Rainer SpieringSPD - Aktuelle Stunde zum Schutz des Wassers vor Nitrateinträgen
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus gegebenem Anlass wende ich mich auch an das Publikum, in dem sich heute eine Schulklasse aus meiner Heimatstadt Osnabrück befindet: Ich freue mich total, dass ihr da seid!
(Beifall)
Die Schulklasse hat mich übrigens auch dazu gebracht, meine vorbereitete Rede zu ändern.
Ich habe es gestern Abend schon in einem Beitrag gesagt, und das ist mir ganz wichtig: Das, was wir hier tun, Demokratie leben, hat nur eine Währung, und die Währung heißt „Vertrauen“. Ich finde, um dieses Vertrauen sollten wir uns jetzt mal bemühen, und zwar sehr intensiv.
Lieber Artur, ich kann dich gut verstehen. Ich kann auch Frau Konrad in ihrer Betroffenheit verstehen. Aber ich glaube nicht, dass uns eine Betroffenheitsdiskussion weiterhilft, überhaupt nicht.
Ich habe hier eine Pressemeldung aus dem Hochsauerland, die mich auch sehr betroffen gemacht hat: Gülle-Tourismus gefährdet Böden. Es gibt hohe Nitratbelastungen in den Mastviehregionen. Deshalb gibt es zunehmend Transporte in andere Regionen, auch ins Sauerland. – Dann werden die Regionen aus Deutschland genannt, in denen der Wirtschaftsdünger produziert wird, nämlich das Münsterland und Weser-Ems. Wenn man ganz nüchtern an die Frage herangeht, dann kann man auch nachvollziehen, warum das so ist. Wir haben relativ hohe Tierbestände. Das heißt, unser Acker ist nicht dazu in der Lage, die Nahrung zu produzieren, die dieser Tierbestand braucht; also kaufen wir uns Nahrungsmittel zu. Das heißt, das Gleichgewicht zwischen Tierbestand und Nahrungsmittelaufnahme der Tiere ist nicht gegeben. Automatisch muss über die Prozesse im Tier mehr Wirtschaftsdünger entstehen, als die Region in sich aufnehmen kann. Das ist eine geschlossene Logik.
Jetzt ist die Frage aufgeworfen worden: Was machen wir mit dem Wirtschaftsdünger? Der Frage müssen wir uns stellen. Wir müssen uns vor allen Dingen auch der Frage stellen: Ist es richtig, dass wir für Regionen, die erzeugen, alle die gemeinsame Verantwortung übernehmen? Wenn ich Landwirtin aus Baden-Württemberg wäre, wo nur partiell die Nitratbelastung hoch ist, Kollegin Konrad, dann wäre ich vielleicht auch grantig.
(Carina Konrad [FDP]: Ich bin aus Rheinland-Pfalz!)
Aber es gibt doch in Deutschland eine wunderschöne Regelung, nämlich das Verursacherprinzip. Wenn wir uns dem Verursacherprinzip nähern und dem Produkt, das erzeugt worden ist, nämlich dem Wirtschaftsdünger, dann muss doch die Region, die das Problem erzeugt, das Problem auch lösen, wenn ich das einigermaßen richtig verstanden habe. Bei Automobilen: Wenn zu viel Stickoxid produziert wird, erwarte ich von dem Autobauer, dass er, um das Vertrauen zurückzugewinnen – –
(Carina Konrad [FDP]: Dagegen hat Wirtschaftsdünger aber einen Wert!)
– Genau. Frau Konrad, ich komme noch dazu. Nicht so schnell! Ich bin ein bisschen älter.
Jetzt hat der Wirtschaftsdünger tatsächlich einen inneren Nährwert, und da sagt der Staatssekretär: Das müssen die anderen doch anerkennen. – Er sagt auch: Aber wir haben ein Problem. Wenn wir 100 Liter Gülle aufbringen, dann können wir die nicht zu 100 Prozent anrechnen. – Genau da liegt die Krux. Darauf würde ich vom Parlamentarischen Staatssekretär eine entsprechende Antwort erwarten.
Vielleicht ist das technisch tatsächlich machbar. Wir können mit moderner Technologie dafür sorgen, dass dem Wirtschaftsdünger die wässrige Phase entzogen wird und wir ein Trockensubstrat bekommen. Jetzt ist die Frage: Warum nehmen die Ackerbauern der Region, übrigens auch in Niedersachsen, diesen Wirtschaftsdünger nicht auf?
(Carina Konrad [FDP]: Genau!)
Die Antwort ist nicht, dass die Mengendifferenz nicht passt, sondern – jetzt komme ich wieder zum Vertrauen –: Unsere Ackerbauern in Niedersachsen trauen der Gülleregion nicht. – Ich habe überhaupt nicht zu beurteilen, ob zu Recht oder zu Unrecht; ich habe nur festzustellen, dass sie es nicht tun.
Wenn man jetzt dazu überginge, daraus ein Trockensubstrat zu machen, dessen Bestandteile man definiert, dann wäre man in der Lage, aus dem Wirtschaftsdünger ein Gut zu machen, das Mineraldünger ersetzt. Dann wären wir an der absolut richtigen Stelle. Der Mineraldünger hinterlässt natürlich auch eine CO 2 -Spur, die gar nicht mal ohne ist. Aber dann wäre es doch eine Frage der technischen Intelligenz, dafür Sorge zu tragen, aus dem Wirtschaftsdünger einen Ersatz für den Mineraldünger zu machen. Dann kämen wir von der Belastung durch Nitrate weg, und man könnte einen zertifizierten Mineraldünger deutschlandweit verkaufen, ohne Unmengen an Fahrzeugen mit Unmengen an wässeriger Lösung auf die Straße zu bringen. So schwierig wäre das doch nicht, Herr Staatssekretär. Aber dann müsste man eine entsprechende Lösung anbieten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dann kommt natürlich auch die Frage, wie man das finanziert. Herr Krischer, ich war dabei, als Herr Grethe gesprochen hat, Sie ja leider nicht. Aber es ist ja offensichtlich einfach, jemanden zu zitieren, auch wenn man selber gar nicht da war.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden miteinander bei uns in der Fraktion!)
Herr Grethe hat etwas ganz Ursächliches gesagt. Er hat gesagt: Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie öffentliche Gelder verwendet werden. – Es geht um Steuermittel, und die Steuermittel würde ich zielgerichtet einsetzen, um eine Technologie voranzutreiben, die die Probleme lösen kann. Das wäre eine ordentliche deutsche Lösung.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD)
Zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag hat nun der Abgeordnete Dr. Michael von Abercron für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7249281 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum Schutz des Wassers vor Nitrateinträgen |