05.07.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt I.16

Michael TheurerFDP - Arbeit und Soziales

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! In einem Punkt, sehr geehrter Herr Minister Heil, haben Sie völlig recht: Die Lage in Deutschland ist gut. Wir stehen, wenn wir Europa mit der Welt vergleichen, für nur 7 Prozent der Weltbevölkerung, aber für 25 Prozent der Wirtschaftsleistung und weltweit für 50 Prozent der Sozialausgaben. Das heißt also: Es gibt viel zu verteidigen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das bezweifle ich! 50 Prozent? Niemals!)

Wir haben allerdings den Eindruck, wenn wir uns die Politik der GroKo in der letzten Legislaturperiode anschauen, dass beim Rentenpaket Entscheidungen getroffen worden sind, die zulasten künftiger Generationen gehen. Nach Berechnungen des Professors Dr. Bernd Raffelhüschen aus Freiburg

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist ein Lobbyist!)

beläuft sich die Belastung der Mütterrente, der Erwerbsminderungsrente und der Rente mit 63 auf 160 Milliarden Euro, die auf künftige Generationen verlagert werden.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Für wie viele Jahre denn?)

Diese Politik ist nicht enkelfit, sie ist nicht generationengerecht, und deshalb warnen wir davor, dass Sie diese falsche Politik jetzt fortsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Der Chefökonom des Bundesfinanzministeriums, Ludger Schuknecht, hat Anfang des Jahres auf die Gefahren einer solchen Politik hingewiesen. Er sagt, das Erwirtschaften muss vor dem Verteilen kommen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wer hat das größte Bruttoinlandsprodukt der Erde?)

Und jetzt warnt auch die Präsidentin der Rentenversicherung, Frau Roßbach, davor, dass die Pläne der Großen Koalition eben nicht aus den Beiträgen zur Rentenversicherung bezahlt werden dürfen, sondern, weil es versicherungsfremde Leistungen sind, aus dem Haushalt.

Schon heute macht der Haushalt Ihres Ministeriums 40 Prozent des Gesamthaushaltes aus. Deshalb ist es auch falsch, wenn Sie immer behaupten, der Schwerpunkt in Deutschland würde nicht auf Sozialpolitik gesetzt werden. Im Gegenteil! Und genau hierin liegen die Risiken. Die 100-Milliarden-Grenze beim Zuschuss zur Rentenversicherung wird voraussichtlich bereits im Jahr 2020 gerissen werden. Hier liegt das größte Risiko dieses Haushaltes und aller künftigen Haushalte, und dieses Risiko muss unbedingt vermieden werden.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe den Eindruck, dass viele hier in diesem Haus nicht wissen, wovon die Renten der Zukunft eigentlich abhängig sind. Sie sind von der Beschäftigungsquote abhängig. Von der Zahl der Arbeitsplätze sind sie abhängig. Auch von den Einkommen, die hier erzielt werden können, sind sie abhängig. Diese Einkommen werden in Zukunft nur erzielt werden können, wenn wir endlich den Schwerpunkt auf eine Digitalisierungsoffensive, auf eine Bildungsoffensive, auf Investitionen in die Zukunft und nicht auf Ausgaben legen, die konsumieren. Wir müssen mehr investieren und weniger konsumieren. Das ist der Unterschied zu Ihrer Politik.

(Beifall bei der FDP – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Machen wir doch!)

Im Übrigen brauchen wir – so hat es Christian Lindner hier gestern gefordert – einen gesamtgesellschaftlichen Konsens, einen Grundkonsens in der Flüchtlings- und Migrationspolitik. Ich war bei den Wirtschaftsjunioren in Heidenheim. Drei Unternehmerinnen und Unternehmer sind aufgestanden und haben davon berichtet, dass Arbeitskräfte zurückgeschickt worden sind, Migranten, die sich hier integrieren wollen, die arbeiten wollen, die dringend gebraucht werden, zum Beispiel in der Gießerei. Ich sage: Es kann nicht sein, dass wir diejenigen, die hier einen Arbeitsplatz haben, die die Sprache lernen, die sich integrieren wollen, die dringend gebraucht werden, zurückschicken, aber jene nicht zur Ausreise bringen, die bei uns auf Bahnhofsvorplätzen straffällig geworden sind.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Wir brauchen ein Zuwanderungsgesetz, meine Damen und Herren.

In Zeiten, in denen die Steuereinnahmen kräftig sprudeln, ist es auch an der Zeit, die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Wir wollen den Soli abschaffen. Wir wollen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung absenken.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Auch das machen wir!)

Und nein: Diese Regierung entlastet die Bürgerinnen und Bürger nicht; denn das bisschen Entlastung bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung wird durch steigende Beiträge bei der Pflege wieder aufgefressen.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Abwarten, Herr Theurer!)

Kommen Sie mir jetzt auch nicht mit der Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung um 0,1 Prozentpunkte. Das ist ein trojanisches Pferd. Da wollen Sie durch Nebelkerzen Zustimmung erreichen zu einer Politik, die weitere Ausgaben in Milliardenhöhe erfordert.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gut so! Wir brauchen diese Ausgaben!)

Herr Minister Heil, Sie haben angekündigt, einen Gesetzentwurf vor der Sommerpause vorzulegen, der weitere milliardenschwere Belastungen zulasten künftiger Generationen beinhaltet. Sie haben ihn nicht vorgelegt. Sie legen ihn vor der Sommerpause offensichtlich auch nicht mehr vor; das ist das Beste an dieser Nachricht. Vielleicht haben Sie bewusst kein Jahr genannt, wann Sie diesen Gesetzentwurf vorlegen wollen. Wir sagen: Jedes Jahr, in dem Sie diese Mehrbelastungen nicht vorlegen, jedes Jahr, wo dieser Gesetzentwurf weiter verschoben wird, ist ein gewonnenes Jahr für die zukünftigen Generationen. Wir fordern, dass die Rentenpolitik, die Sozialpolitik in diesem Land endlich wieder enkelfit, also generationengerecht, wird.

(Beifall bei der FDP)

Der nächste Redner ist der Kollege Axel Fischer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7252131
Wahlperiode 19
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Arbeit und Soziales
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