07.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 5

Timon GremmelsSPD - Tätigkeitsbericht 2017 des Petitionsausschusses

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Sehr geehrte Petentinnen und Petenten! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich als neuer Abgeordneter hier heute zu dem Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2017 sprechen kann. Ich gehöre dem Petitionsausschuss erst seit dieser Legislaturperiode an, habe aber meine Erfahrung aus dem Hessischen Landtag, wo ich über vier Jahre lang ebenfalls Mitglied des dortigen Petitionsausschusses war.

Ich kann sagen, dass diese Tätigkeit sehr erfüllend ist, weil man in ganz viele unterschiedliche Themenbereiche Einblick erhält und nicht nur der sogenannte Fachmann für ein Thema ist. Man hat ein breites Spektrum und kann den Menschen konkret helfen. Als ich von meiner Parlamentarischen Geschäftsführerin gefragt worden bin, ob ich bereit wäre, in den Petitionsausschuss zu gehen, habe ich sofort Ja gesagt, obwohl ich weiß, dass man da nicht so im Mittelpunkt steht, nicht so viele Redebeiträge im Plenum hat, vielleicht auch nicht medial so glänzen kann und sich nicht alles für Facebook oder Twitter eignet, weil die Petitionen vertraulich sind. Aber auch das gehört zur Arbeit eines Abgeordneten – an der Sache, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, ohne große Öffentlichkeit. Diese Arbeit ist sehr wertvoll, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sehr schön ausgedrückt!)

Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass das Grundgesetz an dieser Stelle weitsichtig war. Artikel 17 des Grundgesetzes ist ein wichtiges Grundrecht, das wir aber auch bewerben müssen. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern deutlich machen, dass die Möglichkeit besteht, sich an das Parlament zu wenden, dass dort geholfen wird und dass Petitionen nicht erst 50 000 Mitzeichner bekommen müssen. Eine einzelne Petition kann genauso erfolgreich sein und wird von uns mit der gleichen Ernsthaftigkeit beraten wie eine Petition, die 50 000 oder mehr Menschen mitzeichnen. Das ist der Unterschied, das will ich deutlich machen. Jede einzelne Sache ist es wert, dass man sie genau anguckt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn wir uns jetzt Statistiken über den Erfolg der Petitionen angucken, stellen wir fest, dass das gar nicht der richtige Maßstab ist. Mitunter kann es helfen, wenn etwas als Material überwiesen wird und sich eine Fraktion oder ein Ministerium intensiv mit der Thematik beschäftigt. Mitunter kann es helfen, dass eine Diskussion im Petitionsausschuss zum Nachdenken anregt. Zu sagen, nur die zur Berücksichtigung vorgeschlagenen Petitionen waren erfolgreich, greift deswegen zu kurz. Das ist meine Erfahrung aus dem Hessischen Landtag.

Oftmals war es hilfreich, dass sich ein Ministerium mit der Thematik beschäftigt hat. Vielleicht war die Stellungnahme noch ablehnend, aber ein halbes Jahr später hat die Fachabteilung – so war es zumindest in Hessen; im Bundestag ist es vielleicht ähnlich – gesehen, dass man in diesem Zusammenhang etwas tun muss. Ich glaube, das ist sehr hilfreich. Insofern sagt die Statistik nicht immer alles so aus, wie es in Wirklichkeit ist.

Dass das Petitionsrecht überarbeitungsbedürftig ist, dass wir auch andere Zugänge und Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger finden müssen, sich an uns zu wenden, zeigen, glaube ich, die Zahlen. Dass wir weniger Petitionen haben, hat aus unserer Sicht weniger damit zu tun, dass die Menschen zufriedener sind mit Politik und Verwaltungshandeln, als mit der Tatsache, dass es andere Möglichkeiten gibt, die attraktiver sind, die spannender sind, die besser aufgemacht sind: Plattformen kommerzieller Art und Weise wie openPetition oder Change.org. Leute sagen: Ich stelle meine Idee, meine Anregung dort zur Diskussion und zur Abstimmung.

Ich habe im Hessischen Landtag schon erlebt, dass mich hinterher Menschen fragten, was aus ihrer Petition geworden ist. Ich habe dann im Petitionsreferat angerufen und gesagt: Mich hat ein Bürger angesprochen und gesagt, seine Petition sei ja gar nicht beraten worden. – Dann haben mir die Mitarbeiter gesagt: Die ist ja auch gar nicht eingegangen. – Daraufhin habe ich bei dem Bürger nachgefragt, und er hat gesagt: Doch, die habe ich im Internet bei „Open Petition“ eingereicht, das ist doch ein ganz wichtiges Thema, und soundso viele haben unterschrieben. Wo ist denn das? – Dann musste ich den Bürger erst einmal aufklären, dass das zwei verschiedene Paar Schuhe mit dem gleichen Namen sind.

Trotzdem glaube ich, dass uns diese Plattformen helfen, indem sie uns vielleicht auch antreiben, unsere Arbeit etwas spannender zu gestalten. Die Kolleginnen und Kollegen von der CDU fordern einen eigenen Sitzungssaal für den Petitionsausschuss; das mag auch wichtig sein. Aber den Bürgerinnen und Bürgern hilft doch mehr – das wäre mein Wunsch –, wenn wir das in Artikel 17 Grundgesetz verfassungsrechtlich verbriefte Petitionsrecht zeitgemäß weiterentwickeln, Quoten senken, öffentliche Diskussionen anbieten.

(Beifall der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die SPD-Fraktion ist dazu bereit. Wir wären froh und dankbar, wenn sich unser Koalitionspartner in die gleiche Richtung bewegt, damit wir das Petitionsrecht sozusagen zeitgemäß weiterentwickeln können. In diesem Sinne: Glück auf!

Danke.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7243221
Wahlperiode 19
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Tätigkeitsbericht 2017 des Petitionsausschusses
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