequenzen vermeiden können. Das scharfe Schwert des Strafrechts ist aus meiner Sicht an dieser Stelle nicht richtig am Platz.

Die Idee, zu sagen: „Wir wollen haushaltsrechtliche Systematiken einführen, um eine Mittelverwendung im Sinne des Gesetzgebers oder des Haushaltsgesetzgebers zu ermöglichen“, verdient sehr wohl Respekt. Hier müssten wir auch weiter darüber nachdenken, wie es uns gelingt, Steuerverschwendung und die Verschwendung von öffentlichen Geldern besser zu ahnden und schärfer dagegen vorzugehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Am Ende will ich noch sagen, dass Ihr Gesetzentwurf den Rechnungshof – das habe ich eben schon mal angedeutet – in einer Form umgestalten würde, dass ich sagen muss: Das halte ich für unverantwortlich.

Sie sagen, es gebe eine Art Freizeichnungsstelle – das ist ja in dem Gesetzentwurf vorgesehen –, sodass man im Vorhinein freizeichnen kann, welche Verwendung sachgerecht ist. Das verändert das Verhältnis von öffentlichen Amtsträgern und Rechnungshof in einer Art und Weise, dass wir zu einer Art Sklaven dieser Behörde werden sollen. Ich finde, das ist aus keiner Perspektive sachangemessen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Insgesamt hat sich Herr Schünemann als respektabler Strafrechtsprofessor nicht wehren können. Er hätte diesen Gesetzentwurf nämlich wesentlich besser in die bestehenden Systematiken eingearbeitet. Es bleibt das richtige Anliegen, Haushaltsgeld ordnungsgemäß zu verwenden. Ihr Antrag ist aber leider wieder ein untauglicher Versuch, dies zu erreichen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Immer dasselbe!)

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt hat das Wort die Kollegin Sonja Amalie Steffen, SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7243188
Wahlperiode 19
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel
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