Alice WeidelAfD - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Diese Aussprache hat Züge des Surrealen.
(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Deswegen fangen Sie ja auch an!)
Wir sprechen über einen Haushalt – ich kann mir schon vorstellen, warum Sie lachen –, nach dem eine Bundesregierung arbeiten soll, die eigentlich schon gescheitert ist, die zerstritten und innerlich zerfallen ist, eine Regierung, deren einzelne Bestandteile mal mit- und mal gegeneinander, vor allem aber mit sich selbst und mit dem eigenen Überleben beschäftigt sind.
(Beifall bei der AfD)
Die Dauerkrise, in der sich diese Regierung seit ihrem mühseligen Zustandekommen befindet, durchzieht auch das vorliegende Zahlenwerk. Dieser Haushalt ist ein Haushalt des Weiter-so,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Weiter erfolgreich!)
eines Weiter-so, in dem Sie, Frau Bundeskanzlerin, sich eingerichtet haben, das unser Land sich aber schon lange nicht mehr leisten kann: nicht finanziell und nicht gesellschaftlich und weder innen- noch außenpolitisch.
(Beifall bei der AfD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach was!)
Davon wollen Sie aber nichts hören. Ihre Weigerung, Fehler zu erkennen und Fehlentscheidungen zu korrigieren, ist notorisch. Die Haushaltsberatungen, die hinter uns liegen, haben das ein ums andere Mal bestätigt, Herr Kauder. Nichts ist gelöst in Deutschland. Frau Merkel, auf keine einzige der drängenden Zukunftsfragen unseres Landes haben Sie und Ihre Regierung eine Antwort.
(Beifall bei der AfD)
Die Staatsquote ist immer noch viel zu hoch. Deutschland braucht eine radikale Steuerreform, die für Verdiener den Grundbedarf aller Haushaltsmitglieder in vollem Umfang und in angemessener Höhe steuerfrei stellt.
(Beifall bei der AfD – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie ist das denn so in der Schweiz?)
Sie nehmen das Geld der Bürger, das nicht zuletzt die derzeit noch aktiven und gut ausgebildeten Babyboomer reichlich erwirtschaften, freuen sich über scheinbar glänzende Haushaltszahlen, die Ihnen die fortwährende schleichende Enteignung der Bürger durch die Nullzinspolitik der EZB verschafft, und verschleudern den Wohlstand unseres Landes, als gäbe es kein Morgen.
(Beifall bei der AfD)
Steigende Staatseinnahmen sind für Sie offensichtlich kein Grund, den Bürgern das zu viel Abgenommene zurückzugeben. Lieber erfinden Sie neue Ausgabentatbestände für noch mehr Umverteilung, für noch mehr Klientelpolitik und Ideologieprojekte, für die Rettung des Euros und natürlich für die Alimentierung von Millionen von Asyleinwanderern.
(Beifall bei der AfD – Ulli Nissen [SPD]: Das musste ja gleich wieder kommen!)
– Ja, es ist ja auch so. – Dabei würden der Wohlstand und die finanziellen Spielräume, die die Bürger und die Unternehmen trotz aller Widrigkeiten immer noch erwirtschaften, dramatisch und dringend gebraucht, zum Beispiel, um unsere Bildungssysteme auf Vordermann zu bringen und unsere Sozialsysteme zukunfts- und demografiefest zu machen.
Sie gründen eine Kommission zur Sicherung der Altersvorsorge über das Jahr 2025 hinaus,
(Christian Lindner [FDP]: Sie haben bei der Rente noch nicht mal ein Konzept für das Jahr 2018 in Ihrer Partei!)
Sie geben Parolen von stabilen Beiträgen und Rentenniveaus aus, und die Ressourcen, die dafür benötigt würden, werfen Sie mit vollen Händen zum Fenster hinaus. Schlimmer noch, Sie sägen und hacken mit Hingabe an den Grundlagen und Wurzeln unseres bisherigen Wohlstandes herum:
(Beifall bei der AfD)
mit der unbelehrbaren Weiterverfolgung einer gescheiterten Energiewende, die außer den höchsten Strompreisen der westlichen Welt, sinkender Versorgungssicherheit und Ressourcenverschleuderung in jährlich zweistelliger Milliardenhöhe nichts gebracht hat,
(Beifall bei der AfD)
und mit einer Mobilitätswende, die in Wahrheit ein unverhohlener, von bornierten Ideologen angezettelter Krieg gegen das Automobil und die an ihm hängende Industrie und mittelständische Wirtschaft mit allen ihren Arbeitsplätzen ist.
