15.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 40 / Tagesordnungspunkt 20

Thomas SattelbergerFDP - Agentur für radikale Innovation

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits im März habe ich Ministerin Karliczek hier aufgefordert, Deutschlands Innovationsschwäche anzugehen. Das ist überfällig. Ein Beispiel: Geoffrey Hinton, Godfather der künstlichen Intelligenz, hat Ende 2012 bahnbrechende Forschungsergebnisse vorgestellt – der Durchbruch des Deep Learning. Das BMBF und seine Berater haben damals geschlafen. Der richtige Riecher fehlte, die Sensorik für den Gezeitenwechsel. Anders die USA: Vier Monate später, im März 2013, hat ihre Innovationsagentur DARPA ein mehrjähriges Programm für Machine Learning aufgelegt. Die DARPA – ein heißer Brutkasten der Innovation, gegründet nach dem Sputnikschock. Dieser Game Changer stellt in seinen millionenschweren Wettbewerben schier unlösbare Aufgaben. So entstehen radikale Innovationen und sprunginnovative Prototypen: autonomes Fahren, Spracherkennung, Navigationssystem GPS. DARPA in den USA seit 1958, die Schweizer Innosuisse seit 1943, die schwedische Innovationsagentur Vinnova immerhin seit 17 Jahren – solche Brutkästen für Innovation brauchen wir auch in diesem Land.

(Beifall bei der FDP)

Das glaubt ja leider nicht jeder. Kollege Stephan Albani hat am 22. März hier im Plenum mit christdemokratischer Weitsicht behauptet – ich zitiere –:

Zu … dem Verliebtsein in große Sprünge möchte ich … sagen: Viele Schritte ergeben auch einen Sprung …

Herr Albani, das haben Nokia und Blackberry auch gedacht, als das iPhone mit seinem Touchscreen kam. Erst ungläubig und dann zu langsam.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nach LED und MP3 hat Deutschland keine Sprunginnovation mehr hervorgebracht. Leibniz, Max Planck, Fraunhofer und ­Helmholtz – über die Jahrzehnte haben wir fette Katzen der evolutionären Innovation gezüchtet.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Werner von Siemens, Robert Bosch, Bertha Benz – sie würden sich im Grabe umdrehen.

Und Angela Merkel? Sie beichtete vor wenigen Tagen bei „Anne Will“, dass Amerika bei Innovationen vorne liegt und Deutschland weit zurück. Hat die Bundeskanzlerin jemals so eine visionäre Rede gehalten wie John F. Kennedy, der 1962 sagte: „We choose to go to the moon“? Radikale Innovation lebt von den Köpfen, Herzen und Händen, von Feuer und Disziplin, von der Spitzenqualität derer, die das Wagnis packen wollen. Wir brauchen eine deutsche DARPA, die erstens radikale Lösungen herauskitzelt, die zweitens sämtliche Akteure anspornt und die drittens bis in Europa hinein wachstumsfähig ist, aber bitte nicht nur gemeinsam mit Frankreich, sondern zum Beispiel auch mit dem innovationsstarken Schweden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das Allerwichtigste aber ist: Das BMBF darf diese Agentur nicht verwalten.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Diese Agentur muss leben von unabhängigen Aufsichtsräten, richtungsweisenden Innovatoren, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit kühnen Ideen und wagemutigen Unternehmern. Diese Agentur braucht die 50 besten Projektmanager, die wir weltweit gewinnen können. Das funktioniert aber nicht mit BAT und Stechuhr.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Diese Agentur braucht einen starken Rücken. Sie darf nicht das Beutestück des Bundesrechnungshofes werden. Diese Agentur braucht an ihrer Spitze schlussendlich einen brillanten Kopf.

Meine Damen und Herren, der Bundestag diskutiert hochemotional über Sozialtransfer, über Rente und über Einwanderung.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ist das Ihre Bewerbungsrede?)

Wir brauchen viel mehr leidenschaftliche Debatten über die Innovationsnation Deutschland, und zwar ab heute.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Uhr tickt!

Es stimmt, dass die Uhr tickt.

(Heiterkeit)

Lassen Sie uns nicht länger kleckern! Lassen Sie uns klotzen!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Vielen Dank, Thomas Sattelberger, auch für die Emotionen. – Nächster Redner – ich begrüße ihn ganz besonders –: Andreas Steier für die CDU/CSU-Fraktion, der heute seine erste Rede im Deutschen Bundestag hält.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7245989
Wahlperiode 19
Sitzung 40
Tagesordnungspunkt Agentur für radikale Innovation
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