Thomas JurkSPD - Wirtschaft und Energie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeswirtschaftsminister, ich kann wie schon mein Vorredner sagen: Es ist ein Haushalt der Kontinuität. Ich darf diesen Haushalt zum fünften Mal als Berichterstatter begleiten und möchte eines vorausschicken: Ich glaube, wir haben auch mit den Instrumenten, die dieser Haushalt bereithält, der Wirtschaft geholfen, eine führende Rolle in Europa, in der Welt – –
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hallo! Wir hören nichts!)
– Oh, Entschuldigung! Ich habe den Minister angesprochen und Sie übersehen. Natürlich steht das Parlament für mich auch weiter im Vordergrund – keine Frage, Entschuldigung!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)
Worauf wollte ich hinaus? – Es ist ein Haushalt der Kontinuität, der deutlich macht: Wir haben viele erfolgreich laufende Förderprogramme, die insbesondere auch kleinen und mittelständischen Unternehmen geholfen haben, ob bei Forschung und Entwicklung oder bei Investitionen. Umso mehr war ich erstaunt – Kollege Lämmel hat die Erfolge der GRW-Maßnahmen bereits angesprochen –, dass die FDP-Fraktion – übrigens mit den Stimmen der AfD – beantragt hatte, die Mittel des GRW-Programms, dieses bewährten Förderprogramms zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, um 100 Millionen Euro abzusenken.
(Zuruf von der FDP: Die wurden nicht abgerufen!)
– Herr Kollege Lämmel hat völlig zu Recht auf die Ursachen hingewiesen, die dort in den letzten Jahren zu einem gewissen Stau geführt haben.
Ich stelle heute fest: Dieses bewährte Instrument ist auch durch Umsteuern in der Anwendungsbreite durchaus handhabbar, und die Mittelbindung macht deutlich, dass die Mittel aus den Programmen weiter fließen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für uns wird, wenn wir weiter an der Weltspitze mitmischen wollen, ganz entscheidend sein, dass wir Forschung und Entwicklung vorantreiben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist wesentlich und setzt in erster Linie Anstrengungen aller Akteure in der Wirtschaft voraus, bevor der Staat Unterstützung leistet. Der Staat sollte natürlich auch Unterstützung leisten, insbesondere sind die Wirtschaftsförderer – ob im Bund, im Land oder in den Kommunen – immer wieder aufs Neue gefragt. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen im Koalitionsvertrag und mit der Finanzplanung vereinbart haben, dass die Mittel für Forschung und Entwicklung in dieser Legislaturperiode um weitere 2 Milliarden Euro aufwachsen werden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das heißt beispielsweise für das Bundeswirtschaftsministerium allein 528 Millionen Euro mehr bis zum Jahre 2021. Ich kann Ihnen auch die Jahresscheiben nennen: Wir starten 2018 mit 26 Millionen Euro und setzen 2019 mit 132 Millionen Euro und ab 2020 mit 185 Millionen Euro mehr für Projekte für Forschung und Entwicklung im Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums fort.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Super!)
Mein Mitberichterstatter von der Union, der gerade so schön geklatscht hat, und ich waren der Auffassung, wir sollten im Haushalt auch noch einmal genau hinschauen. Da gab es einen schönen Titel, den wir als Entscheidungshilfetitel deklariert haben und bei dem wir uns einig waren: So viel Entscheidungshilfe braucht das Bundeswirtschaftsministerium nicht. – Das heißt, hier wurden die zusätzlichen Mittel geparkt, um sie in bestimmte Förderprogramme umschichten zu können. Ich will es kurz sagen: Wir haben zielgerichtete Umschichtungen in die Ressortforschungseinrichtungen des BMWi vorgenommen, in die erfolgreichen Förderprogramme beispielsweise der Luftfahrtforschung, der maritimen Wirtschaft, der Kreativwirtschaft, aber auch der Komponenteninitiative im Nationalen Weltraumprogramm. Außerdem wurden die Mittel für Existenzgründungen aus der Wissenschaft – das bekannte EXIST-Programm – aufgestockt, und auch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand bekam wieder eine solche Mittelausstattung, wie wir sie im letzten Jahr beschlossen hatten.
Kollege Jurk, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Ulrich?
Aber gerne.
Herr Jurk, Sie sind der letzte Redner in der Debatte. Deshalb möchte ich Sie fragen,
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie Sie die Debatte so fanden!)
ob Sie der Auffassung sind, dass wir als Deutscher Bundestag das, was die EU-Kommission uns jedes Jahr beim Europäischen Semester immer wieder aufs Neue mitteilt, nämlich dass die deutschen Außenhandelsüberschüsse ein Problem für die europäische Wirtschaft und für die Weltwirtschaft sind, weiterhin ignorieren können.
