Werter Herr Präsident! Werte Kollegen! Werte Besucher des Bundestages und Zuschauer am TV! Sie können das größte Schauspiel für die Bürger unseres Landes aufführen, das man sich vorstellen kann.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Sie haben die Hauptrolle darin!)
Sie können dafür die besten Dramaturgen buchen, die Sie für Geld bekommen können, und Sie können das Ganze von Werbestrategen, die sich die besten Werbekampagnen ausdenken, auf allen Kanälen und in allen Medien verbreiten lassen. Damit können Sie dann den Bürgern weismachen, Sie würden alles tun, um die Flüchtlingsströme in unserem Land in den Griff zu bekommen.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Nicht schon wieder!)
Sie können so tun, als würde daran Ihre Regierungskoalition fast zerbrechen, und uns alle zu Statisten dieser dramaturgischen Posse machen, die bis zum Äußersten gesteigert wird. Aber eines können Sie nicht: Sie können den Bürgern nicht Reichtümer in die Geldbörse lügen, die diese offensichtlich nicht finden, wenn sie diese aufmachen; denn da herrscht gähnende Leere.
(Beifall bei der AfD – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Wie in Ihrer Rede, Herr Kollege! Da herrscht auch gähnende Leere!)
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU, CSU und SPD, die Sie der aktuellen Regierungskoalition angehören, und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP und den Grünen, die Sie den vergangenen Regierungskoalitionen seit Einführung von Hartz IV angehörten, Sie alle haben zu verantworten, dass Millionen Bürger unseres Landes durch das Hartz-IV-System zu arbeitenden Armen gemacht wurden.
(Beifall bei der AfD)
Mit denen können Sie sich einmal über das Nichts in ihrer Geldbörse unterhalten. Da können Sie noch so oft verbreiten lassen, dass es unserem Land wirtschaftlich so gut geht und Sie zum wiederholten Mal einen Haushalt mit einer schwarzen Null vorlegen. Aber wir haben ja natürlich nahezu Vollbeschäftigung. Millionen Einkommensschwache, ob Arbeitslose, Niedriglohnempfänger, Langzeitarbeitslose, machen ihre Geldbörse auf, und dann ist da nicht nur nichts drin, sondern sie haben auch keine Perspektive mehr in diesem Land. Um die müssen wir uns kümmern, und zwar bevor wir Bedürftige aus aller Welt zu uns einladen und ihnen die Steuermittel zuteilwerden lassen, mit denen wir alles Mögliche tun könnten, um die Situation unserer eigenen einkommensschwachen Bürger zu verbessern.
(Beifall bei der AfD)
Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren den Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger auch noch systematisch nach unten gerechnet. Die Grundlage für die Hartz-IV-Sätze stimmt nicht mehr. Man hat sie 2011 zum Nachteil der Leistungsbezieher geändert. Der Hartz-IV-Regelsatz liegt heute bei 416 Euro, müsste aber bei 571 Euro liegen, wenn er genauso berechnet würde, wie es eigentlich schon 2011 angedacht war. So spart man 25 Milliarden Euro pro Jahr auf den Schultern der Einkommensschwächsten. Die, die sowieso schon nichts haben, helfen auch noch unfreiwillig mit, dass sich die Regierung mit einer schwarzen Null im Haushalt brüsten kann.
(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Pfui!)
Die Regierung weiß natürlich, warum sie die Hartz-IV-Sätze nicht anhebt. Das hat etwas mit der Einkommensteuer zu tun, weil sich deren Grundfreibetrag am Hartz-IV-Satz orientiert. Überhöht man den Hartz-IV-Satz, steigt der Einkommensteuerfreibetrag für niedrige Einkommen. Das kann es doch nicht sein. Da sitzen zwei Parteien, die beide das Wort „sozial“ in ihrem Namen tragen, seit einer gefühlten Ewigkeit in der Regierung, und der Lebensstandard derjenigen, die am wenigsten haben, hat in dieser Zeit eine Entwicklung nach unten gemacht, die in der Nachkriegsgeschichte einmalig ist. Das, was Sie aus einem einst blühenden Wirtschaftswunderland gemacht haben, ist hinsichtlich der sozialen Verantwortung und der Solidarität mit Einkommensschwachen eine reine Mogelpackung.
(Beifall bei der AfD)
Wie das Statistische Bundesamt im November 2017 mitteilte, waren in Deutschland im Jahr 2016 20 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Das ist ein Viertel der Bevölkerung.
(Abg. Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Nein, ich lasse Zwischenfragen nicht zu. – Die Regierungsparteien der letzten Jahre, allen voran die SPD, haben aber nicht nur die soziale Verantwortung gegenüber den Bürgern ihres eigenen Landes aus den Augen verloren und sie beispielsweise bei den Hartz-IV-Leistungen über den Tisch gezogen, sondern sie haben auch dafür gesorgt, dass die Kluft zwischen Reich und Arm in Deutschland heute wieder so groß ist wie vor hundert Jahren.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Woher haben Sie denn die Zahlen?)
Neben dem wachsenden Niedriglohnsektor und der verfehlten Steuerpolitik ist die Privatisierung von Staatsvermögen eine der Ursachen. Wir alle erinnern uns an die Privatisierung der netzgebundenen Infrastruktur: Energieversorgung, Telekom, Post und Bahn. Dann kam die Privatisierung der lokalen sozialen Infrastruktur: Immobilien, Wohnungsbau, Gesundheit, Bildung usw. Das alles ging einher mit massivem Beschäftigungsabbau und Lohndumping bei den verbliebenen Arbeitnehmern. Darum müssen wir etwas ändern. Es genügt nicht, Mittel hin- und herzuschieben und die Sozialausgaben jedes Jahr zu erhöhen.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Und was wollen Sie jetzt machen?)
Der Etat für Arbeit und Soziales ist mit 140 Milliarden Euro der mit Abstand größte Einzeletat im Bundeshaushalt. Wir brauchen kein Weiter-so. Wir brauchen grundlegende Reformen, die unser Land zukunftsfähig machen,
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Was denn, Herr Witt! Sagen Sie es doch! Sie schwätzen! – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sie wollen die Rente abschaffen! Ist das richtig?)
und die erkenne ich in dem vorgelegten Sozialhaushalt nicht.
Wir brauchen eine Arbeits- und Sozialpolitik, die sich zuerst um unsere eigenen Bürger kümmert, den Niedriglohnsektor herunterfährt und den Leuten wieder ein auskömmliches Leben ermöglicht.
(Beifall bei der AfD)
Dass diese notwendigen Veränderungen ausgerechnet von denen kommen, die dieses Land in die heutige prekäre Lage gebracht haben, kann man nicht erwarten.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!)
Und es ist ja auch alles gut, nicht wahr? Der „Dieselmotorhaushalt“ hat das auf dem Papier präsentierte Gesamtergebnis nur dank einer ausgefeilten Täuschungstechnik erreicht, und an dieser Vorgehensweise wollen Sie weiterhin festhalten. Wir nicht! Daher lehnen wir den Einzelplan 11 ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Verschwendete Lebenszeit!)
Der Abgeordnete Sven Lehmann von Bündnis 90/Die Grünen erhält die Gelegenheit zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7252126 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |