René RöspelSPD - Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Uli Kelber hat mich gebeten, darauf hinzuweisen, dass die Roboter der Universität Bonn bei einem Fußballturnier für Roboter über 1,30 Meter Weltmeister geworden sind und wir deshalb Doppelweltmeister sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das sage ich deshalb, weil ich betonen will, dass künstliche Intelligenz nichts Neues ist. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern ist vor rund 30 Jahren gegründet worden.
(Beifall des Abg. Martin Hebner [AfD])
Neu ist aber die Rasanz der Dynamik. Wir müssen vorbereitet sein auf das, was noch kommen kann. Deswegen ist es richtig, dass wir uns mit diesem Thema befassen.
Wenn Marc Zuckerberg euphemistisch sagt, dass diejenigen, die gegen künstliche Intelligenz seien, sich dafür verantworten müssten, in Zukunft Krankheitsbekämpfung verhindert zu haben, so bin ich längst nicht bei ihm. Es macht mich nachdenklich, wenn Stephen Hawking als grandioser Physiker befürchtete, dass künstliche Intelligenz möglicherweise das Schlimmste sei, was der Menschheit passieren könnte. Vor dem Hintergrund dieser sehr unterschiedlichen Einschätzungen von künstlicher Intelligenz wäre es doch geradezu pflichtverletzend, wenn wir uns als Parlament mit dieser zukünftig stärker in die Gesellschaft eintretenden Technologie nicht befassen würden.
Deswegen ist es richtig, dass wir die Enquete-Kommission einsetzen, die sich mit rechtlichen, ethischen und gesellschaftlichen Fragen zum Thema „Künstliche Intelligenz“ auseinandersetzen muss; denn anders als vor 20 oder auch 10 Jahren können wir heute Maschinen tatsächlich in die Lage versetzen, so intelligent zu entscheiden, wie das früher nur Menschen konnten. Das ist nicht ganz richtig; denn nicht wir können Maschinen dazu in die Lage versetzen, sondern einige können das. Auch das ist ein Punkt, über den wir diskutieren müssen: Wer eigentlich bringt den Maschinen bei, wie sie Probleme zu lösen haben? Es ist zumindest erforderlich, dass wir diese Entscheidungswege offen und transparent machen. Vielleicht müssen wir sogar Regulationen vorsehen, damit Manipulationen über automatisierte Verfahren nicht Tür und Tor geöffnet wird.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
Intelligenz ist immer gut – das ist gar keine Frage –; aber für eine funktionierende Gesellschaft braucht es sicherlich mehr als Intelligenz. Dafür braucht es nämlich Vernunft, Gefühl und Mitgefühl.
(Marianne Schieder [SPD]: Anstand!)
– „Anstand“, ein bayerischer Zwischenruf. – Menschenähnlich werden Maschinen und Algorithmen tatsächlich erst dann, wenn sie auch diese Eigenschaften programmiert bekommen. Das kann ein Segen für Menschen sein, wenn sie sich zum Beispiel von einer Maschine menschlich gepflegt fühlen und in ihr einen echten Kontaktpartner sehen. Das kann aber auch zum Fluch werden. Deswegen ist es, wie ich finde, unsere Aufgabe, bei dieser Frage genau hinzuschauen und sicherzustellen, dass am Ende tatsächlich die Gesellschaft die Entscheidungen darüber trifft, welche Algorithmen über unsere Zukunft und über gesellschaftliche Verfahrensweisen entscheiden. Wir sollten das weiterhin in der Hand behalten.
Ein wesentliches Thema, das die Enquete-Kommission wahrscheinlich gar nicht bearbeiten kann, weil zwei Jahre sehr kurz sind und das Thema sehr umfassend ist, ist die Frage, welchen Stellenwert diese Gesellschaft dem Menschen gegenüber der künstlichen Intelligenz geben wird. Wenn die Entwicklung dazu führt, was absehbar ist, dass eine Reihe von Arbeitsplätzen verloren geht, zum Beispiel durch autonomes Fahren, dann wird es eine Reihe von Verlierern geben. Optimistisch betrachtet muss man richtigerweise sagen, dass es auch eine Reihe von Gewinnern geben wird, die von der künstlichen Intelligenz profitieren werden. Es ist unsere Aufgabe als Politik und Gesellschaft, sicherzustellen, dass der Nutzen in der Gesellschaft einigermaßen gleichmäßig verteilt wird. Ich finde nicht, dass wir das einfach auf uns zukommen lassen dürfen. Wir dürfen nicht einfach sagen: Künstliche Intelligenz wird kommen, und wir nehmen hin, was auch immer passiert.
Es ist unsere Aufgabe, darüber zu diskutieren, ob wir angesichts der Bedingungen, die Google, Apple und Amazon schon jetzt bieten, irgendwann auch eine gesellschaftliche Debatte darüber führen müssen, ob wir eine gerechte Verteilung des Nutzens von künstlicher Intelligenz in der Gesellschaft überhaupt im Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft hinbekommen oder andere Modelle im Sinne eines gemeinwohlorientierten Gesellschaftsvertrages in Betracht gezogen werden müssen. Das ist eine große Diskussion, der sich die Gesellschaft insgesamt stellen muss. Wenn wir als Enquete-Kommission unsere Arbeit gut machen, können wir vielleicht den einen oder anderen Hinweis geben.
Jedenfalls wird das eine spannende Diskussion. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und auf gute Ergebnisse.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
Nächster Redner: der Kollege Hansjörg Durz, CDU/CSU-Fraktion.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7249231 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz |