07.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 6

Klaus MindrupSPD - Mietpreispolitik

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Entwicklung der Mieten in vielen Regionen Deutschlands bedroht den sozialen Frieden in unserem Land und löst Angst bei Mieterinnen und Mietern aus. Ich kann das verstehen und nachvollziehen.

Wir haben vor 18 Jahren im Prenzlauer Berg eine Mietergenossenschaft gegründet, unsere Häuser erworben und saniert. Damals haben wir ähnliche Mieten wie in unserer Nachbarschaft gezahlt. Heute liegen die Mieten bei unseren 460 Wohnungen im Schnitt bei 5,50 Euro pro Quadratmeter bei niedrigen Mietnebenkosten, aber die Mieten in der Nachbarschaft, in der privaten Neuvermietung, liegen bei 16 bis 17 Euro pro Quadratmeter. Das kann sich kein Durchschnittsverdiener mehr leisten. Es ist damit ein Gebot sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Vernunft, gegen diese Entwicklung vorzugehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir müssen entschieden handeln. Der Koalitionsvertrag bietet dafür eine gute Grundlage. Wir wollen den Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen auf den Weg bringen; zu diesem Thema komme ich später noch. Aber mindestens genauso wichtig ist, dass wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, dass wir den bezahlbaren Wohnraum sichern wollen. Das hat eine hohe Priorität; das ist ein wichtiges Ziel. Daran wollen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten messen.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Mindrup, gestatten Sie eine Zwischenfrage der FDP?

Nein. Wir sind schon so spät in der Zeit; das lassen wir jetzt.

Wir haben in der Vergangenheit massiv Sozialwohnungen verloren. Es hat Luxusmodernisierung und Verdrängung gegeben, und es hat sich gezeigt, dass die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit 1988 gegen den Widerstand der Sozialdemokraten mit Wirksamkeit 1990 ein ganz schwerer Fehler war.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der Grünen! Das ist richtig!)

Heute haben wir noch 22 Millionen Mietwohnungen; diese müssen bezahlbar sein. Wenn wir diesen bezahlbaren Wohnraum verlieren, kommt der Neubau nicht dagegen an. 22 Millionen Wohnungen, die wir als bezahlbare Mietwohnungen nicht verlieren dürfen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Eines muss man sich klarmachen: Am Ende bezahlt der Staat: Wohngeld, Kosten der Unterkunft, Trägerwohnung und die Unterbringung von Wohnungslosen. Zu diesen Kosten gibt es keine saubere Statistik in unserem Land. Eine Zahl möchte ich hier nennen: 17 Milliarden Euro geben Bund, Länder und Gemeinden pro Jahr dafür aus. Diese Zahl kommt aus dem Wahlprogramm von CDU/CSU aus dem Jahr 2013. Es ist heute nicht weniger. 17 Milliarden Euro pro Jahr!

Wir müssen also Wert auf den Schutz bezahlbaren Wohnraums legen. Deswegen haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir eine Verschärfung der Mietpreisbremse auf den Weg bringen, dass wir einen besseren Schutz bei Modernisierungen einführen und das Herausmodernisieren verbieten. Wir Sozialdemokraten werden das gemeinsam mit unserem Koalitionspartner durchsetzen. Da kann Herr Dr. Luczak noch anderer Auffassung sein, am Ende werden auch Sie vertragstreu sein müssen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])

Wir werden dies hier beschließen, und wir werden es vernünftig machen.

Dann steht laut Koalitionsvertrag noch die Änderung des Mietspiegels auf dem Plan. Und wir müssen natürlich auch das Gebäude-Energie-Gesetz anpassen.

(Hagen Reinhold [FDP]: Ein bisschen viele Drohungen!)

Das Gebäude-Energie-Gesetz hat den Sinn, das Klima zu schützen, aber nicht, Mieterinnen und Mieter zu verdrängen. Das muss auch deutlich gemacht werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dann steht die Änderung des Grundgesetzes an. Wir wollen weiter in den sozialen Wohnraum investieren; das ist ganz wichtig. Wir werden die Länder auch verpflichten, dass das Geld in den entsprechenden Umsetzungsvereinbarungen ankommt. Dann steht die Einsetzung einer Kommission für eine „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ an. Darüber hinaus erachte ich es für notwendig, dass wir über eine Verbesserung des Milieuschutzes diskutieren und dass wir wieder über den Wucherparagrafen sprechen. Wenn wir neu bauen, muss es so sein, dass wir bezahlbaren Wohnraum schaffen. Es kommt nicht darauf an, dass wir irgendwo, irgendwas, irgendwie bauen, sondern wir müssen für Menschen bauen, die bezahlbaren Wohnraum brauchen. Das ist wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir das Engagement von Genossenschaften, kommunalen und kirchlichen Wohnungsunternehmen, nicht gewinnorientierten Initiativen und Stiftungen für den Neubau und eine sozialverträgliche Sanierung im Sinne einer Gemeinwohlorientierung unterstützen. Das ist der richtige Weg, liebe Kolleginnen und Kollegen. Lassen Sie ihn uns gemeinsam gehen.

Chris Kühn hat eben gefragt: Ist auf die Sozialdemokratie Verlass? – Natürlich. Wir haben viele Jusos unter uns, und Jusos haben eine Doppelstrategie gelernt. Die Doppelstrategie lautet heute: Schutz bezahlbaren Wohnraums und Bau neuer Wohnungen. Das werden wir machen, und dafür bitte ich um die breite Unterstützung dieses Hauses.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7243242
Wahlperiode 19
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Mietpreispolitik
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