Gero Clemens HockerFDP - Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes
Danke schön. – Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein bisschen Ausdruck des mangelnden Tatendrangs eines Mitglieds einer Mehrheitsfraktion, Herr Kollege Spiering, wenn Sie Ihre Rede schließen mit den Worten: „Na ja, es ist halt, wie es ist.“ Weniger Gestaltungsanspruch an sich selber zu stellen, habe ich in diesem Hohen Haus bislang selten erlebt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das war ein Ausdruck der Trauer!)
Zur Sache. Es steht völlig außer Frage, dass Rauchen der Gesundheit nicht förderlich ist. Es gibt keine ernstzunehmende Studie in der ganzen Welt, die das in Abrede stellt. Es ist nicht nur frustrierend, sondern auch sehr traurig, wenn Menschen durch den Genuss von Zigaretten und Tabak viel früher sterben und Krankheiten wie zum Beispiel Lungenkrebs erleiden, durch die sie viel früher sterben, als es vielleicht vom lieben Gott eigentlich vorgesehen wäre.
(Rainer Spiering [SPD]: „Vom lieben Gott“?)
Aber vieles in unserer Gesellschaft kann unbestritten zu Erkrankungen führen. Alkohol kann Herzinfarkte befördern. Süßigkeiten können bei zu wenig Bewegung zu Fettleibigkeit und Diabetes führen.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die muss ich aber nicht essen, wenn Sie sie essen!)
Keine andere Branche unterliegt schon jetzt derart strengen Vorgaben wie die Werbung für Tabak. Kein Autohersteller wird gezwungen, die Fotos von Unfallopfern auf seinen Produkten abzubilden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der AfD)
Spirituosenhersteller sind auch nicht gehalten, auf der Schnapsflasche das Foto eines Alkoholabhängigen abzudrucken. Für Tabak gelten genau solche Vorgaben bereits jetzt: keine Werbung im Fernsehen oder Radio. Auf jeder Zigarettenschachtel müssen Ekelfotos abgedruckt werden.
Ich sage Ihnen eines: Dass Rauchen ungesund ist, weiß in Deutschland jedes Kind. Aber wenn eine Gefahr hinreichend bekannt ist, wie zum Beispiel das Trinken von Rotwein, der Verzehr von Süßigkeiten und auch das Rauchen, dann ist es irgendwann Aufgabe des Verbrauchers, selber für sich zu entscheiden,
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
ob er einen individuellen Gewinn, ein Mehr an Lebensqualität haben will, indem er seiner Sucht frönt, und ob er bereit ist, statistisch gesehen auf eine gewisse Zeit Leben zu verzichten. Das ist eine Frage, die jeder Verbraucher und jeder mündige Bürger für sich selber entscheiden muss.
Deswegen appelliere ich an die Grünen und die Linken – gerne auch an den Kollegen Spiering –, die die Vorlagen eingebracht haben: Hören Sie endlich auf, zu glauben, Sie könnten die Menschen erziehen zu der Haltung und Lebenseinstellung, die Sie gerne haben möchten, die Sie ihnen abverlangen!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Hören Sie auf, die Übermutter oder den Übervater zu spielen, die bzw. der mit Strafsteuern, Verboten und dem immer wieder erhobenen moralisierenden Zeigefinger 80 Millionen Menschen in Deutschland zu einer bestimmten Lebensweise erziehen will, die die Betreffenden vielleicht gar nicht anstreben.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Ich sage Ihnen ganz ausdrücklich: Niemand auf dieser Welt weiß besser, was mich glücklich macht, als ich selber. Nach dieser Maxime sollten Sie künftig auch Ihre Politik gestalten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich darf mit der freundlichen Erlaubnis des Präsidenten sagen: Wolfgang Kubicki ist bekennender Schokoladenesser und Rotweintrinker. Der Leiter meines Wahlkreisbüros raucht viel zu viel, und ich selber habe in den vergangenen Wochen bei dem guten Wetter viele Hundert Kilometer mit meinem Motorrad auf den norddeutschen Landstraßen zurückgelegt. Wir alle wissen, dass all diese Aktivitäten gefährlich sind und sofort, früher, später, mittelbar oder unmittelbar zu Verletzungen führen können, vielleicht sogar zum Tod. Wir wissen dies, und 80 Millionen Menschen in Deutschland wissen das auch.
Deswegen appelliere ich an Sie: Überlassen Sie uns die Entscheidung, ob wir ein längeres Leben führen wollen, liebe Grüne, mit Rhabarbertee, Batik-T-Shirt, Stuhlkreis und grüner Political Correctness oder ob wir ein nach unserer Vorstellung freudvolles, dafür vielleicht aber statistisch mit kürzerer Lebenszeit versehenes Leben führen wollen, ohne etwas auszulassen, was Freude macht. Wenn Raucher gerne rauchen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann sollen sie dies tun. Es ist nicht Ihre Aufgabe, diese Menschen zu erziehen.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.
Mein letzter Satz.
Ja, das ist dann auch der letzte Satz.
Mein letzter Satz: Wenn Sie von den Grünen und den Linken mir einen Gefallen tun möchten, dann lassen Sie mich wissen, wie Sie den Zwiespalt überbrücken, dass Sie auf der einen Seite die Legalisierung von Cannabis und Marihuana fordern – wie wir übrigens auch –, auf der anderen Seite aber Zigarettenrauchen verbieten wollen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir das erklären könnten, auch heute Abend, gerne beim Bier an der Theke.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Herr Kollege Dr. Hocker, wenn Sie schon Ihren letzten Satz ankündigen, dann muss es auch der letzte Satz sein. Ich kann das Mikrofon leider nicht ausschalten.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das wusste ich!)
Das werde ich noch ändern. Aber dass Sie in Ihrer Rede auf meine Figur angespielt haben, wird noch Konsequenzen haben.
(Heiterkeit)
Als Nächstes für die Fraktion Die Linke der Kollege Niema Movassat.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7243440 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes |