Matthias MierschSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Regierung ist jetzt etwas mehr als 100 Tage im Amt. Insofern, glaube ich, sind die Anforderungen an diesen Haushalt nicht zu hoch zu stellen. Aber ich möchte mich an dieser Stelle ganz besonders bei unseren Haushältern bedanken, an vorderster Front bei Uli Freese.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es eben schon gehört: Es wird sehr schnell um den Haushalt 2019 gehen. Dann will ich schon sagen, dass das Bild, Frau Bundesministerin, das hier gezeichnet wird, aus meiner Sicht unvollständig ist. Denn aktuell sehen wir, dass immer mehr landwirtschaftliche Betriebe aufgeben, dass wir eine Entwicklung bekommen, wo Mensch, Tier, Natur und Boden dermaßen unter Druck kommen, dass wir die planetaren Grenzen nicht nur erreichen, sondern an vielen Stellen tatsächlich überschreiten. Deswegen geht es hier um politische Rahmensetzung, um die wir ringen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Wenn der Europäische Gerichtshof die Bundesrepublik Deutschland verurteilen muss, weil wir die EU-Wasserrahmenrichtlinie aufgrund des hohen Nitrateintrags verletzen, dann sehen wir doch, dass wir einen dringenden Handlungsbedarf haben, gerade wenn es um die Frage unserer Landwirtschaft, unseres Wirtschaften geht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Ich will Ihnen sagen, dass wir als SPD-Bundestagsfraktion die Erwartung haben, dass vor allen Dingen in vier Bereichen in den nächsten Monaten Bewegung entsteht und auch entsprechende Rahmenbedingungen gestaltet werden.
Der erste zentrale Punkt ist ein einheitliches Vorgehen dieser Bundesregierung im Rahmen der europäischen Agrarpolitik. Es kann nicht sein, dass wir öffentliche Gelder nach dem Gießkannenprinzip einfach so vergeben, ohne dass öffentliche Güter mit diesen Geldern geschützt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Kollege Freese hat ja recht: Die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland sind sehr unterschiedlich. Deswegen wird man gucken müssen, wie zielgenau es geht. Aber: Ich glaube, es geht nicht, dass einfach die Größe entscheidet und dementsprechend die Gießkanne angesetzt wird. Das müssen wir beenden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich wünsche mir, dass Umwelt- und Landwirtschaftsressort hier mit einer Stimme sprechen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Der zweite Punkt. Man sieht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Bürgerinnen und Bürger merken: Hier geht was schief. Ich meine das Thema Tierwohl. In der Tat ist es so, dass sich einige Private auf den Weg gemacht haben. Aber wir sehen: Es ist ein Wirrwarr, und eigentlich kann kein Verbraucher augenblicklich einschätzen, was das jeweilige Siegel wert ist. Deswegen brauchen wir ein Tierlabel. Ich sage allerdings auch: Wir sollten alles versuchen, dass es eine Marktdurchdringung gibt, und deswegen sollten wir auch alles versuchen, dieses Label verbindlich umzusetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Aber das kann keine Einbahnstraße sein. Wir sehen an dieser Debatte wieder, dass wir jetzt zwar nur den Haushalt eines Ressorts diskutieren, dass es aber natürlich auch viel mit Bewusstsein zu tun hat. Deswegen sage ich hier auch: Es können nicht alleine die Landwirte sein, die es dort leisten müssen, sondern das geht auch die Verbraucherinnen und Verbraucher und natürlich auch den Lebensmitteleinzelhandel etwas an.
Aber an dieser Stelle zeigt sich, glaube ich, was Gerechtigkeit bedeutet. Denn wenn es nur wenigen in Deutschland möglich ist, qualitativ hochwertige Lebensmittel zu kaufen, dann ist das eben eine elementare Frage. Insofern, Frau Ministerin Klöckner: Sie haben hier eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und deswegen werden wir Sie unterstützen, wenn es hier um Zielgenauigkeit von Förderung geht. Manchmal habe ich den Eindruck, dieses Bewusstsein ist in Ihrem Haus noch nicht ganz ausgeprägt.
(Beifall bei der SPD)
Der dritte Punkt. Da will ich vielleicht eine Vermittlung zwischen Grünen und der Ministerin versuchen. Natürlich ist das Thema Neoniks nur ein kleiner Bestandteil des gesamten Problems. Wir haben im Koalitionsvertrag – da müssen Sie noch liefern – ja nicht nur eine Reduktionsstrategie in Sachen Glyphosat vereinbart, sondern den Ausstieg; daran will ich nur mal am Rand erinnern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber das Thema ist natürlich ein viel weiteres, weil wir doch wissen: Wird Glyphosat verboten, kommen sofort die nächsten Patentanträge und Zulassungsverfahren. Es geht auch um die Systemfrage: Warum brauchen wir diesen Mitteleinsatz denn? Weil wir eben alles rauspressen, weil wir Fruchtfolgen nicht mehr einhalten. Insofern brauchen wir in diesem Land wieder eine Besinnung auf nachhaltige Landwirtschaft.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das „Immer höher, immer weiter“ wird auch dadurch geprägt, dass Produktionsmethoden angewendet werden, die die Marktmacht von wenigen stärkt. Insofern sage ich Ihnen auch: Für uns Sozialdemokraten ist es unerlässlich, dass wir noch in diesem Jahr das Gentechnikrecht verabschieden.
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Wir wollen, dass die Ängste der Verbraucherinnen und Verbraucher ernst genommen werden und wir die Gentechnik flächendeckend in Deutschland verbieten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Miersch. – Als Nächstes für die FDP-Fraktion der Kollege Dr. Gero Hocker.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7252168 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |