28.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 42 / Tagesordnungspunkt 5

Daniela KolbeSPD - Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gestehe es gern ein: Ich persönlich mag Enquete-Kommissionen.

(Heiterkeit der Abg. Sören Bartol [SPD] und Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das sind Orte von intensiver Debatte. Sie sind erkenntnisorientiert und wissenschaftsbasiert. Sie arbeiten auf einen gesellschaftlichen Konsens hin, und dort wird versucht, fraktionsübergreifend zusammenzuarbeiten. Kurz gesagt: Sie haben so viel von dem, was ich in der aktuellen Politik häufig vermisse.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Insofern freue ich mich, dass wir eine Enquete-Kommission einsetzen.

Künstliche Intelligenz ist ein super geeignetes Thema für eine Enquete-Kommission; denn wir spüren ja schon heute: Künstliche Intelligenz drückt unserem Leben und besonders unserer Arbeitswelt zunehmend ihren Stempel auf – auch in höher qualifizierten Berufen, in der Versicherungsbranche, in den Personalabteilungen, bei Ärzten, bei Anwälten usw. Ich bin mir sicher, dass das Leben meiner fast dreijährigen Tochter massiv von künstlicher Intelligenz bestimmt sein wird – ob zum Guten oder Schlechten, liegt auch in unserer Hand. Womöglich bestimmt künstliche Intelligenz darüber, wie wir alle im Alter, wenn wir einmal pflegebedürftig sind, leben. Es geht hierbei also um richtig viel.

Es gibt viele positive und negative Visionen zum Thema „Künstliche Intelligenz“. Es muss darum gehen, dass wir gemeinsam die Weichen so stellen, dass wir die Chancen für möglichst viele Menschen, für unsere Gesellschaft und für unsere Wirtschaft heben.

(Beifall bei der SPD – Martin Hebner [AfD]: Sie stellen keine Weichen! Das ist Beschäftigungstherapie!)

Viele Menschen können von der Technik bzw. Technologie profitieren – etwa durch bessere Krankenversorgung –, wenn sie gut gemacht und gut reguliert ist. Wir können dafür sorgen, dass es in Zukunft weniger Diskriminierung gibt, wenn wir die Algorithmen von vornherein ordentlich regulieren. Wir können für sicherere Mobilität sorgen, wenn wir als Bundestag vernünftig Leitplanken setzen. Es kommt jetzt darauf an – vielleicht ist es der letzte Moment –, wirklich aktiv zu werden, um die Weichen richtig zu stellen.

Unser Anspruch als SPD ist, dass wir nicht nur über technischen Fortschritt reden, sondern dass wir auch darüber sprechen, wie wir aus technischem Fortschritt gesellschaftlichen Fortschritt machen, wie wir also dafür sorgen können, dass möglichst alle Menschen in Freiheit, Selbstbestimmung und Sicherheit ihr Leben gestalten können – mit künstlicher Intelligenz.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Es geht aber auch darum, Risiken zu minimieren. Wir stehen vor der Entscheidung – ich glaube, dass wir die Entscheidung noch treffen können; das sage ich in Richtung des Zwischenrufers –, ob wir die Veränderungen designen oder ob wir verändert werden. Bevor die Dynamik zunimmt und man wie auf einer schiefen Ebene ein bisschen ins Rutschen kommt, ist es gut, dass wir jetzt Leitplanken und Haltegriffe einsetzen und uns darüber verständigen, wo Grenzen sind. Genau das können wir in einer Enquete-Kommission tun.

Es geht um viel. Ich sage es einmal ganz dramatisch: Es geht um Leben und Tod, wenn wir zum Beispiel darüber reden, wie viel Autonomie wir bei Waffensystemen zulassen wollen bzw. ob es Punkte gibt, an denen immer noch ein Mensch die Entscheidung treffen soll. Das ist eine politische Entscheidung – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Es geht um unsere Freiheit. Das sehen wir, wenn wir nach China schauen. Es ist schon angesprochen worden, in welche Richtung man sich dort bewegt. Oder schauen wir in die USA, nach Pennsylvania, wo es Algorithmen gibt, die es Richtern erleichtern, Entscheidungen darüber zu fällen, ob jemand vorzeitig freikommt. Diese Algorithmen können die Rückfallwahrscheinlichkeit berechnen, allerdings geht dort sehr stark die Hautfarbe ein. Wollen wir solche Algorithmen? Wie sollen Algorithmen designt sein, damit es eben weniger Diskriminierung gibt und sie nicht die gleiche Diskriminierung, die bisher besteht, perpetuieren? Es geht um die Würde des Menschen. Haben wir als zu pflegende Menschen ein Anrecht darauf, auch einmal von einem anderen Menschen berührt zu werden, oder ist es okay, dass das Maschinen übernehmen?

Das sind die großen Fragen, die sich stellen, und ich freue mich sehr, sie mit Ihnen allen fraktionsübergreifend intensiv zu diskutieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Marc Jongen, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7249225
Wahlperiode 19
Sitzung 42
Tagesordnungspunkt Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz
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