07.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 9

Uli GrötschSPD - Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (BAMF)

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Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass man im Fortgang dieser Debatte gemerkt hat, wie sensibel das Thema, über das wir hier reden, trotz allem ist und wie wichtig es ist, dass man differenziert auf das Thema blickt und – vor allem – nicht alle über einen Kamm schert.

Wer sich hier vorne hinstellt und über Verschwörungstheorien redet und pauschal vom BAMF-Versagen spricht, der redet den Rechtspopulisten das Wort, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil die Tatsachen doch etwas anders aussehen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist von etwa 2 000 Mitarbeitern im Jahr 2015 auf knapp 10 000 Mitarbeiter heute so schnell aufgewachsen wie vor ihm wohl noch keine andere Behörde in der Geschichte dieses Landes. Deshalb und weil sie in einer in diesem Land einmaligen Situation waren und unter einem öffentlichen und auch politischen Dauerdruck standen, der – auch das gehört zur Wahrheit – ja auch von diesem Haus ausging, haben die Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge alles in allem in den Jahren 2015, 2016 und 2017 eine schier unglaubliche Leistung vollbracht. Die Steigerung von 130 000 Asylentscheiden noch im Jahr 2014 auf mehr als 700 000 Asylentscheidungen im Jahr 2016 ist eine Leistung, die hier an dieser Stelle auch einmal gewürdigt werden darf, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Bravo! Keine Identitätsprüfung in Hunderttausenden Fällen! Bravo!)

Keine Behörde stand jemals so unter politischem Druck, wie das beim BAMF der Fall war. Als die Bundeskanzlerin „Wir schaffen das“ gesagt hat,

(Beatrix von Storch [AfD]: Hat sie sich geirrt!)

hat sie sich – da bin ich mir sicher – auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BAMF, auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Polizeien, bei den Stadtverwaltungen, bei den Landratsämtern, auf die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer verlassen. Sie und ganz sicher nicht zuletzt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BAMF waren es, die das, was die Kanzlerin damals gemeint hat, geschafft haben.

Meiner Meinung nach ist das, was in diesen Jahren im Bereich Asyl und Flucht, egal von welchem Akteur, geleistet wurde, nichts anderes als eine historische Leistung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte auch ein paar Sätze zur Rolle des Dienstherrn, zur Rolle der Dienst- und Fachaufsicht in diesem Themenfeld sagen. Ich habe mir gestern die Berichterstattung zur Personalversammlung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeschaut. Ich finde es schon ein Stück weit traurig: Die Mitarbeiter dort sind von Ihrem Haus, Herr Mayer, vom Haus des Bundesinnenministers Seehofer enttäuscht. Es herrscht der Eindruck, dass Sie nicht hinter den Mitarbeitern stehen und dass das ganze BAMF als eine Chaostruppe dargestellt wird. Ein guter Dienstherr stellt sich hinter seine Behörde und differenziert klar und deutlich und schert nicht alle über einen Kamm.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist nicht das BAMF, es sind einzelne Mitarbeiter im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die falsch gehandelt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Man darf auch einmal erwähnen: Wenn es jetzt darum gehen soll, 3 200 befristete Stellen im BAMF zu entfristen, dann sind wir, die SPD-Bundestagsfraktion, an Ihrer Seite. Hätten wir die befristeten Beschäftigungsverhältnisse schon abgeschafft, dann müssten wir darüber vielleicht gar nicht mehr reden.

Ich sage Ihnen zum Ende: Die Vorkommnisse in der Bremer Außenstelle müssen natürlich aufgeklärt werden. Der Innenausschuss ist ohne Zweifel der richtige Ort, um die für das Parlament relevanten Fragen zu stellen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Kann das der Innenausschuss?)

Die Fach- und Dienstaufsicht sind aber Sie, Herr Mayer; das ist das Bundesinnenministerium. Sie sind der politisch Verantwortliche. Setzen Sie einen Sonder­ermittler ein! Das gab es auch in anderen Zusammenhängen schon. Setzen Sie eine Kommission ein, die die richtigen Fragen stellt, die für die Exekutive und für uns alle von Interesse sind! Dann kann es in diesem Bereich schneller zur Aufklärung kommen, als es manchem heute vielleicht lieb ist.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7243309
Wahlperiode 19
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (BAMF)
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