15.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 40 / Tagesordnungspunkt 18

Benjamin StrasserFDP - Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Frage, über die wir heute zu entscheiden haben, ist keine leichte, weil es in der Tat nicht nur um Zahlen geht, Herr Mayer, sondern auch um Menschen. Als Abgeordnete haben wir die Aufgabe, den richtigen Spagat zwischen Machbarkeit und Menschlichkeit zu finden. Keinen von uns, der die Schicksale gehört hat, die auch im Innenausschuss vorgetragen wurden, lässt das kalt. Ich sage Ihnen aber auch: Ich bin Gemeinderat in meiner Heimatgemeinde Berg in Oberschwaben mit 4 500 Einwohnern, und ich weiß, was es heißt, 150 geflüchtete Menschen unterzubringen. Wir können die große Hilfsbereitschaft, die es bei den Menschen gibt, auf Dauer nicht überfordern. Da helfen uns weder ein „Wir schaffen das“ von Frau Merkel noch diese Parolen, die Frau von Storch hier vorgetragen hat.

(Beifall bei der FDP)

Herr Mayer, ganz im Gegenteil: Die Lex CSU, die wir heute hier beschließen, dieses Wahlkampfgeschenk der Großen Koalition, knüpft doch nicht ernsthaft am Schicksal der Menschen an. Sie hantieren hier mit Zahlen. Sagen Sie doch mal zu dem 1 001. – oder dem 12 001., wenn Sie sagen, es werde aufs ganze Jahr gerechnet –, der nach Ihrem Gesetzentwurf den gleichen Anspruch hat, warum seine Familie nicht nachziehen kann. Das zeigt doch schon, wie abstrus Ihr Gesetzentwurf ist. Das haben im Übrigen auch die Sachverständigen in der Anhörung – selbst die, die Sie benannt haben – so bestätigt.

(Beifall bei der FDP)

Am 1. August droht Chaos in den Behörden. Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, dass der Gesetzentwurf der Freien Demokraten vom Städtetag bis hin zur Leiterin des Willkommenszentrums Berlin – rot-rot-grüner Senat – positiv beschieden wurde. Wir sagen nämlich: Machbarkeit heißt, weitere Aussetzung des Familiennachzugs um zwei Jahre, aber Menschlichkeit heißt genauso, nicht nach Zahlen zu entscheiden, sondern nach klaren Kriterien, die wir hier im Parlament als Härtefall festlegen.

(Beifall bei der FDP – Manuel Höferlin [FDP]: An der Sache orientiert!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen – jetzt komme ich zum Entschließungsantrag meiner Fraktion –, uns ist klar, dass diese Aussetzung des Familiennachzugs keine Dauerlösung sein kann, sondern dass die Migrationsfrage nur gemeinsam in Europa gelöst werden kann, Frau Högl. Aber wo sind denn die Initiativen Ihrer Bundesregierung?

Wenn wir nach Europa schauen, dann stellen wir fest, dass es da hakt; da gibt es keine Bewegung. Wir müssen doch ehrlich sein und sagen: Wenden wir die Regeln von Dublin III an! Das Ziel der Freien Demokraten ist, schnellstmöglich ein Nachfolgeabkommen für Dublin zu bekommen. Unser Ziel ist der dauerhafte Erhalt offener Binnengrenzen.

(Marianne Schieder [SPD]: Ihr Ziel war nicht einmal, regieren zu wollen!)

Schengen – das ist tagtäglich ein Freiheitsgewinn. Und wir wollen die Außengrenzen schützen und Frontex stärken.

(Beifall bei der FDP – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das auch wollen, dann müssen wir jetzt auch sagen, dass die Bundespolizei die Regeln von Dublin III anwenden und stichprobenartig die Personen zurückweisen darf, die in der Europäischen Union schon einen Asylantrag gestellt haben.

(Beifall bei der FDP – Zurufe der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein Letztes, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ein Mitglied dieses Hohen Hauses bezeichnete Horst Seehofers Masterplan am Montag auf Twitter als „Desasterplan“. Herr Lischka, recht haben Sie. Nur, das Schlimme ist, dass die SPD heute einem weiteren Desaster zustimmen wird.

Liebe Kollegen der CDU, ja, was soll man nach dem gestrigen Tag eigentlich noch sagen? Ein Hauch von Kreuth 1976 ist über die Fraktionsebene geweht. Doch wir alle kennen das Ende von Kreuth:

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Waren Sie auch dabei?)

Die CSU wird wieder kneifen. Wenn Sie, liebe Kollegen der CDU, heute diesem CSU-Gesetzentwurf zustimmen, dann beweisen Sie leider einmal mehr, dass Ihnen Machterhalt vor politischer Problemlösung geht. Das sehen wir Freie Demokraten explizit anders.

(Beifall bei der FDP)

Ich komme zum Schluss. Liebe CDU, liebe SPD, jetzt ist es eigentlich an der Zeit, einen Zwergenaufstand gegen die CSU zu proben und gegen dieses Desaster zu stimmen. Oder frei nach dem großen Sozialdemokraten Kevin Kühnert: „Heute einmal ein Zwerg sein, um künftig wieder Riesen sein zu können.“ – Stimmen Sie unserem guten Gesetzentwurf und unserem Entschließungsantrag zu.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat für die Fraktion Die Linke die Kollegin Akbulut.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7245958
Wahlperiode 19
Sitzung 40
Tagesordnungspunkt Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten
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