(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Wenn Sie Deutschland schwächen, wird Europa nicht stärker! – Dr. Florian Toncar [FDP]: Die Bundesregierung macht doch schon was gegen die Überschüsse! Jeden Tag!)
Alle anderen Redner hier haben dieses Problem auch heute wieder nicht angefasst. Es ist ein schlechtes Zeichen, dass der Bundestag all das, was von Macron über Obama bis zu Trump und anderen immer wieder gesagt wird, einfach ignoriert. Glauben Sie, dass die deutsche Wirtschaftspolitik gut beraten ist,
(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Auf jeden Fall!)
die Ohren immer weiter zu verschließen?
Ich glaube, dass man nicht dem Trugschluss erliegen sollte, sich selber zu schwächen. Denn das, was wir außenwirtschaftlich erreicht haben, ist ein Riesenerfolg und sichert auch Wohlstand bei uns im Land.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Ich gebe Ihnen allerdings recht – das ist meine Erkenntnis aus den letzten fünf Jahren im Deutschen Bundestag –
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
– Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen; der Kollege hat auch ganz vorbildlich eine Frage gestellt –: Wir müssen mehr für die Binnenkonjunktur tun und natürlich auch den Ländern, denen es gegenwärtig nicht so gut geht – das Beispiel Afrika wurde in der Debatte gebracht –, helfen, Stichwort „Hilfe vor Ort“. Das ist ein weites Feld. Das fängt bei der Frage an, wie wir die Sicherheit in diesen Ländern sicherstellen, nicht nur für unsere Entwicklungshelfer, und wie wir sicherstellen, dass demokratische Strukturen das Geld in die Kanäle lenken, die für uns wichtig sind, wie Wasserversorgung und Energieversorgung.
Das sind wichtige Herausforderungen. Das ist nicht so einfach zu bewältigen. Es fällt mir auch nicht leicht, Bundeswehrsoldaten nach Mali zu schicken. Aber ich glaube, wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Mittel, die wir für die Entwicklungshilfe bereitstellen, auch bei den Menschen ankommen, die sie so dringend nötig haben.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ein Punkt ist mir ganz besonders wichtig. Wir haben vor wenigen Tagen in Berlin den 70. Jahrestag der Luftbrücke begehen können. Ich sage das als Ostdeutscher zu Westberlin: Ich bin mit RIAS Berlin, also mit dem Rundfunk im amerikanischen Sektor, groß geworden. Wir sind den Amerikanern zu großem Dank verpflichtet, gerade auch an dieser Stelle, in dieser Stadt.
Umso mehr schmerzt es mich, dass dieser amerikanische Präsident offensichtlich alles über Bord wirft, was die guten Handelsbeziehungen zu den USA ausgemacht hat. Das schmerzt mich sehr.
Aber jetzt komme ich zu einem anderen Thema. Sehr geehrter Herr Bundesminister – und ich glaube, ich sollte auch den Außenminister ansprechen –,
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Er ist leider nicht da!)
wir sollten mutiger sein, auch wieder Kontakte zu Russland zu knüpfen.
(Beifall des Abg. Andreas G. Lämmel [CDU/CSU])
Das sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ich war als Wirtschaftsminister öfter in Russland – WM-Spielorte wie Nischnij Nowgorod oder Kasan kenne ich relativ gut –, und ich weiß, wie mühsam es ist, Vertrauen aufzubauen. Ich weiß aber auch, dass die Bereitschaft der Russen da ist, mit uns gemeinsam Dinge voranzubringen, ob im wissenschaftlichen Bereich oder im wirtschaftlichen Bereich. Ich denke, wir sollten auch sehen, dass wir unsere Netzwerke dort wieder ausbauen, weil das für unsere Zukunft wichtig ist.
Ich komme zum Schluss und stelle fest: Dieser Haushaltsplan ist – auch wenn er wahrscheinlich nur fünf Monate zur Umsetzung kommt; er muss ja erst einmal verkündet werden –, ein solider Haushalt. Sehr geehrter Herr Bundeswirtschaftsminister, ich bin mir sicher: Sie werden jetzt auch irgendwann die Lücke beim Staatssekretär für Energie schließen. Das ist ganz besonders wichtig. Denn die Debatte hat auch deutlich gemacht, dass wir da viel tun müssen.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das hat die Debatte deutlich gemacht!)
In diesem Sinne würde ich mich sehr freuen, wenn das Haus diesem Haushaltsplan zustimmen könnte.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7250862 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 44 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Energie |