07.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 5

Detlev SpangenbergAfD - Tätigkeitsbericht 2017 des Petitionsausschusses

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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben eben eine ganze Menge gehört, etwa den Tätigkeitsbericht. Das gibt mir Gelegenheit, mal ein bisschen auf die Historie des Petitionswesens hinzuweisen. Es war wieder einmal – das wird einigen nicht gefallen – Preußen, das mit rechtsstaatlichen Strukturen – undenkbar für viele von Ihnen, nehme ich an; vielleicht sogar entsetzlich – Vorreiter bei einer demokratischen Entwicklung und somit seiner Zeit weit voraus war: Abschaffung der Folter, Einführung der Religionsfreiheit, Entwicklung und Ausbau der Schulpflicht. Dann, 1794, wurde das preußische Landrecht erlassen: Bürger konnten sich das erste Mal Gehör verschaffen. Dem gingen drei wesentliche Schritte voraus:

König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der sogenannte Soldatenkönig, 1688 bis 1740, schuf die Schulpflicht. Dann ging es weiter unter Friedrich dem Großen, 1712 bis 1786, der dieses preußische Landrecht letztendlich mit förderte und fast auch zum Abschluss brachte.

In diesem Zusammenhang ist ganz interessant: Gar nicht weit von hier, in Potsdam, Humboldtstraße, steht die sogenannte Bittschriftenlinde. Dort konnten die Bürger unter Friedrich dem Großen ihre Zettel aufhängen. Einmal die Woche hat er sie abholen lassen oder selbst abgeholt, und er hat diese Bittschriften dann mehr oder weniger beantwortet. Das war einmalig, meine Damen und Herren; das war eben in Preußen, das war Deutschland, und wir sollten Preußen auch mal von dieser Seite sehen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Dann kam sein Neffe, Friedrich Wilhelm II., und vollendete den § 156 Absatz 2 Ziffer 20 im preußischen Landrecht und damit das Recht der Bürger, gehört zu werden. Meine Damen und Herren, sie mussten nicht mehr bitten, sie mussten gehört werden. Das gefällt Ihnen nicht; Sie wollen das immer in eine andere Richtung haben.

(Zuruf der Abg. Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In der Bundesrepublik haben wir den Artikel 17 Grundgesetz – das wissen wir mittlerweile –, aber auch in der DDR gab es ein Petitionsrecht. Die Institution hieß allerdings anders: Ausschuss für Eingaben der Bürger. So wurden bis 1989  40 Millionen Eingaben bei der damaligen Staatsführung eingereicht. Da ging es um ganz andere Probleme, als wir sie heute im Petitionsausschuss haben. Damals ging es um Wohnungen, um Versorgung und um Reisen. Aber wenn man zum Reisen eine Petition einbrachte, war das in der DDR ein bisschen problematisch. Dann kam man ganz schnell in den Geruch des Klassenfeindes; denn Reisen ins westliche Ausland waren höchst problematisch.

Der Petitionsausschuss, meine Damen und Herren, nimmt die Nöte der Bürger auf. Er bearbeitet fast alle Rechtsgebiete – Arbeitsrecht, Steuerrecht, Vertragsrecht, Behördenwillkür, Einzelschicksale aller Art – und ist insofern hochinteressant, als er ein Spiegel der Probleme in unserer Gesellschaft ist. Durchschnittlich kommen 200 Petitionen auf 1 Million Einwohner.

Wir haben natürlich im Petitionsausschuss keine mediale Aufmerksamkeit – es wurde schon angedeutet –; man kann dort keine schönen Artikel schreiben, man kann auch nicht mit irgendwelchen tollen Reden glänzen. Aber Fachkompetenz ist gefragt, und dieses Instrument bringt viel Arbeit mit sich. Es ist ein wichtiges Instrument in einem funktionierenden Staatswesen.

Was wir eben schon gehört haben, war natürlich bedauerlich. Wir sollten eigentlich im Petitionsausschuss keine Parteipolitik machen.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Hören Sie erst mal zu. Sie können sich nachher geballt aufregen, wenn ich fertig bin. Das ist viel wichtiger. – Wir sollten keine Parteipolitik machen, weil sich die Bürger an die Abgeordneten und nicht an die Parteien wenden.

Wie gesagt: Wir von der AfD sind mit vier Abgeordneten dabei; darüber freue ich mich auch. Ich war schon im Sächsischen Landtag im Petitionsausschuss und kenne die Arbeit. Daher kenne ich auch die Fraktion der Grünen, die ich besonders gern habe. Frau Rüffer, können Sie sich eigentlich vorstellen, dass wir unsere Entscheidungen nach dem Sachverhalt treffen und nicht in irgendeiner Form nach dem Parteiproporz?

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da ist es vollkommen egal, mit wem wir stimmen. Wir sind nämlich die einzige Partei, die bei Anträgen anderer mitstimmt.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ha, ha!)

Das können Sie ja gar nicht, weil Sie ideologisch gehemmt sind. Demokratie habe ich bei Ihnen noch nie erkannt. Sie sind eine reine Verbotspartei – etwas anderes sind Sie nicht.

(Beifall bei der AfD – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Petitionsausschuss ist ein wichtiges Instrument.

Recht vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD – Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Spangenberg, starker Auftritt!)

Vielen Dank, Herr Kollege Spangenberg. – Ich rufe auf für die SPD-Fraktion die Kollegin Siemtje Möller.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7243215
Wahlperiode 19
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Tätigkeitsbericht 2017 des Petitionsausschusses
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