(Beifall bei der AfD)
Dort werden nämlich die Steuergelder erwirtschaftet, die Sie so gerne und reichlich verteilen, nicht zuletzt an sich selbst; denn das Einzige, was Ihre Chaoskoalition in gut drei Monaten geräuschlos und schnell über die Bühne gebracht hat, war ja die dreiste Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung für Sie selbst.
(Beifall bei der AfD)
Handwerksmeister und Industriefacharbeiter, Handel und Gewerbe schaffen Produktivität und Wohlstand – und nicht steuerfinanzierte Sozialpädagogen und Gender-Professorixe.
(Heiterkeit bei der AfD)
Die Euro-Krise hängt noch immer wie ein Damoklesschwert über Deutschland. Die Rettung Griechenlands sei abgeschlossen, heißt es. Dabei ist die vermeintliche Abschlussregelung nur eine weitere Kreditlinie für ein hoffnungslos überschuldetes Land.
(Ulli Nissen [SPD]: Hoffnungslos sind Sie!)
Ist die verbraucht, kommt der Ruf nach dem nächsten Rettungspaket.
Die 229 Milliarden Euro, die Griechenland als Hilfskredite von den Euro-Staaten bekommen hat, dürften weg sein. Die Fiktion, sie würden eines Tages zurückgezahlt, ist ein billiger Bilanztrick. Und ganz ehrlich: Das wissen Sie auch.
(Beifall bei der AfD)
Uneinbringlich dürften auch die TARGET2-Forderungen der Bundesbank an andere Zentralbanken des Euro-Systems sein, die inzwischen an der Billionengrenze kratzen. Das deutsche Exportwunder wurde über unbegrenzte Blankochecks finanziert, reale Industriegüter wurden eingetauscht gegen theoretische Forderungen, und das Risiko trägt, wie immer, der deutsche Steuerzahler.
(Beifall bei der AfD)
Ich stelle die Frage: Was ist, wenn die Krise in Italien offen ausbricht, das allein für fast die Hälfte der deutschen TARGET2-Außenstände steht? Ohne an die Folgen zu denken, treiben Sie die Banken-, Haftungs- und Transferunion voran, machen Sie dem französischen Präsidenten Macron Zusagen für ein Euro-Zonenbudget, mit dem das Haushaltsrecht der nationalen Parlamente ausgehebelt werden soll,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Falsch! – Andrea Nahles [SPD]: Blödsinn!)
und all das nur, um sich in Europa den Anschein eines Rückhaltes zu erkaufen, der Ihnen im eigenen Land unter den Händen zerrinnt.
(Beifall bei der AfD)
Selten haben Regierungen in so kurzer Zeit so viele Zukunftshypotheken aufgeladen und es trotz guter Ausgangslage so fahrlässig heruntergewirtschaftet, wie die von Ihnen seit 13 Jahren angeführten Koalitionen. Das unwürdige Schauspiel, das Sie uns in den vergangenen Tagen und Wochen zugemutet haben, sprengt allerdings alles bisher Dagewesene.
(Beifall bei der AfD – Ulli Nissen [SPD]: Sie sprengen das Dagewesene!)
Ihre Weigerung, den Irrweg Ihrer Willkommenskultur einzugestehen und die notwendigen Maßnahmen zur Kurskorrektur wenigstens einzuleiten, hat die aktuelle Regierungskrise ausgelöst, die mit Ihrem Pyrrhussieg über Horst Seehofer noch längst nicht ausgestanden ist. Sie demontieren Ihren Innenminister, weil er damit droht, nach drei Jahren willkürlicher Außerkraftsetzung wenigstens teilweise wieder geltendes Gesetz anzuwenden.
