Michael ThewsSPD - Aktuelle Stunde zum Schutz des Wassers vor Nitrateinträgen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bleck, ich gratuliere zur ersten Rede. Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Das, was Sie da schönrechnen wollten, ist keine Lösung der Probleme. Vielmehr haben wir es hier mit einem Problem zu tun, das real ist. Es geht um etwas, das im Boden ist, und unser Boden hat ein verdammt langes Gedächtnis. Alles das, was wir ausbringen – wir reden jetzt von Düngemitteln, von Nitrat –, geht in den Boden. Was von den Pflanzen nicht aufgenommen wird, geht durch den Boden in unser Grundwasser, und letzten Endes belastet es dann auch unser Trinkwasser. Das sind Vorgänge, die teilweise Jahrzehnte dauern, aber wenn sie dann so weit fortgeschritten sind, sind sie akut, und wir haben in Deutschland viele Messstellen, die heute schon auf Probleme hinweisen.
Das Ganze ist durchaus auch in Zahlen zu fassen. 767 Millionen Euro pro Jahr würde es uns kosten, wenn wir hier nichts unternehmen. Da reden wir nicht von den Strafzahlungen der EU, sondern von Zahlungen, die notwendig sind, um bei den Wassergebühren nachzusteuern, wenn wir nichts gegen den Nitrateintrag tun. Derzeit schaffen es unsere Wasserversorger noch, dafür zu sorgen, dass das Trinkwasser überall eine gute Qualität hat. Man kann es nicht oft genug sagen: Unser Wasser ist das bestuntersuchte Lebensmittel, das wir haben. Aber wenn die Belastung des Grundwassers zunimmt, dann kann es sein, dass die Versorger in Zukunft das Nitrat durch weitere teure technische Maßnahmen aus dem Wasser entfernen müssen, und das wird dann richtig teuer.
Schon jetzt müssen die Wasserversorger einiges tun, um unser Trinkwasser zu schützen. Sie verdünnen immer häufiger belastetes Wasser mit unbelastetem Wasser. Sie schließen Brunnen, müssen tiefer bohren oder verlagern sie. Auch diese Kosten fließen schon heute in die Wassergebühren ein. Ich will es noch einmal ganz deutlich sagen: Wir sehen hier eine hohe Verantwortung. Bezahlbares Wasser mit guter Qualität ist ein wichtiger Teil der Daseinsvorsorge.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In der letzten Legislaturperiode ist schon einiges passiert. Es gibt eine Novelle des Düngemittelrechts und einige Maßnahmen, die durchaus sinnvoll sind. Die Betriebe müssen jetzt eine Bilanzierung vornehmen, wie viel sie auf den Boden aufbringen und wie viel sie herausholen. Bestimmte Böden werden weiter gehend geschützt, und auch die Zeiträume, in denen Düngemittel ausgebracht werden, sind begrenzt worden. Es ist durchaus davon auszugehen, dass diese Maßnahmen zu einer Reduzierung des Eintrags führen werden.
Es gibt aber auch Stimmen – und die müssen wir ernst nehmen –, die sagen: Das wird nicht ausreichen. Wir haben heute schon von Herrn Pronold gehört, dass es Diskussionen mit der Kommission geben wird. Dann wird sich zeigen, ob das Düngemittelpaket, das wir beschlossen haben, wirklich ausreicht. Ich glaube durchaus, dass es noch Änderungen geben muss, aber wir können schon heute einiges tun; das wurde angesprochen. Es gibt eine Verschärfungsmöglichkeit in der Gesetzgebung. Das heißt, die Länder können dort, wo es akut wichtig ist, handeln. Wir wissen: Das Problem ist nicht überall gleich. Wir haben große Probleme in Norddeutschland – Schleswig-Holstein, Niedersachsen – bis hinunter nach Nordrhein-Westfalen, teilweise auch in Bayern und Baden-Württemberg. Die Länder sind angehalten, diese Möglichkeit zu nutzen und dort gegenzusteuern, wo es notwendig ist. Dann können wir bessere Ergebnisse erzielen und die Kommission gegebenenfalls überzeugen, keine Strafzahlungen geltend zu machen.
Wir haben gestern im Umweltausschuss über die Umsetzung der Nitratrichtlinie und das Ergebnis des Berichts, den wir für die Zeit von 2012 bis 2015 bekommen haben, gesprochen. Daraus möchte ich einen Punkt aufgreifen, und zwar die Tierbesatzdichte in Deutschland. Wir hatten in diesem Zeitraum einen Zuwachs der Tierbesatzdichte um 3,5 Prozent, während wir in der EU einen Rückgang um 2,9 Prozent gehabt haben. Das sind – man muss sich das vor Augen halten – 1,2 Millionen Schweine und 50 Millionen Tiere beim Geflügel. Wir produzieren also mehr Fleisch, als wir selber konsumieren, und vieles davon geht in den Export. Barbara Hendricks hat es in der letzten Legislaturperiode auf den Punkt gebracht. Sie hat gesagt, wir sollten nur so viele Schweine, Rinder und Hühner halten, wie wir auch Boden zum Ausbringen von Mist und Gülle haben. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass wir Fleisch auf Kosten unseres Grundwassers exportieren. Wir müssen gemeinsam mit den Bauern an einer Lösung arbeiten. Gewässerschutz und Landwirtschaft dürfen kein Widerspruch sein. Hier ist auch die Europäische Union gefragt. Wir brauchen eine Agrarförderung, die den Umweltschutz, die Artenvielfalt und das Tierwohl stärker berücksichtigt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Oliver Krischer das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7249278 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum Schutz des Wassers vor Nitrateinträgen |