14.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 39 / Zusatzpunkt 7

Amira Mohamed AliDIE LINKE - Aberkennung der Gemeinnützigkeit bei Straftaten

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Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die FDP will, dass Vereinen die Gemeinnützigkeit entzogen wird, wenn deren Repräsentanten gegen Strafgesetze verstoßen oder zum Rechtsbruch aufrufen. Das betrifft alle Vereine, vom Fußballverein bis zum Tierschutzverein.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Angelverein!)

Der Verlust der Gemeinnützigkeit hat zur Folge, dass der jeweilige Verein seine Steuerbegünstigung verliert. Für viele bedeutet das den finanziellen Ruin.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Weil der Geschäftszweck darauf ausgerichtet ist! Nur dann können die existieren!)

In ihrer Begründung bezieht sich die FDP dann ausschließlich auf die Tierrechtsorganisation PETA, die wohl bekannteste der Welt. Denn darum geht es ihnen wirklich: Sie wollen den Tierschutzorganisationen das Wasser abgraben. Sie betreiben Klientelpolitik für die Intensivtierhalter und nehmen dafür sogar in Kauf, die gesamte Vereinslandschaft in Deutschland zu gefährden. Unglaublich!

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke stellt sich Ihnen hier entschieden entgegen.

In Ihrem Antrag behaupten Sie, es gebe eine heftige öffentliche Debatte darüber, ob PETA die Gemeinnützigkeit entzogen werden soll. Also, ich kann diese Debatte, ehrlich gesagt, nicht erkennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich weiß aber wohl, dass die Landwirtschaftsministerin Frau Otte-Kinast in Niedersachsen, wo ich lebe, jüngst vergeblich versucht hat, eine solche Debatte zu entfachen. Das geschah im Zusammenhang mit den schockierenden Bildern, die heimlich von Aktivisten in Tierställen aufgenommen wurden und auf denen unerträgliches Tierleid zu sehen ist. Frau Otte-Kinast hat als Reaktion darauf gefordert, die Gemeinnützigkeit von Tierschutz­organisationen prüfen zu lassen; das war die Reaktion darauf. Anstatt gegen die Missstände in den Ställen vorzugehen, will sie gegen die Tierschützer vorgehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte klarstellen: Die Linke lehnt Straftaten ab.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Stephan Thomae [FDP]: Geben Sie uns das schriftlich?)

– Beruhigen Sie sich mal wieder, Kollegen.

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

– Kollegen, ich setze meine Rede jetzt fort. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Es gab allerdings jüngst mehrere Gerichtsurteile, nach denen Tierschützer, die in Ställe eingebrochen sind, um dort Missstände zu dokumentieren, nicht wegen Hausfriedensbruchs verurteilt worden sind.

(Zuruf von der FDP: Gott sei Dank!)

Die Gerichte haben eine Notstandssituation festgestellt, die das Eindringen in die Tierställe rechtfertigt;

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: In einem einzigen Fall! Wissen Sie, wie viele Straftaten diese Nacht passieren?)

denn die Behörden sind trotz Aufforderung der Tierschützer nicht aktiv geworden. Sie forderten handfeste Beweise. Die Tierschützer haben in diesem konkreten Fall also keine andere Wahl, und der Tierschutz ist nach Artikel 20a unseres Grundgesetzes ein Staatsziel.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Florian Toncar [FDP]: Aber ihr wollt ja auch Hausbesetzungen!)

Die Linke fordert: Es muss sichergestellt werden, dass gegen das Tierschutzgesetz nicht verstoßen wird. Die Behörden müssen mit den notwendigen Befugnissen und Mitteln ausgestattet werden, um regelmäßige und ausreichende Kontrollen durchzuführen. Es ist doch alarmierend, dass unsere Gerichte einen Tierrechtsnotstand erkennen. Den müssen wir beseitigen, und wir dürfen nicht die Tierschutzorganisationen entrechten und Tierschützer pauschal kriminalisieren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber genau das tun Sie mit Ihrem Antrag. Sie nennen den Leiter der Rechtsabteilung von PETA, Dr. Haferbeck, namentlich. Sie behaupten, er habe dazu aufgerufen, in Ställe einzubrechen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ja, im Herbst 2017 in der Universität in Göttingen!)

Als Quelle geben Sie eine Internetseite an, auf der das steht. Ich habe Dr. Haferbeck heute dazu angerufen, und er hat mir gesagt, dass er das nie gesagt hat

(Lachen des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP] – Zuruf von der CDU/CSU: Wäre auch ein Problem für ihn!)

und die PETA habe auch nie zur Begehung von Straftaten aufgerufen. Sie behaupten hier einfach etwas, erklären es zur Wahrheit. Das ist indiskutabel und unseriös.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte klarstellen: Sollte ein Verein nach seiner Satzung oder seinem Rechenschaftsbericht zu Straftaten aufrufen, dann wird ihm natürlich die Gemeinnützigkeit aberkannt. Das ist bereits jetzt so. Aber was Sie möchten, ist, dass die Vereine für ihre Mitglieder in Mithaft genommen werden. Kolleginnen und Kollegen von der FDP, haben Sie sich mal gefragt, was das eigentlich für unsere Fußballvereine bedeuten würde? Die Fans zünden Bengalos. Es kommt manchmal auch zu Körperverletzungen in der Fankurve. Soll dann dem ganzen Verein die Gemeinnützigkeit entzogen werden?

(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt ist dünnes Eis!)

Das ist doch absurd.

(Beifall bei der LINKEN)

Stellen Sie sich das einmal vor!

Konzentrieren wir uns auf die Beseitigung der Missstände! Achten und schätzen wir die Arbeit der vielen ehrenamtlich engagierten Menschen in unseren Vereinen, anstatt ihre Existenz zu bedrohen durch solche infamen Forderungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächste spricht zu uns die Kollegin Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7245869
Wahlperiode 19
Sitzung 39
Tagesordnungspunkt Aberkennung der Gemeinnützigkeit bei Straftaten
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