Jürgen HardtCDU/CSU - Regierungserklärung: Europäischer Rat und NATO-Gipfel
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Regierungserklärung bezog sich auf den bevorstehenden EU-Gipfel, aber eben auch auf den bevorstehenden NATO-Gipfel. Ohne das Thema EU-Gipfel und die dort zu treffenden wichtigen Entscheidungen kleinreden zu wollen, glaube ich doch, dass von einem erfolgreichen NATO-Gipfel in Brüssel im Juli dieses Jahres mindestens ebenso viel für unser Wohlergehen und unsere Sicherheit in der Zukunft abhängt wie von den vielen anderen Fragen auf dem EU-Gipfel.
Unsere Zeit ist eben leider dadurch gekennzeichnet, dass wir viele große Probleme vor der Brust haben, die frühere Parlamente möglicherweise in ganzen Legislaturperioden so nicht zu bewältigen hatten. Insofern glaube ich, dass wir auch dem NATO-Gipfel unsere Aufmerksamkeit schenken müssen.
Erstes Thema. Für Deutschland geht es auf dem NATO-Gipfel meines Erachtens zuallererst darum, dass wir betonen, welch wichtigen Beitrag wir als deutsche Bundeswehr, als Bundesrepublik Deutschland zu den NATO-Aktivitäten leisten. Deutschland hat im Rahmen des Reassurance-Konzeptes der NATO ganz konkret die Führung in dem NATO-Bataillon in Litauen übernommen. Deutschland beteiligt sich an der Mission Air Policing Baltikum in Estland. Deutschland wird mit Ulm als Standort eine der beiden neu zu schaffenden NATO-Kommandozentralen mit aufbauen und beherbergen. Natürlich ist Deutschland bei den unter NATO-Beteiligung stattfindenden internationalen Einsätzen mittlerweile die Nummer zwei als Truppensteller. Ich finde, bei allen Diskussionen, die wir führen, sollten wir anerkennen, dass Deutschland in der NATO einer der verlässlichsten und starken Partner ist und dass dies selbstverständlich heute und in Zukunft so bleiben wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweites Thema. Der NATO-Gipfel wird über die Zukunft der Unterstützung für den Irak beraten. Es gibt Überlegungen, dass die Ausbildungsmission im Irak unter NATO-Federführung stattfinden wird. Ich glaube, dass wir hier im Deutschen Bundestag nach diesem Gipfel mit Blick auf die Entscheidungen, die hier im Hause im Oktober dieses Jahres über die Mandate anstehen, sehr gut beraten sind, diese sehr wohlwollend und sorgfältig zu prüfen, ob nicht gerade wir als Deutsche in diesen NATO-Einsatz im Irak, ein aus unserer Sicht strategisch wichtiges Land und ein Land, in dem wir in den letzten Jahren über unsere Ausbildungsmission Hervorragendes geleistet haben, hineingehören.
Ich weiß, dass das nicht unumstritten ist. Aber ich glaube, dass es eine wichtige Botschaft der deutschen Regierung auf dem NATO-Gipfel sein wird, dass wir das kurzfristig und sorgfältig prüfen und bereit sind, auch da unsere Verantwortung zu übernehmen.
Das dritte zentrale Thema wird natürlich die Frage der Lastenteilung sein. Die Bundeskanzlerin hat hier mit Blick auf ein bestimmtes Jahr eine konkrete Zahl genannt, was die Verteidigungsausgaben angeht. Die Verteidigungsausgaben der Bundesrepublik Deutschland steigen schneller als die Ausgaben des Haushaltes insgesamt. Sie steigen auch schneller als das Bruttosozialprodukt. Somit besteht aus meiner Sicht angesichts der Zahlen für 2018/19 nicht die Gefahr, dass wir in der sogenannten NATO-Quote absinken.
Ich glaube aber, dass unsere Partner zu Recht von uns erwarten dürfen, dass wir uns zielstrebig auf die Quote von 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zubewegen. Ich halte die Festlegung auf eine Quote von 1,5 Prozent Mitte des nächsten Jahrzehnts angesichts der Beschaffungsprojekte, die dahinterstehen, wenn man dieses Geld entsprechend einsetzt, für realistisch. Wir sollten die 2‑Prozent-Quote nicht aus den Augen verlieren; es sei denn, die Welt verändert sich in den nächsten zehn Jahren so, dass die NATO insgesamt zu einer anderen Einschätzung kommt. Ich betone, dass für mich das 2‑Prozent-Ziel von Wales von 2014 selbstverständlich auch für die deutschen Verteidigungsausgaben das perspektivische Ziel bleibt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Viertens und letztens. Ich möchte etwas ansprechen, was mich im Zusammenhang mit der NATO derzeit sehr bewegt. Die NATO ist eine Gemeinschaft, die antritt, gemeinsame Werte wie Freiheit und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen. Deswegen muss sich das im Verhalten der einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber anderen und im Verhalten der Mitgliedstaaten untereinander widerspiegeln. Es muss im NATO-Rahmen diskutiert werden – das muss man vielleicht nicht öffentlich machen –, dass sich die Türkei mit ihrer Unterdrückung der Pressefreiheit und mit ihrem, wie ich finde, zu ausgedehnten Engagement auf dem Boden Syriens im Süden der Türkei unter einen gewissen Rechtfertigungsdruck setzt, auch gegenüber den Partnern in der NATO; denn wir können deren Werte nur dann glaubhaft verteidigen, wenn wir in unseren Reihen selbst für diese Werte stehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dazu gehört auch – mein letzter Satz –, dass wir es nicht hinnehmen können, dass ein amerikanischer Präsident Sanktionen oder Strafzölle gegen europäische NATO-Partner damit begründet, Stahl oder Aluminium aus Europa seien eine Gefährdung der amerikanischen Sicherheit. Europa trägt zur Sicherheit Amerikas bei, genauso wie Amerika zur Sicherheit Europas beiträgt, und in der Handelsauseinandersetzung dieses Argument zu bemühen, ist schlicht unakzeptabel.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt erteile ich der Kollegin Dr. Frauke Petry das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7249182 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung: Europäischer Rat und NATO-Gipfel |