03.07.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt I.7

Matthias MierschSPD - Wirtschaft und Energie

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Mattfeldt, zunächst vielen Dank für diese Rede. Aber ich finde, der Vollständigkeit halber muss man auf beide Koalitionshaushälter hinweisen: Mein Kollege Thomas Jurk hat kräftig gekämpft.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Guter Mann!)

Insofern, Thomas, auch dir herzlichen Dank für diese Haushaltsberatungen.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, an dieser Stelle muss man auch sagen: Wenn die Opposition etwas Vernünftiges sagt, Kollege Klein, finde ich das vollkommen richtig, und wir können alle daraus lernen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Denn das, was Sie gerade gesagt haben, ist, finde ich, ein sehr zentraler Punkt. Wir sind nicht alleine auf dieser Welt. Wenn wir hier den Eindruck der Abschottung erwägen bzw. vermitteln, dann hat das gerade für die Wirtschaftspolitik erhebliche Folgen. Insofern wollen wir weiter gemeinsam für ein weltoffenes Land streiten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Damit Sie aber nicht zu sehr irritiert sind von zu viel Lob, will ich auch sagen: Sie haben parlamentarisch gesehen die Gnade der späten Geburt. Aber wenn Sie FDP mit Energiepolitik zusammenbringen, dann kann ich nur sagen – ich bin jetzt seit zwölf Jahren in diesem Haus –: Das, was gerade Schwarz-Gelb in der Energiepolitik gemacht hat, war verheerend, Stichwort „Atomausstieg“: rein, raus.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Theurer [FDP]: Sie hatten ja Zeit, es zu korrigieren!)

Gerade letzte Woche haben wir noch die Folgen in diesem Haushalt abbilden müssen, als es nämlich um Entschädigungsleistungen an große Konzerne für Ihre falschen Entscheidungen ging.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich glaube, ein bisschen Demut ist angezeigt, wenn Sie sagen: Lassen Sie die Planwirtschaft. – Nicht dass wir nicht darüber einig wären, dass wir keine Planwirtschaft brauchen, aber nur der Markt kann es nicht richten. Lieber Peter Altmaier, vielleicht gehen Sie darauf ein. Ich habe neulich ein Interview gelesen mit der Aussage des Bundeswirtschaftsministers: Wir brauchen mehr Markt. – Ich glaube, wir brauchen klare Rahmenbedingungen und Investitionssicherheit für die Wirtschaft, aber keinen schwachen Staat, lieber Kollege Altmaier.

(Beifall bei der SPD)

Denn was Umwelt-, Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik gemeinsam haben, ist doch, dass der Markt per se nicht nachhaltig ist, sondern dass er Rahmen braucht, die darauf ausgerichtet sind, dass wir beispielsweise in der Energiepolitik das Thema Effizienz ganz, ganz oben ansiedeln. Und wenn wir beispielsweise zur Kenntnis nehmen, dass wir derzeit 385 000 Elektrobusse weltweit haben – davon 99 Prozent in China –, und auf der anderen Seite wissen, dass wir eine Exportnation sind, dann ist es doch auch die verdammte Pflicht des Staates, hier der Industrie klare Rahmenbedingungen zu setzen, mit denen wir auf innovative Antriebstechnologien setzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen bin ich an der Stelle bis jetzt wirklich nicht im Reinen. Wir haben erst ein bisschen mehr als 100 Tage in diesem Bereich miteinander zu tun. Aber diese 100 Tage sind im Wirtschaftsbereich, finde ich, nicht zufriedenstellend.

Herr Klein hat die beamteten Staatssekretäre angesprochen. Ich glaube, die Stelle des beamteten Staatssekretärs hat, um in der Sprache des Haushälters zu reden, keinen kw-Vermerk. Es ist mir jedenfalls nicht bewusst. Es ist aber bezeichnend, dass diese wirklich entscheidende Stelle, gerade wenn es um Energiewende geht, derzeit unbesetzt ist. Deswegen: Diese Lücke muss ganz schnell geschlossen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben gemeinsam ein Eingeständnis gemacht. Ich will Sie nicht mit anderen Ministern vergleichen. Aber diese Kanzlerin hat in den letzten Wochen schon mit einigen Ministern einiges zu tun gehabt. Ich habe ihre Petersberger Rede sehr genau verfolgt, in der sie eingestanden hat, dass wir klimapolitisch augenblicklich nicht auf der Höhe der Zeit sind.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stimmt!)

Recht hat sie. Das muss man kritisch einräumen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen haben wir gemeinsam in den Koalitionsvereinbarungen wirklich dezidiert gesagt: Wir wollen diese Lücke bis zum Jahr 2020 so weit wie möglich schließen. Und wir haben als ersten sehr konkreten Schritt Sonderausschreibungen für Photovoltaik und Onshoreenergie vereinbart. Das, was wir in den bisherigen 100 Tagen erlebt haben, ist nicht die Einlösung des Koalitionsvertrages.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern fordere ich Sie auf: Wir müssen diesen Vertrag umsetzen. Wir müssen an dieser Stelle Glaubwürdigkeit zurückerobern. Das können wir nur durch Taten und nicht durch Worte, lieber Bundeswirtschaftsminister.

(Beifall bei der SPD)

Wenn es in der Argumentation um Netze und Energiepreise geht, dann sind wir wieder bei dem Punkt, dass Wirtschaft und Markt nicht alles sind. Vielmehr geht es um die Frage, wie wir Energie- und Wirtschaftspolitik miteinander gestalten. Wären die Ewigkeitskosten der Atomenergie irgendwann einmal in den Strompreis eingepreist worden, dann wäre dieser unbezahlbar gewesen. Aber es ist eine politische Grundsatzentscheidung, die wir getroffen haben. Deswegen sage ich: Wir haben hier wirklich Handlungsoptionen. Energiepreise fallen nicht vom Himmel. Sie können gestaltet werden. Netzmanagement fällt nicht vom Himmel. Es kann gestaltet werden. Insofern rufe ich Sie auf: Lassen Sie uns als Große Koalition an dieser Stelle der Wirtschaft ein deutliches Signal geben! Lassen Sie uns nicht zurückkehren zum schwarz-gelben Zickzackkurs! Die Zukunft der deutschen Wirtschaft ist erneuerbar und effizient.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Heidrun Bluhm, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7250839
Wahlperiode 19
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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