Johannes FechnerSPD - Zivilprozessuale Musterfeststellungsklage
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Nach jahrelangen Diskussionen ist es heute geschafft: Die Musterfeststellungsklage wird Gesetz, und damit gilt der Grundsatz: „Wer recht hat, bekommt recht“, und das schnell und kostengünstig. Ein guter Tag für den Verbraucherschutz in Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Verbraucher können sich zukünftig kostenlos zu Musterverfahren anmelden und so kostenlos die Voraussetzungen ihrer Ansprüche durch Einrichtungen wie die Verbraucherzentrale feststellen lassen. Geht das Musterverfahren zugunsten des Verbrauchers aus, dann kann etwa ein betrogener Autokäufer mit diesem für ihn günstigen Prozessergebnis seinen Schaden einklagen. Oft wird das nicht nötig sein, weil ein Unternehmen, das das Musterverfahren verliert, von sich aus ökonomisch denken und Vergleichsangebote in akzeptabler Höhe machen wird. Aber wenn das nicht der Fall ist, kann er schnell und kostengünstig seinen eigenen Prozess führen; denn er hat ja das für ihn ausgegangene Musterverfahren in der Tasche. Daran sieht man: Das Musterverfahren sorgt dafür, dass insbesondere die betrogenen Autokäufer jetzt schneller zu ihrem Recht kommen.
Den guten Gesetzentwurf der Bundesregierung haben wir nur an wenigen Stellen geändert. Wir haben geregelt, dass ein Gericht zuständig ist, und zwar erstinstanzlich das Oberlandesgericht. Den befürchteten Wettlauf der Einrichtungen wird es nicht geben; denn wenn sich mehrere Einrichtungen bewerben, können die Verfahren verbunden werden. Eine weitere, für die Verbraucher wichtige Verbesserung: Angemeldete Verbraucher können noch am Tag der mündlichen Verhandlung vom Musterverfahren zurücktreten und individuell klagen.
Weil auch Unternehmen, etwa Handwerksbetriebe, beim Autokauf betrogen wurden, ändern wir die ZPO. Unternehmen können sich zwar nicht im Musterverfahren registrieren lassen, aber sie können zukünftig ohne Zustimmung des beklagten Unternehmens die Aussetzung ihres eigenen Prozesses beantragen. Das ist eine ganz wichtige Neuerung.
Das Gesetz wird nun, wie geplant, zum 1. November 2018 in Kraft treten. Die Verbraucherzentrale hat schon angekündigt, dass sie insbesondere für die betrogenen Autokäufer auf Basis unseres Gesetzes – sie werden also unser wichtiges Gesetz nutzen – ein Musterverfahren zur Feststellung der Abgasmanipulation einleiten wird. Ab November können sich die betrogenen Autokäufer verjährungsunterbrechend im Register des Bundesamtes für Justiz eintragen lassen und dann über die Verbraucherzentrale ihre Anspruchsvoraussetzungen feststellen lassen.
Ich bedanke mich bei allen, die zum Zustandekommen dieses Gesetzes beigetragen haben. Insbesondere geht der Dank an das Bundesjustizministerium, Ministerin Barley und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich hierfür sehr engagiert haben. Es war in der Tat bis zuletzt ein spannendes Beratungsverfahren, insbesondere gestern. Aber ich glaube, es war gut, dass wir zügig und gründlich dieses Gesetz beraten haben, sodass die drohende Verjährung von Schadensersatzansprüchen der getäuschten Autokäufer zum Jahreswechsel nicht eintreten wird; eine ganz wichtige Maßnahme, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es geht bei diesem Gesetz nicht nur um Verbraucherschutz, sondern es geht auch darum, das Vertrauen der Verbraucher in den Rechtsstaat zu stärken; denn wenn ein Autokonzern Tausende Autokäufer getäuscht und betrogen hat, dann können wir zwar nicht per Gesetz die Nachrüstung beschließen, wir können auch nicht per Gesetz Schadensersatzzahlungen anordnen, aber wir können – und das machen wir – mit diesem Gesetz dafür sorgen, dass die getäuschten Autofahrer schneller und vor allem ohne Kostenrisiko ihre Schadensersatzansprüche geltend machen. Damit stärken wir durchaus auch das Vertrauen der Verbraucher in unseren Rechtsstaat, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Weil es in der Bevölkerung durchaus Sorgen gab, dass die Datenschutz-Grundverordnung möglicherweise zu erheblichen Risiken in Bezug auf missbräuchliche Abmahnungen führen könnte, werden wir heute zugleich einen Antrag verabschieden, der das ganz klare Ziel hat, missbräuchliche Abmahnungen zu verhindern. Ich glaube, es ist ein wichtiges Signal, dass wir dieses Thema gleich angehen; wir hätten gerne schon im Koalitionsvertrag mehr dazu vereinbart. Wir glauben, dass es wichtig ist, jetzt ein starkes Signal zu senden.
Wir sind dankbar, dass Justizministerin Barley schon eine klare Ansage gemacht hat. Wir werden gleich nach der Sommerpause darangehen, Abmahnmissbrauch grundlegend zu verhindern. Wir wollen nicht nur in einem Schnellschuss die Sanktionen etwas hinausschieben, sondern wir wollen grundlegend etwa Anwaltsgebühren deckeln; eine ganz wichtige Maßnahme. Das zeigt, dass wir auch hier die Befürchtungen und Sorgen in der Bevölkerung aufnehmen und handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen. Zwei gute Anträge; stimmen wir denen zu.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Lothar Maier, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7245618 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Zivilprozessuale Musterfeststellungsklage |