07.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 19

Niema MovassatDIE LINKE - Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Thies, Herr Hocker, ich muss sagen: Als Nichtraucher bräuchte ich nach Ihren Reden jetzt eigentlich eine Zigarette, um mich zu beruhigen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was Sie hier streckenweise gebracht haben, das war einfach peinlich. Sie haben Sachen durcheinandergeworfen, die nichts miteinander zu tun haben. Ich will hier ganz klar betonen: Wir reden heute nicht darüber, den Tabakkonsum zu verbieten. Wir reden über ein Werbeverbot, ein Werbeverbot für Tabakprodukte.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie alle in diesem Haus wissen, dass Deutschland schon vor 14 Jahren das Tabakrahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation unterzeichnet hat. Damit geht die Pflicht einher, umfassend Werbung für Tabak zu verbieten. Das dient dem Gesundheits- und Jugendschutz. Dass Deutschland bisher als einziges Land in der EU die Tabakrahmenkonvention nicht umgesetzt hat – damit ist es trauriges Schlusslicht –, ist ein Völkerrechtsbruch, und das geht gar nicht.

(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Geht es auch eine Nummer kleiner?)

In der letzten Legislaturperiode gab es einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, um Außenwerbung für Tabak zu verbieten. Aber Leute wie der CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder, ein guter Freund der Tabakindustrie, verhinderten die Abstimmung hier im Haus – auch gegen die eigenen Leute.

Die Zögerlichkeit beim Tabakwerbeverbot lässt sich sicherlich damit erklären, dass die Tabakindustrie die Politik umgarnt. CDU, CSU, SPD und FDP lassen ihre Parteiveranstaltungen von der Tabakindustrie sponsern. Zwischen 2010 und 2015 hat allein der Tabakkonzern Philip Morris über eine halbe Million Euro für Events Ihrer Parteien und parteinahen Organisationen gezahlt. Ich muss sagen: Einige Reden heute wirkten wie ein Tribut an die Tabakindustrie.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man Lobbyinteressen über Gesundheits- und Jugendschutz stellt, dann ist das nicht gut.

Aber warum wollen wir eigentlich ein Tabakwerbeverbot? Ich will Ihnen heute ein paar Argumente nennen.

Erstens. Es sterben jedes Jahr 120 000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Tabakrauchens. Mehr als die Hälfte aller Raucher stirbt vorzeitig an Lungenkrebs, einer Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankung. Auch die Risiken für andere Krebsarten sowie Diabetes steigen, wenn man raucht. Dafür kann man doch nicht ernsthaft Werbung zulassen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Das politische Ziel muss doch sein, die Zahl der Raucherinnen und Raucher zu senken. Die Zahl geht zwar zurück. Allerdings hat die WHO in ihrem Bericht zum Weltnichtrauchertag beklagt, dass der Rückgang nicht schnell genug geht. Jede fünfte Person über 15 Jahren greift in Deutschland täglich zur Zigarette. Und besonders das Nikotin ist ein Suchtmittel mit hohem Abhängigkeitspotenzial. Das ist übrigens ein Grund, warum zwei Drittel aller Raucher schon versucht haben, mit dem Rauchen aufzuhören, es aber nicht geschafft haben. Ein Werbeverbot ist tatsächlich ein realer Beitrag, die Zahl der Raucherinnen und Raucher zu senken.

Drittens. Tabakwerbung spricht vor allem junge Menschen an. Mode, Musik, Fröhlichkeit und Humor werden eingesetzt, um zu suggerieren, dass man ein positives Lebensgefühl hat, wenn man raucht. Man möchte Kunden gewinnen, am besten ein Leben lang. Wissenschaftliche Studien zeigen sehr deutlich, dass es einen Zusammenhang zwischen Tabakwerbung und dem Rauchbeginn bei Jugendlichen gibt. Wer Jugendschutz ernst nimmt, kann keine Tabakwerbung zulassen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Meine Damen und Herren, wer rauchen will, soll rauchen, wer ein Bier trinken will, soll ein Bier trinken. Ich finde auch, wer einen Joint rauchen will, soll einen Joint rauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich finde, es sollte niemals für Drogen geworben werden dürfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit unserem Antrag fordern wir heute die Bundesregierung auf, endlich das Tabakrahmenübereinkommen umzusetzen.

Herr Kollege.

Ich kann nur sagen, insbesondere auch an die Reihen der Union – letzter Satz –:Hören Sie doch bitte auf Ihre Drogenbeauftragte Marlene Mortler. Die vertritt da, finde ich, eine sehr gute Position.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Movassat. – Als letzter Redner spricht nun zu uns der Kollege Carsten Müller von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7243441
Wahlperiode 19
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes
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