Doris BarnettSPD - Auswärtiges Amt
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe hier eine etwas andere Auffassung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die deutsche Außenpolitik gehört zu den angesehensten in der Welt.
(Lachen bei der AfD)
Allerdings können wir alleine nicht die ganze Welt retten. Aber wir können sie ein Stück besser machen, zu einem besseren und sichereren Platz.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Über 65 Millionen Menschen sind derzeit auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung – die meisten von ihnen sogar im eigenen Land. Einem kleinen Teil dieser Entwurzelten können wir helfen, und wir tun das als Deutschland auch mit Mitteln des Auswärtigen Amtes außerhalb unserer Grenzen und, ja, auch außerhalb unseres Kontinents. Mit 1,5 Milliarden Euro, die wir in die humanitäre Hilfe stecken – und damit fast 300 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr –, sorgen wir dafür, dass Menschen auf der Flucht Hilfe erhalten – Unterkunft, Essen und medizinische Versorgung – und dass ihre Kinder in die Schule gehen können. Daneben kümmern wir uns auch um die Bevölkerung der aufnahmebereiten Länder, die es ja bei weitem nicht so gut und nicht die gleichen Möglichkeiten haben wie wir.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Viel wichtiger, als Krisen zu bewältigen, ist für uns aber, Krisen erst gar nicht entstehen zu lassen bzw. so früh wie möglich einzugreifen und sie abzuwenden. Deshalb haben wir auch noch mal 35 Millionen Euro zusätzlich in die Krisenprävention gesteckt. Krisenprävention gehört für uns zum Konzept.
(Beifall bei der SPD)
Um Krisen oder sogar Kriege zu vermeiden, ist für mich auch die Befähigung von Staaten wichtig, der UNO Blauhelmtruppen zur Verfügung zu stellen. Deshalb unterstützen wir afrikanische Staaten im Rahmen der Ausstattungshilfe. Ich möchte den deutschen Soldatinnen und Soldaten dieses Hilfsprogramms an dieser Stelle ausdrücklich danken. Wir Berichterstatter haben uns vor Ort angesehen, wie viel sie mit ihren Partnern erreichen, weil sie sich engagiert ans Werk machen. Ob Munitionsvernichtungsanlagen oder mobile Feldhospitale, ob Wasseraufbereitung, Kfz-Werkstätten oder Floßbau: In Afrika haben wir unseren Partnerländern geholfen, sich Fähigkeiten anzueignen, damit sie als Teil der UNO-Truppen auf dem eigenen Kontinent Krisen entschärfen können.
Hervorragende Arbeit leistet in diesem Zusammenhang auch das Kofi-Annan-Center in Ghana. Die hier gut ausgebildeten örtlichen Truppen des Heeres und der Polizei entlasten schließlich auch uns selbst, hier in Deutschland, weil wir keine weiteren Truppen entsenden müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
So greifen die verschiedenen Maßnahmen des Auswärtigen Amtes ineinander und werden zum großen Bild einer nachhaltigen, sinnvollen und auch ressourcensparenden Außenpolitik.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
In der Tat geht ein erheblicher Teil des Etats des Auswärtigen Amtes an die Vereinten Nationen, die mit ihren Einrichtungen die größte internationale Erfahrung im Krisenmanagement haben. Es mag ja sein, dass bei dem vielen, vielen Geld der eine oder andere Euro mal nicht so verwendet wird, wie Sie sich das alle vorstellen. Aber die meisten Mittel – ich möchte wetten: 99 Prozent der Mittel – werden ordentlich verwaltet. Ganz nebenbei: Der deutsche Bundesrechnungshof überprüft auch die UNO.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir konnten uns zum Beispiel als Berichterstatter in Saatari in Jordanien nahe der syrischen Grenze von dem außergewöhnlichen Einsatz der UNO-Kräfte ein Bild machen. Dort leben über 80 000 Menschen in einem riesigen Zeltlager. Nur damit wir uns davon eine Vorstellung machen können: Das sind so viele Menschen wie die Einwohner von Frankenthal und Speyer zusammen bei mir in der Pfalz. So viele Menschen leben in riesigen Zeltreihen. Über 300 000 weitere Syrer sind auf der Flucht und stehen an der jordanischen Grenze.
Wenn wir jetzt, wie manche vorschlagen, der UNO, dem UNHCR, OCHA und dem World Food Programme die Mittel kürzen, weil Sie ihnen nicht trauen, dann wissen wir doch, was passiert. Die Menschen machen sich auf den Weg dorthin, wo sie versorgt werden: nach Europa. Wer also hier die Axt an die Mittel für die humanitäre Hilfe der UNO legt, also Mittel kürzen will, der ist letztlich auch für weitere Flüchtlingswanderungen nach Europa verantwortlich.
