Paul LehriederCDU/CSU - Gewerbesteuerliche Hinzurechnung - Urlaubssteuer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Kollege Marcel Klinge, erst einmal Gratulation zu Ihrer ersten Rede! Sie haben wie viele Redner der FDP ein großes Lamento über die Arbeit der Großen Koalition vorgetragen. Ich gebe zu bedenken: Bis in die Nachtstunden des 19. November 2017 waren wir dabei, eine gemeinsame Regierung zu bilden.
(Christian Dürr [FDP]: Waren Sie dabei?)
Wenn Sie jetzt mitgestalten würden, bräuchten Sie nicht zu jammern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Christian Dürr [FDP]: Ich war dabei! Ich kann das sehr gut beurteilen! – Jürgen Braun [AfD]: Es wird langsam langweilig!)
Herr Kollege Daldrup, Sie haben ausgeführt, dass Sie der Auffassung sind, dass die Einrechnung von Hotelübernachtungskosten in die Gewerbesteuerumlage 2008 beabsichtigt war. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch dazu, zu sagen, dass gerade in der Reisebürobranche die Gewinnmargen anders als in anderen Bereichen, in denen es um Immobilien geht, viel enger und knapper sind. Von daher: In den letzten Legislaturperioden war es regelmäßig so, dass die Tourismuspolitiker und auch die Wirtschaftspolitiker der Auffassung waren, dass das 2008 nicht so beabsichtigt war, wie es sich jetzt ausgewirkt hat.
Ja, es gibt die ersten Urteile zur Hinzurechnung von Messedienstleistungen, angesichts derer man gesagt hat: Das ist zu weit gefasst. – Ich persönlich bin, wie schon gesagt, wie viele Fachpolitiker Ihrer Fraktion der Überzeugung: Wir haben im Bereich der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Übernachtungsleistungen in der Reisebranche den Bogen zu weit gespannt. Ich würde es begrüßen, wenn dieser Antrag der AfD, wenngleich er an vielen anderen Schwächen leidet,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: So ist es!)
zumindest dazu führt, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten die Diskussion über die Hinzurechnung noch einmal anfangen.
Frau Staatssekretärin Lambrecht, Sie haben mir ja freundlicherweise im Auftrag des Herrn Ministers geantwortet, Sie würden liebend gern auf das Urteil des Bundesfinanzhofes warten. Ich habe gelernt: Es gibt in Deutschland eine Gewaltenteilung. Es gibt eine Exekutive, es gibt eine Legislative, es gibt eine Jurisdiktion.
(Jürgen Braun [AfD]: Das hat die Frau Merkel noch gar nicht begriffen!)
Die AfD sagt: Wir wollen auf die Exekutive einwirken. – Ich sage: Wir sollten eigentlich als Bundesgesetzgeber das Selbstbewusstsein haben, das Gesetz von 2008, das vielleicht nicht präzise genug formuliert worden ist, zu ändern und uns als Abgeordnete des Deutschen Bundestages weder hinter einem Bundesfinanzhof, hinter der Jurisdiktion, noch hinter der Exekutive verstecken. Stattdessen sollten wir sagen: Jawohl, wir wirken auf einen gemeinsamen Ländererlass hin.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ja, gerne!)
Meine Kollegen von der AfD: Das ist zu wenig. Das ist zu kurz gesprungen.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Springen Sie weiter! Wir sind bereit!)
Sie sind doch Bundestagsabgeordnete. Wir sollten das hier in diesem Hause korrigieren, wenn es ein Stück weit in die falsche Richtung gelaufen ist.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Wenn Sie mehr wollen, gerne!)
Deshalb: Lassen Sie uns hier über die entsprechenden Änderungen nachdenken. Ansonsten haben die Kollegen sehr vieles ausgeführt. Seit 2008 werden Mieten für Immobilien in gewissem Umfang hinzugerechnet. – Herr Daldrup will etwas fragen.
Ja, ich bin gerade dabei.
Das verzögert zwar die nächsten Reden, aber wie schon gesagt: Wenn die Kollegen damit einverstanden sind, freue ich mich auf Ihre Fragen, Herr Daldrup.
Gut. Sie haben meine Frage schon beantwortet, ob Sie eine Bemerkung oder Frage des Kollegen Daldrup zulassen.
Immer.
Bitte schön, Sie haben das Wort.
(Jürgen Braun [AfD]: Können Sie das nicht in den Koalitionsverhandlungen noch mal klären!)
Mir geht es um eine ganz einfache Frage: Wenn Sie der Auffassung sind, wir sollten über die Frage der Gestaltung der Gewerbesteuer reden, wären Sie dann auch bereit, darüber zu diskutieren, dass wir die Bemessungsgrundlage so verbreitern, dass wir sie beispielsweise auch auf die freien Berufe ausweiten können? Somit hätten wir die Möglichkeit, die Gewerbesteuerhebesätze zu senken, weil wir die Basis der Gewerbesteuerzahler dann sozusagen deutlich verbreitern würden.
(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Das wollen wir nicht, danke!)
Dann gäbe es sicherlich eine bessere Möglichkeit zur Diskussion. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Frage mit Ja beantworten könnten.
(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Wie viel denn noch?)
Herr Kollege Daldrup, es wird Sie nicht überraschen: Ich bin gegen sozialistische Gleichmacherei.
(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD])
2008 haben wir meines Wissens auch zusammen regiert. Da hatten wir auch eine Große Koalition. Man hat aus wohlgetroffenen Erwägungen genau diesen Punkt nicht in die Gewerbesteuerberechnung einbezogen.
Ich will Ihnen eins sagen: Ich bin grundsätzlich von Ihnen gar nicht so weit weg. Ich war selber jahrelang Bürgermeister und weiß, welche Daseinsvorsorgeeinrichtungen die Kommunen schaffen, von der Infrastruktur bis zu den Gewerbegebieten etc. Auch die Möglichkeit, überhaupt erst einmal ein Gewerbe auszuüben, wird natürlich von Kommunen geschaffen. Darum bin ich anders als die Kollegen von der FDP auch der Auffassung: An der Gewerbesteuer sollten wir grundsätzlich festhalten. Die Einbeziehung der freien Berufe ist, wie schon gesagt, eine andere Baustelle. Das ist natürlich ein noch viel größeres Fass, als hier Abrundungsschwierigkeiten zu präzisieren bzw. klarzustellen.
Es geht darum, Ungerechtigkeiten zu beseitigen, die sich in den letzten zehn Jahren ergeben haben und die im Übrigen kleine Reisebüros in den Kommunen momentan mit großer Sorge erfüllen. Es sind nicht nur die Großen der Branche, die zu uns kommen, Herr Daldrup. Es sind auch die kleinen Büros. Es nutzt der Kommune überhaupt nichts, wenn sie kurzfristig ein paar Euro mehr Gewerbesteuereinnahmen hat und dieses Reisebüro irgendwann nach zwei, drei Jahren den Laden dichtmacht. Dann sind Arbeitsplätze weg, und die komplette Gewerbesteuer ist weg.
(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ganz genau!)
Das ist genau der Punkt, auf den wir achten sollten. Diese Entwicklung hat man vor zehn Jahren in dieser Breite vielleicht nicht vorhergesehen.
Ich bin den Fachpolitikern sehr dankbar für den Einsatz kollektiver Intelligenz, auch bei der SPD. Im Wirtschaftsausschuss und im Tourismusausschuss haben wir uns darauf geeinigt, dass wir etwas ändern müssen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7249582 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 43 |
Tagesordnungspunkt | Gewerbesteuerliche Hinzurechnung - Urlaubssteuer |