Lothar MaierAfD - Zivilprozessuale Musterfeststellungsklage
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Musterfeststellungsklage erscheint uns, wie an dieser Stelle schon mehrfach ausgeführt, ein im Prinzip geeignetes Instrument, um Verbraucherinteressen bei ähnlich gelagerten Fällen durchsetzen zu können, gerade im Bereich der Bagatellschäden. Ein diesbezügliches Gesetz muss aber entsprechend sorgfältig ausgearbeitet werden und darf nicht etwa – auch nicht im Ansatz – auf aktuelle Spezialfälle bezogen sein. In einem Wort: Es muss zukunftsfähig sein.
Daran muss es aber bei der vorgelegten Fassung Zweifel geben, die durch die am Montag in dieser Woche erfolgten Anhörungen zu diesem Thema noch verstärkt wurden. Dort haben sich immerhin acht von neun Sachverständigen über diesen Entwurf kritisch bis sehr kritisch geäußert. Hinzu kommt, dass wichtige Stellungnahmen anderer befasster Organe erst Stunden vor der Beschlussfassung vorgelegt wurden und dass das Protokoll der Anhörung bis heute nicht verfügbar ist. Solche extrem kurzen Fristen der Beschlussfassung sind nicht hinnehmbar.
(Beifall bei der AfD)
Dem Parlament muss ausreichend Zeit gegeben werden, die Ergebnisse der Anhörungen und der Stellungnahmen zu berücksichtigen. Es entsteht der Eindruck, dass das Gesetz in Kenntnis seiner Mängel sofort durchgepeitscht werden soll; als Begründung wird das Auslaufen einer Verjährungsfrist betreffend ein einzelnes großes Unternehmen genannt. Aus Kreisen der Linken in meinem Bundesland habe ich gehört, man wolle nun dem VW-Konzern den Garaus machen, so wörtlich. Nach meiner Kenntnis hat die CDU in einem der ostdeutschen Landtage kürzlich erfolgreich geklagt, weil auch dort in einer wichtigen Frage eine Beschlussfassung herbeigeführt wurde, obwohl das Protokoll einer vorausgegangenen Anhörung nicht vorlag. Wir behalten uns vor, in der Frage der durchgepeitschten Beschlussfassung über die Musterfeststellungsklage in gleicher Weise zu verfahren.
(Beifall bei der AfD – Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Auch die eigenen Anträge früher vorzulegen!)
Eine Beschlussfassung kann frühestens in einigen Wochen erfolgen, vorzugsweise nach der Sommerpause.
Die Position der AfD zur Musterfeststellungsklage im Prinzip ist, wie gesagt, grundsätzlich positiv. Wir bestehen aber auf einer Reihe von Korrekturen, die ich hier kurz zitieren darf, auch in Anlehnung an die Ergebnisse der Anhörung von Montag dieser Woche.
Erstens. Die Anmeldeverfahren müssen vereinfacht werden. Eine juristisch unzulängliche Formulierung der Streitsache durch den klagenden Bürger darf nicht zum Ausschluss aus dem Verfahren führen.
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Wir haben sie doch vereinfacht!)
Es erscheint uns auch nicht erforderlich, dass die Sachstandsbeschreibungen jedes einzelnen Teilnehmers in das Verfahren eingebracht werden. Die Identitätsfeststellung des klagenden Bürgers sollte, wie von den Verbraucherverbänden vorgeschlagen, ausreichen; die individuellen Sachstandsbeschreibungen aber sollten beim klagenden Verband verbleiben.
Zweitens. Die Mindestzahl der in einem Verfahren zusammengefassten Klagen sollte nicht 50, sondern höchstens 20 betragen. Je größer die geforderte Mindestanzahl von Teilnehmern, desto stärker dürfte die Sachlage in den einzelnen Fällen differieren und desto eher wird den Beklagten die Möglichkeit gegeben – wegen dieser Unterschiedlichkeit –, die Anwendbarkeit des Feststellungsbeschlusses zu bestreiten.
Drittens. Auch kleine und mittlere Unternehmen sollten klagebefugt sein. Der Verbraucherbegriff im Gesetz sollte daher an den der ZPO angeglichen werden.
Viertens. Die Zahl der Feststellungsbefunde sollte im Verfahren begrenzt werden, um die Folgeverfahren zu erleichtern. Ein Zwang etwa zur Abarbeitung aller Prospektaussagen sollte nicht bestehen, um einen Abschluss der Verfahren in angemessener Zeit zu ermöglichen.
Fünftens. Das Hauptproblem – das ist der Kern der Sache – ist das Fehlen eines konkreten Anspruchs am Ende des Verfahrens. Dafür muss eine Lösung gefunden werden, zum Beispiel die Abtretung von Ansprüchen an klagende Vereine.
Sechstens. Es muss sichergestellt sein, dass bei der Durchführung der Kollektivklage die Gesamtdauer des Verfahrens einschließlich des Folgeverfahrens nicht wesentlich länger ist als bei Individualklagen.
Wir gehen nun davon aus, dass der Gesetzentwurf aufgrund der besagten Mängel noch nicht ausgereift ist und daher vom Hohen Haus heute abgelehnt werden wird. In diesem Falle werden wir unmittelbar danach einen sorgfältig ausgearbeiteten eigenen Entwurf zur Musterfeststellungsklage vorlegen, der zwar auf dem Entwurf des Bundesministeriums beruht, aber die erwähnten Mängel abstellt.
Danke sehr.
(Beifall bei der AfD)
Jetzt hat das Wort die Kollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7245620 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Zivilprozessuale Musterfeststellungsklage |