(Beifall bei der SPD)
Aber Menschen fliehen ja nicht nur vor Krieg und Gewalt. Viele verlassen zwangsweise ihre Heimat, weil Trockenheit ihre Felder verdorren lässt, weil Krankheiten die Menschen in ganzen Regionen wegraffen. Das sind dann Umweltflüchtlinge. Diese haben zum Teil auch wir mit zu verantworten. Deswegen müssen wir uns auch um sie kümmern. Diese Menschen möglichst nah ihrer Heimat zu versorgen und ihnen beim Wiederaufbau zu helfen, das ist unsere Aufgabe.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Unsere humanistisch ausgerichtete Außenpolitik vergisst dabei nicht, dass Menschen auch andere Bedürfnisse haben als Essen oder ein Dach über dem Kopf. Menschen sehnen sich nach Freiheit und nach einem selbstbestimmten Leben, auch unsere Nachbarn im Osten. Die Mittel für die Östliche Partnerschaft, von der im großen Umfang die Ukraine profitiert, stocken wir um 3 Millionen Euro auf jetzt 17 Millionen Euro auf. Das hört sich nicht nach viel an, ist aber für die 2 000 Projekte, die sich darum bewerben und von denen nur ein Teil zum Zug kommt, von erheblicher Bedeutung. Einen Offenen Kanal, also ein Bürgerfernsehen, in der Ukraine zu haben, in der die Fernsehprogramme in wenigen privaten Händen liegen, hat etwas mit Demokratieentwicklung zu tun. Er ist Teil der gefahrfreien Meinungsäußerung, die noch nicht in allen Ländern der Östlichen Partnerschaft angekommen ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Von besonderer Bedeutung für die deutsche Außenpolitik ist und bleibt allerdings die Kultur- und Bildungsarbeit. Deswegen stärken wir unsere Flaggschiffe wie den Deutschen Akademischen Austauschdienst und die Alexander-von-Humboldt-Stiftung in diesem Jahr mit zusätzlich 12 Millionen Euro.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Sie vermitteln nämlich nicht nur deutsche Kultur und damit auch deutsche Sprache und Lebensweise, sondern sie vergeben auch Stipendien. Interessierte junge Menschen studieren bei uns. Manche bleiben bei uns, weil wir sie haben wollen. Andere gehen wieder zurück und helfen ihren Ländern als Ärzte, Juristen, Ingenieure usw., unterstützen also ihr Land, damit es vorwärtskommt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das Goethe-Institut, das neben Sprachen und Kultur auch Projektarbeit in 98 Ländern betreibt, wird zusammen mit dem Französischen Institut ein deutsch-französisches Institutsnetz mit zehn Einrichtungen aufbauen und dabei seine digitalen Angebote in allen Bereichen erweitern. Dafür bekommen sie von uns 15 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Das ist gut angelegtes Geld; denn viele Länder sind sehr daran interessiert, ein Goethe-Institut zu haben. Das Goethe-Institut hat nämlich eine sehr hohe Glaubwürdigkeit und genießt allerorts größtes Vertrauen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Das hilft schon, wenn man in Ländern ist, die noch kein fortgeschrittenes demokratisches System haben und in denen Literatur, Gedankengut und Medien nicht so umfangreich im Angebot sind, an das die daran Interessierten sowieso nicht herankommen. Auch die Deutsche Welle oder unsere Stiftungen helfen, sind Aufklärer vor Ort und beraten, wie man welche politischen Prozesse gestalten kann. Also ist auch das gut angelegtes Geld.
Unsere Partnerschulen, die wir von 500 auf 2 000 weltweit ausbauen konnten, konnten die Zahl der Deutschlernenden aktuell auf 600 000 weltweit steigern: eine richtige Erfolgsgeschichte. Deshalb erhöhen wir deren Etat auch um 3 Millionen Euro; wir wollen diese Geschichte fortschreiben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP])
Wir haben auch viele weitere Projekte, die ich jetzt nicht alle aufzählen kann, die aber das gute Bild von Deutschland nach außen zeichnen. Hilfe in akuter Not, Krisen frühzeitig eindämmen, afrikanische Länder stärken in ihrer Fähigkeit zur Krisenprävention und -eindämmung, demokratische Entwicklungen unterstützen, Menschen der deutschen Sprache bemächtigen, sie ausbilden und damit auch ihren Herkunftsländern helfen: So wird es ein in sich geschlossenes Bild der deutschen Außenpolitik, die wir im Haushaltsausschuss unterstützen und stärken.
Wie gesagt, mit einem Haushaltsansatz von 5,45 Milliarden Euro können wir die Welt nicht retten, aber wir können sie wenigstens ein kleines Stück besser machen. Dafür möchte ich an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Mutterhaus, in den Botschaften und Konsulaten und unseren Mittlerorganisationen weltweit Danke sagen. Ich hoffe, Sie sehen das genauso und unterstützen uns mit Ihrer Zustimmung zum Einzelplan 05.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7251368 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 45 |
Tagesordnungspunkt | Auswärtiges Amt |