03.07.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt I.6

Matthias MierschSPD - Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Reden der Opposition vergleicht, dann kann man festhalten: Dem einen ist es zu wenig, dem anderen zu viel. – So schlecht können wir also eigentlich nicht liegen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mittelmaß, das ist euer Anspruch!)

Aber, Herr Kollege Kindler, eines geht nicht – und da, wo Sie in der Regierung sind, sehen Sie genauso, dass Sie Ressorts überwinden müssen –: dass Sie dieser Umweltministerin unterstellen, sie würde zu wenig für den Klimaschutz machen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist genau richtig!)

Sie wissen ganz genau: Die großen Brocken, wo gegenwärtig blockiert wird, sind im Verkehrs- und Wirtschaftsbereich. Wir sollten hier mit einer Stimme sprechen. Wir sollten die Ministerin in ihrem Vorhaben stärken, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie Frau Nahles sagen! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Olaf Scholz höre ich aber nichts dazu!)

– Machen Sie sich keine Sorgen! Die SPD steht komplett, wenn es um Sonderausschreibungen oder Klimaschutz geht. Aber wir machen es uns eben nicht so leicht, einfach mal kurz 7,5 Gigawatt vorzuschlagen; wir gehen einen anderen Weg.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will zunächst jedoch mit etwas Grundsätzlichem beginnen. Wer die letzten Tage hier in Berlin erlebt hat, musste mit großem Erstaunen zur Kenntnis nehmen, wie sich zwei Parteien an der kleinen Frage nach der Grenzsicherheit verhakeln. Das Thema, das wir heute besprechen – Umweltpolitik und Klimaschutz –, wäre eigentlich dazu geeignet, ganz oben angesiedelt zu sein; denn hier geht es um Fluchtursachen und Lebensgrundlagen der Menschheit. Dafür müsste man in diesem Haus eigentlich streiten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Aber warum ist das nicht so?)

Wenn Sie, Herr Hohmann, als Vertreter einer Partei, die den menschengemachten Klimawandel leugnet, gegen Flüchtlinge polemisieren, dann zeigt das die ganze Widersprüchlichkeit Ihrer Politik.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben darüber hinaus den Windbereich problematisiert. Wo ist eigentlich Ihr Angebot? Damit bin ich bei Ihnen, Frau Ihnen, und der Frage nach den Kosten. Wenn ich Ihr Programm von der AfD richtig verstanden habe, dann sagen Sie auf der einen Seite: Nach mir die Sintflut! Den menschengemachten Klimawandel gibt es nicht. – Auf der anderen Seite wollen Sie weiter in die Atomkraft investieren. Vor dem Hintergrund aber, dass wir alle die Ewigkeitskosten für nachfolgende Generationen – das spüren wir in diesem Haushalt – nicht einschätzen können, ist die Energiepolitik, für die Sie hier stehen, unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Ich möchte gerne fortfahren, weil ich mich weiterhin mit Frau Ihnen befassen möchte.

Sie haben gesagt, Frau Ihnen, dass es nachhaltig sein muss. Was bedeutet „nachhaltig“? Man darf nicht einfach sagen, dass Ökonomie, Ökologie und soziale Gerechtigkeit hintereinander oder nebeneinander stehen. Wir können mit der Natur nicht verhandeln. Sie haben beispielsweise darauf aufmerksam gemacht, dass es ein Problem beim Personalaufwuchs gibt. Ich habe es vorhin schon erklärt: Wir müssen viele Millionen ausgeben, weil wir uns auf einer Endlagersuche befinden, ohne dass es weltweit ein eingerichtetes Endlager gibt. Des Weiteren müssen wir beispielsweise beim Umweltbundesamt Stellen dafür schaffen, dass das Thema Pflanzenschutzmittel in den Griff bekommen wird. Deswegen stehen wir zur Bundesumweltministerin, wenn sie sagt, dass wir von dem großzügigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wegkommen müssen, weil die volkswirtschaftlichen Kosten weitaus höher sein werden.

(Beifall bei der SPD)

Der entscheidende Punkt, mit dem wir es in den nächsten zwei Jahren im Bereich der Umweltpolitik zu tun haben, ist in der Tat die Vorbereitung des Klimaschutzgesetzes. Hier haben wir, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, möglicherweise eine andere Herangehensweise. Wir haben mit der Strukturwandelkommission bzw. Kohlekommission einen Weg beschritten,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den habt ihr noch gar nicht beschritten!)

bei dem Umwelt- und Klimaschutz den Rahmen bilden. Aber wir lassen die Menschen vor Ort nicht im Stich, sondern wir ermöglichen Strukturentwicklung mit ihnen und machen es nicht über ihre Köpfe hinweg.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fordern wir in Sachsen-Anhalt seit mehreren Jahren!)

Das ist ein nachhaltiges Konzept, das wir weiterverfolgen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Dass Sie da ein bisschen Probleme haben, verstehe ich schon.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, haben wir gar nicht! So ein Quatsch!)

Denn wir sind für diesen Schritt schon gelobt worden. Aber wo wir vielleicht wieder zusammenkommen können – regen Sie sich nicht auf; wir sitzen bei dieser Frage in einem Boot –, ist: Entscheidend wird sein, dass es eine nachhaltige Lösung über Legislaturperioden hinweg gibt. Wir haben bei der Atomkraft gesehen – rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln –,

(Karsten Hilse [AfD]: Kernkraftwerke, nicht Atomkraft!)

dass die Investitionssicherheit am elementarsten Punkt tangiert war; das war ein großes Problem. Bei der Kohle darf uns das nicht passieren. Deswegen brauchen wir einen gesellschaftspolitischen Konsens zwischen den unterschiedlichen Regionen und den unterschiedlichen Interessengruppen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müsst ihr erst einmal eine Grundsatzentscheidung treffen!)

Hier wird ein richtig dickes Brett zu bohren sein. Ob es erfolgreich sein wird, werden wir sehen. Aber das ist der einzige Weg, dies nun auf den Weg zu bringen. Die Bundesumweltministerin hat diese Kommission ermöglicht. Dafür und auch, wenn es in den nächsten Jahren um die Umsetzung des Vorhabens geht, hat sie unsere Unterstützung. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Rainer Kraft.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7250810
Wahlperiode 19
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta