14.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 39 / Zusatzpunkt 3

Alexander Graf LambsdorffFDP - Handelsabkommen mit Kanada und Japan

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Danke. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns hier, glaube ich, alle einig, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. Das hat mit dem Verhalten der Vereinigten Staaten von Amerika zu tun: der Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen, der Abschied von dem Rüstungskontrollabkommen mit dem Iran, der Rückzug aus der UNESCO, der Rückzug aus der transpazifischen Partnerschaft.

In dieser Situation wende ich mich jetzt an die Kollegen von der CDU/CSU. Es war nämlich richtig, was die Bundeskanzlerin im Bierzelt von Trudering gesagt hat: Europa muss sein Schicksal jetzt ein Stück weit in die eigenen Hände nehmen – heute haben Sie die Chance dazu! Sie können es heute tun, indem wir von hier aus ein starkes Signal setzen für einen regelbasierten Welthandel, für Solidarität mit Kanada und für eine verlässliche und starke Europäische Union als Partner weltweit.

(Beifall bei der FDP)

Ich weiß, dass das manchen hier im Haus schwerfällt. Linke, Grüne, Attac, Verdi haben Kanada ja im Zuge der CETA-Debatte zu einer Bedrohung unserer europäischen Zivilisation verzerrt: ein Land mit 30 Millionen Einwohnern, da spricht man auch Französisch, der Staat zahlt die Medikamente, es gibt eine sozialliberale Regierung mit einem wunderbaren Premierminister, man nimmt großzügig Flüchtlinge auf, die bei Donald Trump vor verschlossenen Türen stehen. Kanada ist eine Bedrohung für unsere Zivilisation? Ein solcher Unsinn! Kommen Sie von dieser Palme runter, liebe Grüne!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir als Freie Demokraten schlagen sogar noch mehr vor als CETA: Warum beteiligen wir Kanada nicht auch an Erasmus+? Warum beteiligen wir Kanada nicht an Forschungsprogrammen der Europäischen Union? Warum etablieren wir nicht eine völlig neue, viel engere Partnerschaft mit Kanada als in der Vergangenheit? Kanada ist einer unserer besten und ältesten Freunde. Wir können sogar noch mehr machen, als nur CETA zu ratifizieren.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch die Anträge der Linkspartei und der Grünen angucken: Da geht es nicht nur gegen Kanada, jetzt geht es sogar noch gegen Japan.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht nicht gegen irgendjemand, Herr Lambsdorff!)

Japan war auch beim G‑7-Gipfel dabei. Japan ist auch von den Strafzöllen der Amerikaner betroffen. Was für ein Signal senden wir von der Bundesrepublik Deutschland denn aus, wenn wir uns einerseits gegen Kanada und andererseits gegen Japan positionieren? Hier muss ich den Grünen noch etwas sagen: Die Linken sind wenigstens konsequent und ehrlich. Sie sagen Nein zu JEFTA.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

– Jawohl: konsequent und ehrlich. Falsch, aber konsequent.

(Heiterkeit bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Konsequent falsch!)

Die Grünen dagegen machen einen verschwurbelten Antrag über angebliche Verzögerungen, das ist eine verwinkelte Ablehnung, ein wirklich unangenehmer Ansatz.

(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee, nee, nee!)

Denn auch Japan zählt darauf, dass von Deutschland ein starkes Signal für offenen Welthandel ausgeht. Deswegen: Unterschreiben wir bitte das Abkommen mit Japan so schnell wie möglich.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, Sie stimmen ja heute nicht deswegen gegen den Gesetzentwurf der Fraktion der Freien Demokraten, in dem wir die innerstaatliche Ratifizierung von CETA vorschlagen, weil es in Karlsruhe irgendwie ein Problem gibt. Da gibt es nämlich gar kein Problem. Worüber in Karlsruhe zurzeit verhandelt wird, ist ausschließlich die vorläufige Anwendung. Diese läuft ja schon. Worüber Karlsruhe noch verhandeln möchte – übrigens auf Antrag der Linksfraktion –, ist die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu CETA als solches.

Dazu hat Karlsruhe gesagt, die Entscheidung in der Hauptsache könne noch nicht getroffen werden, weil es noch an einer hinreichend konkretisierten gesetzlichen Grundlage fehle, die man im Bundesverfassungsgericht prüfen könne. Meine Damen und Herren, genau das legen die Freien Demokraten heute vor: Wir legen genau diese hinreichend konkretisierte gesetzliche Grundlage vor, die kann Karlsruhe dann prüfen. Alle Argumente, was das Bundesverfassungsgericht angeht, lieber Herr Lämmel, sind vorgeschoben.

(Beifall bei der FDP)

Sie stimmen nur deswegen nicht zu, weil der Antrag von den Freien Demokraten aus der Opposition kommt.

Ich sage Ihnen eins: In diesen Zeiten wollen die Bürgerinnen und Bürger draußen keine Berliner Spielereien aus dem Regierungsviertel: Man hat einen richtigen Gesetzentwurf, aber er kommt leider von der falschen Fraktion. Die Menschen wollen richtige Entscheidungen des Deutschen Bundestages.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen, meine Damen und Herren: Stimmen Sie gegen den Handelskrieg! Stimmen Sie für freien und fairen Handel! Senden wir ein Signal der Verlässlichkeit der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union! Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich mitteilen, dass die Fraktion der CDU/CSU beantragt hat, nach der Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt die Sitzung des Deutschen Bundestages zu unterbrechen, zur Durchführung einer Fraktionssitzung. Die Unterbrechung soll dauern bis 13.30 Uhr.

Jetzt hat als nächster Redner der Kollege Klaus Ernst, Fraktion Die Linke, das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7245641
Wahlperiode 19
Sitzung 39
Tagesordnungspunkt Handelsabkommen mit Kanada und Japan
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