Michael Georg LinkFDP - Auswärtiges Amt
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein kleiner Exkurs zum EU-Haushalt, über den wir ja gerade gesprochen haben: Wir werden ihn hoffentlich bald ausführlich diskutieren. Auch ein kleiner Exkurs in die Parteipolitik: Herr Kollege Wadephul, Sie wissen, ich schätze Sie sehr. Ich würde Sie aber gern einmal zum ALDE-Parteitag einladen. Wenn Sie beim letzten gewesen wären, hätten Sie hören können, wie Christian Lindner in seiner Rede im Kreise unserer Freunde der ALDE – wir freuen uns auf die nächste Europawahl, aus der die ALDE-Fraktion deutlich stärker hervorgehen wird – die europapolitischen Grundsätze dargelegt hat, und zwar in einer Art und Weise, bei der, glaube ich, viele, auch Kolleginnen und Kollegen in der Union, noch sehr viel mehr Proeuropäisches dazulernen könnten;
(Beifall bei der FDP)
denn wir stehen dezidiert für den Erhalt des Schengen-Raumes. Wir sind gerade eben nicht für Zurückweisungen aufgrund von flächendeckenden Kontrollen. Wir haben immer deutlich gemacht: Es geht um Stichproben, und wir wollen uns ganz entschieden dafür einsetzen, die Errungenschaften der EU zu erhalten.
(Beifall bei der FDP)
Man kann aber trefflich über den besten Weg dahin streiten. Es geht darum, welche Instrumente die besten sind, um das Projekt zu verwirklichen und das Ziel zu erreichen. Da gibt es zum Glück in der Demokratie einen Wettstreit, den wir gerne vor die Wählerinnen und Wähler tragen.
Herr Minister, Sie haben völlig zu Recht und, wie ich finde, auch wirklich beeindruckend die Aufgaben, die Ihr Haus hat, beschrieben – völlig klar –, ob China, ob die USA, all diese Bereiche. Umso mehr wundere ich mich, dass angesichts dieser Mehrarbeit, die für die deutsche Diplomatie anfällt, für die Substanz des Auswärtigen Amtes in diesem Haushalt so wenig übrig bleibt. Das passt nicht zusammen.
(Beifall bei der FDP)
Das ist eine Sache, die nicht auf mangelnder Unterstützung aus dem Haushaltsausschuss beruht. Da will ich mich ausdrücklich auch bei den Berichterstattern der Koalition bedanken: Kollegin Barnett, Kollege Karl, wir können gemeinsam als Berichterstatter – Sie sagen zu Recht, es ist ein Haushalt des Parlaments – viel machen.
Wir werden aus der Opposition heraus mit den anderen Fraktionen, die das so ähnlich sehen – ich habe Kollegin Deligöz und Kollegen Leutert da gehört –, weiter streiten, zum Beispiel für die Personalreserve. Sie ist gesetzlich zugesichert. Wer verweigert sie Ihnen? Das BMF, Ihr eigenes Haus? Ich kann es mir nicht vorstellen. Wenn es ein anderes Haus ist, dann lassen Sie uns gemeinsam als Parlamentarier daran arbeiten, dass umgesetzt wird, was im Gesetz steht.
(Beifall bei der FDP)
Wir als FDP-Fraktion stehen gerne dafür zur Verfügung; denn die Zuwächse – ja, es sind dieses Jahr Zuwächse da, und es ist erfreulich, dass mehr in die humanitäre Hilfe und die Krisenprävention geht – sind begrenzt; Kollege Lambsdorff hat das vorhin sehr deutlich aufgezeigt.
Die Zuwächse fließen 2018 ausschließlich in die durchlaufenden Posten der humanitären Hilfe und der Krisenprävention. Für die Substanz bleibt extrem wenig übrig. Die Substanz aber bröckelt. Es ist wie bei einem Gebäude: Wenn das Fundament nicht stimmt, bricht der Boden irgendwann weg. Es ist kein Alarmismus der Opposition, sondern die Realität dieses Einzelplans, dass mehr in die Substanz gesteckt werden muss, zum Beispiel bei der Infrastruktur und bei der Sicherheit der Gebäude. Ja, es wird gebaut. Wir haben sogar unverbaute Reste, weil es Engpässe beim Verbauen gibt. Das alles stimmt. Aber es reicht nicht einmal annähernd, all die Botschaften schnell auszubauen, die unverzüglich ausgebaut werden müssten.