(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist doch Unsinn!)
Um das zu verhindern, missbrauchen Sie Ihre Richtlinienkompetenz. Schauen Sie einmal ins Grundgesetz. Lassen Sie es sich von einem Verfassungsrechtler erklären: Die Richtlinienkompetenz ist nicht dazu da, Recht und Verfassung dauerhaft außer Kraft zu setzen.
(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Hat sie auch gar nicht!)
Der britische Politikwissenschaftler Anthony Glees bemerkte nach Ihrer willkürlichen, einseitigen Außerkraftsetzung geltenden Rechts im September 2015, Deutschland werde als durchgeknallter „Hippie-Staat“ wahrgenommen, der zum rationalen Handeln nicht mehr fähig sei. Die Wahrnehmung ist im Übrigen nicht besser geworden. Vom Standpunkt einer wachsenden Zahl unserer Nachbarn im Norden, Süden, Osten und Westen ist Deutschland ein Narrenhaus,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Seit Sie im Plenum sitzen, ja!)
und im Kanzleramt ist die Zentrale.
(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Von dem EU-Migrationsgipfel haben Sie ein Bündel von vagen Absichtserklärungen und unverbindlichen Allgemeinplätzen mitgebracht, die Sie uns als europäische Lösung verkaufen wollen. Reihenweise aber widersprechen andere EU-Staaten Ihrer eigenwilligen Interpretation, mit der Sie sich Ihre leeren Hände schönreden wollen. Deutschland ist unter Ihrer Regierung vom Motor und Stabilitätsanker zum Chaosfaktor geworden. Das lassen Sie uns hier mal ganz klar sagen.
(Beifall bei der AfD)
Und jetzt Ihr Kompromiss mit der CSU, mit dem Sie die Schwesterpartei noch einmal auf Linie gebracht haben, während der andere Koalitionspartner schon wieder meutert. Horst Seehofer hat auf seine ursprüngliche Hauptforderung, wenigstens bereits registrierte und mit Einreiseverbot belegte Asylbewerber schon an der Grenze abzuweisen, verzichtet und darf Innenminister bleiben. Was heißt das konkret? Statt geltendes Recht durchzusetzen, trägt Seehofer, trägt die CSU die Herrschaft des Unrechts weiter mit,
(Beifall bei der AfD)
so wie vor gut zwei Jahren, als er eine Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Politik der offenen Grenzen ankündigte und nie lieferte. Geliefert hat dafür jetzt die AfD-Bundestagsfraktion.
(Beifall bei der AfD)
Herr Seehofer, schade, Sie hätten Ihre Ehre wirklich retten können als der Mann, der Deutschland einen Neuanfang ermöglicht.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Zurufe von der LINKEN)
Jetzt wird man sich an Sie als Agonie-Verlängerer der Ära Merkel erinnern.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Wie lange noch, Frau Merkel, wollen Sie unsere Geduld strapazieren und dieses unwürdige Schauspiel in die Länge ziehen? Was muss eigentlich noch alles geschehen, um Sie zur Einsicht zu bringen? Wie lange wollen Sie uns noch mit Bluffs, mit Pseudoabkommen und Planankündigungen – voller Hintertüren und Seitenausgängen – hinhalten, aus denen doch nie etwas wird? Sie sind auf der ganzen Linie gescheitert. Sie haben nichts erreicht,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das sehen so ziemlich alle anders!)
außer mit allen Kniffen und Listen noch etwas länger auf dem Sessel einer Kanzlerin zu sitzen, die einer längst schon innerlich zerbrochenen Koalition vorsteht.
(Beifall bei der AfD)
Dafür spalten Sie Deutschland. Dafür spalten Sie Europa. Dafür spalten und zerlegen Sie Ihre wackelige Koalition und am Ende Ihre eigene Partei. Machen Sie also dem Trauerspiel ein Ende, und treten Sie bitte ab.
(Beifall bei der AfD – Abgeordnete der AfD erheben sich – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die Luschen von der letzten Reihe!)
Jetzt erteile ich das Wort der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7251309 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 45 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |