13.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 38 / Zusatzpunkt 1

Michael SchrodiSPD - Aktuelle Stunde: Familienförderung ernst nehmen - Kinderarmut bekämpfen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zwei Tagen fand in München eine Veranstaltung der Freien Wohlfahrtspflege Landesarbeitsgemeinschaft Bayern – dazu gehören unter anderem die Arbeiterwohlfahrt, das Rote Kreuz und die Caritas – unter dem Titel „Armut im reichen Bayern. Lebenswirklichkeit statt Schönfärberei“ statt. Der BR berichtete über diese Armutskonferenz in Bayern und unter anderem darüber, dass auch im reichen Bayern 1,2 Millionen Menschen von Armut bedroht sind und die Quote seit Jahren steigt.

Dabei wurde natürlich auch das drängendste Problem angesprochen: die Kinderarmut. Ich begrüße es deshalb immer, wenn wir über das Thema Kinderarmut sprechen. Das ist nicht nur im reichen Bayern, sondern auch in der ganzen Bundesrepublik ein drängendes Problem. Wir Sozialdemokraten haben uns deshalb zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner Kinderarmut zu bekämpfen und dafür ein Maßnahmenpaket zu schnüren. Klar ist, dass man zuerst einmal von den Ursachen der Kinderarmut ausgehen muss, um dann gezielt Maßnahmen zu ergreifen. Was sind Ursachen für Kinderarmut?

Zu nennen ist zuerst die Arbeitslosigkeit. Es war übrigens bezeichnend – das zeigt das wahre Gesicht dieser Partei –, mit welchem Zynismus die AfD heute über arbeitslose Menschen gesprochen hat, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir wollen Menschen in Arbeit bringen, zum Beispiel mit einem sozialen Arbeitsmarkt, den wir auf den Weg bringen.

Eine zweite Ursache sind atypische Beschäftigungsverhältnisse. Gerade da ist die erwähnte Brückenteilzeit wichtig; die hilft, Frauen in Arbeit zu bringen, von der Teilzeit in die Vollzeit. Das ist ganz wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Eine weitere Ursache, die immer wieder genannt wird, sind fehlende Betreuungsmöglichkeiten. Gerade Alleinerziehende können oft nicht von Teilzeit in Vollzeit gehen, weil sie keine Betreuungsmöglichkeiten haben. Der Kollege Kießling war – er ist leider nicht mehr anwesend – Bürgermeister in meinem Nachbarwahlkreis in Bayern. Ich bin seit 15 Jahren Kommunalpolitiker und habe schon vor 15 Jahren als Gemeinderat in der Gemeinde Gröbenzell, westlich von München, den Antrag gestellt, eine Kinderkrippe einzurichten. Das wurde damals von der schwarzen Bürgermeisterin und der schwarzen Mehrheit im Gemeinderat noch als sozialistisches Teufelszeug abgetan. Natürlich hat man auch in Bayern Probleme mit der Betreuungssituation. Ich denke, dass in Bayern nach den Wahlen im Oktober für die nächste Staatsregierung weniger Symbolpolitik und Kreuzerlässe handelsleitend sein sollten, sondern vielmehr Investitionen in Bildung, von der Kita bis zur Hochschule. Das wäre eine richtige Maßnahme, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Auch hier handeln wir auf Bundesebene. Mit dem Programm zur Förderung des Ganztagsschulangebots, mit der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter oder mit dem Gute-Kita-Gesetz tun auch wir etwas für Bildung. Das ist auch wichtig für die Bekämpfung von Kinderarmut.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir übernehmen Verantwortung und tun konkret etwas für Kinder und Familien.

Als Finanzpolitiker freut es mich natürlich besonders, dass unser Bundesfinanzminister Olaf Scholz nun den Entwurf eines Familienentlastungsgesetzes vorgelegt hat. Normalerweise freut man sich als Finanzpolitiker natürlich nicht, wenn man Mindereinnahmen oder Mehrausgaben zu verzeichnen hat. Insgesamt summiert sich das für den Bund auf 4,6 Milliarden Euro. Aber hier ist das Geld begründet und auch sehr gut angelegt. Unter anderem erhöhen wir das Kindergeld zum 1. Juli 2019 um 10 Euro und noch einmal 2021 um weitere 15 Euro und in dem Zuge natürlich auch den Kinderfreibetrag um jeweils 192 Euro.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, weil Sie das gerade kritisiert haben: Ich habe mir das Sondierungspapier zu den Jamaika-Verhandlungen angeschaut. Da steht unter „Vorstellungen konkret“:

… Erhöhung Kindergeld, entsprechende Erhöhung Freibetrag …

Bitte kritisieren Sie doch nicht etwas, was Sie schon in den Sondierungsgesprächen abgenickt hatten. Das ist unredlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mit Blick auf unser sozialdemokratisches Wahlprogramm und auch auf den Koalitionsvertrag kann man festhalten: Schrittweiser Abbau von Kitagebühren steht darin – machen wir. Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung – wollen wir umsetzen. Aber auch so etwas wie die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für untere und mittlere Einkommen oder eben mehr Geld für öffentlichen Wohnungsbau helfen den Familien. Das ist konkrete Politik für die Menschen. All das sind wichtige Bausteine, um Kindern und Familien zu helfen, und das werden wir in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten angehen.

Zuletzt noch: Das kostet uns viel Geld; aber es ist uns das wert. Die Frage der Finanzierung ist angesprochen worden: Ja, ich bin ein Freund davon, zu sagen, dass wir uns über die Finanzierung unterhalten müssen. – Interessant ist da aber die Haltung der AfD: einerseits keinerlei Maßnahmen gegen Kinderarmut zu beantragen, aber andererseits im Finanzausschuss zu fordern: Abschaffung der Erbschaftsteuer, die 10 Prozent, die am meisten Solidaritätszuschlag zahlen, auch entlasten. Letztens hat man auch gefordert, die Grundsteuer abzuschaffen. Die Vermögensteuer will man auch nicht haben. Wie, bitte schön, wollen Sie von der AfD irgendwas finanzieren? Sie haben keine Antworten auf die drängenden Fragen und auch nicht auf die Kinderarmut. Das ist auch in diesen Debatten wieder klar geworden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Insofern kann ich mich gut mit der Forderung anfreunden, die auch auf der Konferenz der Wohlfahrtsverbände vor zwei Tagen gestellt wurde: Einführung einer Kindergrundsicherung. Ich glaube, das ist der nächste notwendige Schritt, über den wir nachdenken müssen und den wir begleiten müssen. Machen wir uns an die Arbeit! Wir als SPD arbeiten daran in der Koalition.

Danke schön.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7245368
Wahlperiode 19
Sitzung 38
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Familienförderung ernst nehmen - Kinderarmut bekämpfen
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