Marco BuschmannFDP - Aktuelle Stunde zum sog. Masterplan - Flüchtlings- und Integrationspolitik
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verlauf dieser Sitzungswoche hat gezeigt, wie akut diese Aktuelle Stunde in Wahrheit ist. Wir haben sie am Montag beantragt – da war das Bild dieser Bundesregierung schon chaotisch –,
(Zuruf von der CDU/CSU: Ach was!)
und für die Lage heute, einige Tage später, fehlen einem im Deutschen eigentlich die richtigen Worte; denn das Wort „Chaos“ kennt im Deutschen keine Steigerungsform.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch! „CSU“ ist die Steigerungsform!)
Es ist doch so: Seit dem Herbst 2015 bestimmt das Thema „Flucht, Migration und Asyl“ die deutsche Politik. Es zieht alle Aufmerksamkeit, alle Kraftanstrengungen dieser Großen Koalition auf sich. Da hat doch die Bevölkerung Anspruch auf eines: dass sie endlich einmal hört, was der Plan ist, um das Thema endlich in den Griff zu bekommen.
(Beifall bei der FDP)
Jedoch hören wir seit 2015, 2016, 2017 und 2018 immer weitere Formelkompromisse statt eines klaren Konzepts.
Dann plötzlich kommt die große Ankündigung. Da wird der Eindruck erweckt: Jetzt kommt der große Wurf. Endlich hat man einen Plan gefunden. Es ist sogar ein Masterplan.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)
Und dann bekommen wir ganz beiläufig in einem Fernsehinterview mit, dass dieser Masterplan offenkundig noch nicht mal mit der Regierungschefin abgestimmt ist. Dann lesen wir in den Zeitungen, drei Tage nachdem dieser Plan eigentlich schon der Öffentlichkeit präsentiert worden sein sollte, dass dieser Plan dem Fraktionsvorsitzenden der Mehrheitspartei noch gänzlich unbekannt ist.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Das ist das schwächste Regierungsmanagement, das dieses Haus je gesehen hat.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Man kann es den Bürgern nicht verübeln, dass sie sich an den Kopf fassen: Das sorgt für Frust und Enttäuschung in der Bevölkerung. – Eine Regierung, die nicht in der Lage ist, zu diesem Topthema einen klaren Plan vorzulegen, darf sich nicht wundern, dass die Menschen immer verärgerter reagieren.
Die Antwort, die das Grundgesetz auf eine solche Lage gibt, ist doch eindeutig. Da kann sich auch die SPD nicht aus der Verantwortung stehlen; denn die Bundesregierung entscheidet als Kollegialorgan. Artikel 65 des Grundgesetzes ist klar: Über Meinungsverschiedenheiten wird im Kabinett entschieden, entweder durch Beschluss oder durch Richtlinienkompetenz. Ich fordere die Regierung auf, endlich die Streitfragen zu lösen, entweder durch Beschluss oder durch Richtlinienkompetenz.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)
Denn das Bild, das Sie abgeben, wirft ja nicht nur ein schlechtes Licht auf Sie – das könnte uns herzlich egal sein –, es wirft mittlerweile ein schlechtes Licht auf die Fähigkeit demokratischer Institutionen insgesamt. Die Bevölkerung verliert doch die Geduld und zunehmend das Vertrauen, dass wir hier in der Lage sind, Lösungen für die Probleme der Zeit zu finden. Gerade bei diesem Thema hat sich die Sprengkraft in Europa doch schon gezeigt: Mit dem Vereinigten Königreich ist ein ganzer Mitgliedstaat durch die falsche Behandlung dieses Themas aus der EU rausgesprengt worden.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Deshalb müssen Sie sich des Themas doch endlich vernünftig annehmen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Es müsste doch ohne Weiteres möglich sein, sich auf wenigstens eine Handvoll Punkte zu einigen. Wir sind ja hier konstruktiv unterwegs und machen Ihnen Vorschläge. Sorgen Sie endlich dafür, dass man Kriminielle und Gefährder schneller abschieben kann! Es ist doch unerträglich, dass der NRW-Integrationsminister Joachim Stamp den Leibwächter von Osama Bin Laden nicht abschieben kann, weil es an rechtlichen Grundlagen und tatsächlichen Gegebenheiten mangelt. Man braucht Rückführungsabkommen. Man braucht Passersatzpapiere. Die Bundespolizei sollte den Ländern helfen. Das wäre jetzt das Gebot der Stunde; denn natürlich wollen wir Menschen in Not helfen, aber wir wollen nicht der Rückzugsort für die Gefährder der ganzen Welt werden.
(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Oh! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zu lange neben der AfD gesessen, oder was?)
Sorgen Sie dafür, dass wir endlich eine Regelung für Altfälle bekommen. Wir haben heute die Situation, dass wir gut ausgebildeten Migranten, Leuten, die gesetzestreu sind und ihr Geld hier verdienen können, zum Teil keine vernünftigen Aufenthaltstitel beschaffen können. Dann kommen wir sogar dazu, dass wir die teilweise abschieben müssen. Was für ein Irrsinn gegen unsere volkswirtschaftlichen Eigeninteressen! Sorgen Sie dafür, dass wir den Leuten bei den Altfällen schneller Aufenthaltstitel beschaffen können!
(Beifall bei der FDP)
Sorgen Sie dafür, dass die Löcher in der Balkanroute gestopft werden!
Sorgen Sie dafür, dass wir endlich ein vernünftiges Dublin-Abkommen erhalten, das nicht dazu führt, dass einige wenige die Gesamtlast schultern müssen!
Und schließlich: Sorgen Sie dafür, dass wir schnell eine vernünftige, ertüchtigte und gut ausgestattete Grenzschutzagentur Frontex bekommen!
Bis zu diesem Zeitpunkt – denn das wird nicht über Nacht geschehen – wird es auch möglich sein müssen, stichprobenartig an Grenzen Kontrollen durchzuführen. Dass diese Bundesregierung sich dazu nicht durchringen kann, zeigt, dass ihr Koalitionsvertrag nicht nur auf Sand gebaut ist, sondern dass er auf Treibsand steht.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Herzlichen Dank. – Als nächster Redner für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Dr. Mathias Middelberg.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7246027 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 40 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum sog. Masterplan - Flüchtlings- und Integrationspolitik |