Markus HerbrandFDP - Kindergeld für im Ausland lebende Kinder
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Springer, das muss man erst einmal schaffen, einen in meinen Augen diskussionswürdigen Antrag derart mit einer falschen Tonlage zu versehen, dass man schon bald nicht mehr darüber diskutieren möchte. Chapeau!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir befinden uns tatsächlich wieder einmal in einer emotional sehr aufgeladenen Debatte. Das Thema Kindergeldbezüge für nicht in Deutschland lebende Kinder treibt die Menschen nicht erst seit gestern um. Das ungute Gefühl, dass durch unsere vergleichsweise hohen Kindergeldzahlungen Fehlanreize gesetzt werden, gärt seit langem und wurde bislang sträflich vernachlässigt. Die Bundesregierung hätte uns diese Debatte heute ersparen können, wenn sie in den vergangenen Jahren zielgerichtet gearbeitet und sich mit ganzem Einsatz bei ihren europäischen Partnern für Änderungen an der bestehenden EU-Regelung eingesetzt hätte.
(Beifall bei der FDP)
Nun missbrauchen interessierte Populisten diese Ausgangslage für erneute Hetze und Stigmatisierungen.
(Zuruf von der AfD: Wo ist denn da Hetze? – Weitere Zurufe von der AfD)
Dabei wollte die Bundesregierung eine Änderung schon einmal herbeiführen; das wurde gerade gesagt. Bereits im vergangenen Jahr lag ein Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium vor, der zumindest die Diskussion auf die europäische Ebene hätte verlagern können. Letztlich scheiterte dieser Vorstoß des damaligen Finanzministers Wolfgang Schäuble am Widerstand der SPD, obwohl gerade der damalige Parteivorsitzende Sigmar Gabriel Schäuble zu diesem Handeln aufgefordert hatte. Es bleibt also das Geheimnis der SPD, warum man da nicht weitergekommen ist.
(Beifall bei der FDP)
Schon im vergangenen Mai gab es zu diesem Thema eine Bundesratsinitiative der bayerischen Landesregierung. Wahrscheinlich ist es dem Streben nach Koalitionsfrieden geschuldet, dass diese Initiative nicht wirklich das Licht der Öffentlichkeit erblickte, wenngleich wir eben natürlich Zeugen einer wahren Liebesbekundung zwischen den Koalitionspartnern geworden sind.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Marianne Schieder [SPD]: Sie wollten ja nicht regieren, oder? – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Nicht so schlecht jedenfalls!)
Auch derzeit herrscht weiter Lethargie bei der Bundesregierung. Dabei sollte dieses Thema nach wie vor ein wichtiges Anliegen sein, nicht nur, weil damit unter Umständen dreistellige Millionenbeträge eingespart würden, sondern vor allem auch, um das Empfinden der Menschen, Deutschland sei der Zahlmeister Europas, aufzunehmen, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und den Populisten entschlossen entgegenzutreten.
(Beifall bei der FDP)
Die spürbare Unzufriedenheit und mangelnde Souveränität mit zahlreichen EU-Vorgaben treiben den Populisten und EU-Gegnern die Wählerinnen und Wähler leider in Scharen zu. Wenn die EU-Kommission und die Bundesregierung nicht endlich erkennen, dass ihre Politikgestaltung oft mehr entfremdet als vereint, steht unser gemeinsames Europa vor gewaltigen Umbrüchen, die wir hier alle – bis auf einige wenige – eigentlich so nicht haben möchten. Ich fürchte das Schlimmste für die Bewältigung der wirklich großen Herausforderungen Europas, wenn eine Kompromissfindung schon bei einem so kleinen Thema scheitert; denn es ist ein kleines Thema, und da sollten wir auch die Kirche im Dorf lassen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
2017 standen den deutschen Gesamtausgaben von knapp 36 Milliarden Euro für das Kindergeld etwa 320 Millionen Euro gegenüber, die auf ausländische Konten überwiesen wurden, rein rechnerisch also weniger als 1 Prozent. All dem liegen ja nicht Einwanderungen in unsere Sozialsysteme zugrunde, wie die AfD immer meint; hier haben wir es beispielsweise auch mit im Ausland studierenden Kindern zu tun.
Aber das bestehende Missverhältnis führt zu Ungleichgewichten, die mit dem europäischen Recht auf Freizügigkeit weder beabsichtigt waren noch dadurch zu begründen sind. Vor diesem Hintergrund stimmen wir heute der Überweisung des vorliegenden Antrags in den Finanzausschuss zu. Wir werden uns in der anschließenden Debatte ergebnisoffen zeigen, und wir werden uns auch konstruktiv einbringen. Dabei werden wir der antragstellenden AfD-Fraktion aber auch erklären müssen, dass hier kein europarechtskonformer Gesetzentwurf notwendig ist, sondern eine Änderung europäischen Koordinierungsrechts.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Nächster Redner ist der Abgeordnete Jörg Cezanne für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7249395 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Kindergeld für im Ausland lebende Kinder |