Was die Personalreserve angeht, kann ich sagen: Wir werden das, Kollegin Deligöz, gerne wieder aufgreifen. Dann werden wir gemeinsam so lange Druck machen, bis da endlich etwas passiert.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir sind dankbar, dass für den UNHCR punktuell ein bisschen mehr gemacht wird. Ja, das ist okay. Aber auch die brauchen nicht nur Programmgelder. Die brauchen Grundunterstützung. Der UNHCR ist einer unserer besten Partner im VN-System. Deutschland sitzt ab 2019 wieder im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Was machen Sie 2020? Sie senken den Haushalt von 2019 auf 2020 – Sie hören jetzt richtig – um 648 Millionen Euro, und das, während Deutschland im Sicherheitsrat sitzt. Das passt hinten und vorne nicht zusammen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alois Karl [CDU/CSU]: Das beraten wir doch erst!)
– Das ist aber letzten Endes die Realität.
Das passt vor allem nicht in einer Situation, in der – nehmen wir ein anderes Beispiel – viele Betroffene, aber auch die deutsche Wirtschaft darunter leiden, dass es bei Konsulaten, um nur einen Antrag abzugeben, Wartezeiten von über einem Jahr gibt. Kollege Leutert hat Sarajevo erwähnt. Ich muss Sie enttäuschen: Die Wartezeit ist nach den neuesten Auskünften noch länger. Über ein Jahr muss man warten, bis man überhaupt einen Terminantrag stellen kann. Da hat man noch kein Visum, und da hat man auch noch kein Arbeitsvisum. Darunter leiden alle: der Antragsteller, derjenige, der die Person beschäftigen will, die deutsche Wirtschaft – alle. Wir machen uns auch zum Gespött der Partnerstaaten, in denen das teilweise sehr, sehr viel schneller geht.
Es gibt in diesem Haushalt zahlreiche Achillesfersen, die wir angehen müssen, damit die Substanz nicht weiter bröckelt. Lassen Sie uns die Haushaltsberatungen für 2019 intensiv dafür nutzen. Es gibt viele Dinge, die wir uns da anschauen können.
Ein Punkt, mit dem wir vielleicht beginnen müssten, ist die Effizienz des deutschen Außenauftritts. Wir leisten uns zu viel Unabgestimmtes zwischen den Einzelplänen 05 und 23. Das ist ein furchtbares Fachwort. Für die Gäste, die uns zuhören, sage ich: Es geht um das Auswärtige Amt und um das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zwischen den Bereichen Außen und Entwicklung leisten wir uns also eine ganz schlechte Abstimmung.
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Sie können ja den Kollegen Niebel als Experten hinzuziehen!)
Seit 2015 ist eine Verfünfzehnfachung der Gelder eingetreten. Seit 2015 – das ist bekanntlich die Zeit der Großen Koalition gewesen – kam es, wie gesagt, zu einer Verfünfzehnfachung der Mittel, und seither ist die Abstimmung zwischen diesen Bereichen miserabel.
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Ihr FDP-Minister hat das doch damals verbockt!)
Wir leisten uns außerdem den Zustand, dass beide Häuser aufeinander schauen wie Hase und Igel: Sie buhlen um die gleichen Gelder, und sie buhlen um die gleichen Aufgaben. Wir sprechen international oft mit zwei verschiedenen Stimmen. Auch das kann nicht so bleiben.
Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns beim Haushalt für 2019 besser machen, was wir beim Haushalt für 2018 versäumt haben. Wir Freie Demokraten stehen gerne dafür bereit. Wir freuen uns bereits jetzt auf die nächsten Haushaltsberatungen, die ja bereits im September dieses Jahres beginnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Nächster Redner ist Andrej Hunko für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7251391 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 45 |
Tagesordnungspunkt | Auswärtiges Amt |