Carsten TrägerSPD - Bundesweit abgestimmtes Wolfsmanagement
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Kollege Hilse, ist Ihnen aufgefallen, dass die Lacher über Ihre Ausführungen nicht nur aus den Reihen der anderen Fraktionen gekommen sind, sondern dass Sie auch für große Erheiterung in Ihrer eigenen Fraktion gesorgt haben?
(Stephan Protschka [AfD]: Wir haben über euch gelacht!)
– Das kann man dann in den Videos, die Sie bestimmt wieder posten werden, nachverfolgen.
(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Selbstverständlich! – Stephan Protschka [AfD]: Na klar!)
Ich finde es an der Stelle aber ein Stück weit geschmacklos, was Sie hier versucht haben.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Gerade an dem Tag, an dem uns vor einigen Stunden die Meldung erreicht hat, dass es in Polen vielleicht einen Übergriff eines Wolfs auf zwei Kinder gegeben hat, ist es nicht zulässig, in dieser Art und Weise zu polemisieren. Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Das gilt für Parlamentarier erst recht,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
und es gilt im besonderen Maße, wenn es um solche Fragen der Sicherheit geht. Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Uns haben diese Nachrichten erreicht. Die gute Nachricht ist: Den Kindern geht es gut. Sie scheinen nur minimal verletzt zu sein. Sie sind nach den Untersuchungen bereits wieder zu Hause.
Dennoch müssen wir diese Meldung ernst nehmen und sollten sie nicht zum Gegenstand von Polemik machen. Wir haben uns bemüht, in der Kürze der Zeit die Echtheit dieser Nachricht zu überprüfen, und es scheint so, dass dieser Vorfall stattgefunden hat. Gleichzeitig stellen sich Fragen. Es gibt Hinweise darauf, dass dieser Wolf möglicherweise in Gefangenschaft gehalten wurde. Auf jeden Fall hat er die Scheu vor den Menschen verloren und war verhaltensauffällig. Nach deutschem Recht hätte dieser Wolf schon längst geschossen werden müssen. Das ist ein Versäumnis.
Es ist aber alles noch ein bisschen unklar, und deshalb ist es richtig, dass wir hier mit Ruhe und Besonnenheit debattieren. Es ist eine Thematik, die die Menschen bewegt. Es ist ein hochemotionales Thema. Deswegen ist es richtig, dass wir in dem Koalitionsantrag festgestellt haben, dass Sicherheit die oberste Priorität genießt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deswegen werden wir – das ist eine der Forderungen – in Zusammenarbeit mit den Ländern und der Wissenschaft an einheitlichen Kriterien arbeiten, wie wir mit verhaltensauffälligen Wölfen umzugehen haben.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ja! Wird auch allerhöchste Zeit! Schon seit drei Jahren hätten Sie es machen können! Drei Jahre!)
– Es gibt diese Kriterien schon, aber Sie wissen auch, Herr Hocker, dass das ein Thema ist, das dank der Föderalismusreform in der Verantwortung der Länder liegt.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: In Niedersachsen regieren Sie auch!)
Es gibt nun den Wunsch, dass der Bund sich da mehr einschaltet, und das werden wir tun.
Ich bin der festen Überzeugung, dass mit diesem Antrag ein friedliches Miteinander von Mensch und Wolf in Deutschland möglich ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Der größte Konflikt, der auftritt, ist der Konflikt zwischen Nutztierhaltern und dem Wolf. Deswegen haben wir vereinbart, dass wir das Thema wolfsichere Zäune – 1,20 Meter mit Untergrabenschutz und Strom – in den Antrag aufnehmen. Das Thema Herdenschutzhunde haben wir in den Mittelpunkt gestellt. Wir fordern und legen fest, dass die Mittel für die Dokumentations- und Beratungsstelle zum Thema Wolf verstetigt werden und dass wir diese Beratungsstelle stärken, damit die Konflikte noch besser untersucht und ausgeräumt werden können.
Die öffentliche Anhörung, die wir durchgeführt haben, hat uns in großer Deutlichkeit gezeigt, dass es nicht darum geht, die Rückkehr des Wolfes zu bekämpfen, sondern dass es um das Thema Prävention und vor allem darum geht, dass wir die Schäfer, in allererster Linie die Wanderschäfer, deutlich mehr unterstützen.
Wir als Sozialdemokraten hätten uns an der Stelle mehr vorstellen können. Am Ende haben die Gespräche mit der Union dazu geführt, dass wir es bei einem Prüfauftrag zu der Frage, wie wir die Wanderschäfer besser unterstützen können, vorerst belassen haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich hoffe sehr, dass die Anhörungen des Agrarausschusses im Herbst weitere Fortschritte in dieser Frage bringen werden.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: So viel Zeit haben Sie gar nicht! Die stehen jetzt schon vor dem Aus!)
– Die Wanderschäfer bzw. der Vorsitzende ihres Bundesverbands haben ausdrücklich gesagt, Herr Hocker: Wir sind ein Berufsstand, der unter starkem Druck steht. Uns geht es ökonomisch sehr, sehr schlecht, und jetzt kommt noch das Problem Wolf obendrauf. Obendrauf! Das ist das Thema. Die eigentliche Lösung des Problems ist daher, dass wir die fundamentale Unterstützung dieses Berufsstandes leisten müssen.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das sind Prüfaufträge!)
Das ist ein Versagen des gesamten Hauses.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Bundesregierungsversagen! Den Schuh zieht ihr euch an!)
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Die Schäfer bitten seit Jahrzehnten um mehr Unterstützung, und sie sind selten erhört worden.
(Ulli Nissen [SPD]: Gut, dass du das so klar sagst, Carsten! – Gegenruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon wird es nicht besser!)
Das sollten wir ändern. Ich bitte um Zustimmung zu dem Antrag.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Dr. Gero Hocker von der FDP ist der nächste Redner.
(Beifall bei der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso redet denn nicht der Lindner?)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7249347 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Bundesweit abgestimmtes Wolfsmanagement |