05.07.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt I.18

Nicole HöchstAfD - Bildung und Forschung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Frau Ministerin! Insgesamt 22 000 Projekte werden durch das BMBF mit etwa 17,5 Milliarden Euro Steuermitteln unterstützt. Es drängt sich dabei der Eindruck auf, dass wohlfeil nach dem Gießkannenprinzip verfahren wird; denn ein schlüssiges Konzept ist nicht zu erkennen. Auch berühren sich vielfach Projekte und Initiativen mit den eigentlichen Zuständigkeitsbereichen der Bundesländer. Prestigeprojekte mit Schaufenstereignung werden bevorzugt. Zutage tritt doch vor allem eines: Bildungspolitik in Deutschland folgt seit einigen Jahren bedenklichen ideologischen Strömungen. Die große Fraktion der Deutschland-Abschaffer betätigt sich hier auch als Koalition von Regierungs- und Oppositionsparteien im besten Orwell’schen Sinne als Doppeldenk: Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke.

(Beifall bei der AfD)

Sie, meine Damen und Herren, betreiben insgesamt gesehen die Zerstörung von Bildung im Namen von Bildung. In der Psychologie wird das bei Orwell beschriebene Phänomen übrigens als kognitive Dissonanz bezeichnet. Auch dieser Haushalt zeigt das deutlich.

(Beifall bei der AfD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie das von Russia Today abgeschrieben?)

Frau Ministerin Karliczek hat in diesem Hohen Hause, so auch heute, sinngemäß verkündet, wir bräuchten mehr Meister als Master. Mir als jemandem, der selbst zig Plakate mit dieser originären AfD-Forderung „Deutschland braucht mehr Meister statt Master“ aufgehängt hat, sprach sie damit aus der Seele. Leider ist diese vollmundige Ankündigung nicht wirklich im Bildungshaushalt angekommen. Sie wird auf 2019 verschoben.

Immerhin bringt Ihr Ministerium gemeinsam mit dem Parlament zwei wichtige Enquete-Kommissionen auf den Weg – hoffentlich –: eine zur künstlichen Intelligenz und eine zur beruflichen Bildung in der digitalen Arbeitswelt, was wir von der AfD ausdrücklich begrüßen. Wir werden uns dort unideologisch und pragmatisch mit unserer Expertise einbringen – versprochen!

(Beifall bei der AfD – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Da sind wir aber gespannt! Das wäre ja was ganz Neues! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Chefideologen!)

So weit, so gut.

In geradezu sträflicher Weise liegt derweil die Unterstützung der beruflichen Bildung regierungsseitig auf Eis, und das, obwohl im Bundestag Einigkeit herrscht, dass wir sie stärken müssten. Die AfD hatte diesbezüglich Anträge gestellt. Wir forderten unter anderem eine massive Aufstockung von 44 Millionen Euro für die Begabtenförderung in der beruflichen Bildung sowie 13 Millionen Euro mehr für bessere Berufsorientierung der Schüler. Hm – die Anträge sind einmütig abgelehnt worden, obgleich sogar Vorschläge zur Gegenfinanzierung gemacht worden waren. Schämen Sie sich!

(Beifall bei der AfD – Oliver Kaczmarek [SPD]: Sie wollten die Klimaforschung abschaffen!)

Liebe Regierung, liebe Serviceopposition, Sie zeigen damit doch in großen, leuchtenden Neonbuchstaben die Haushalt gewordene Ausprägung Ihrer eigenen kognitiven Dissonanz:

(Beifall bei der AfD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der LINKEN: Oh! – Ah!)

Stärkung der beruflichen Bildung durch weitgehende Beibehaltung des Ungleichgewichts zwischen beruflicher Bildung und akademischer Bildung. Hä?

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Dabei ist das so einfach, Frau Karliczek: Sie sind an der Regierung; Sie können nicht nur fordern, Sie können Forderungen auch umsetzen. Verstehen Sie das?

Der Versuch, die europäischen Hochschulsysteme nach US-amerikanischem Import zu amalgamieren und zu bolognatisieren, ist krachend gescheitert. Ringen Sie doch bitte mal der Realität die Erkenntnis ab, dass es ein schwerer Fehler sein kann, alle nationalen Besonderheiten auszulöschen.

(Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE]: Was ist denn das? – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Überlegenheit der deutschen Rasse!)

Erkennen Sie stattdessen die Vorteile, die die Vielfalt unterschiedlicher Bildungstraditionen auf globaler Ebene gerade für den Wettbewerb bietet.

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Und hören Sie endlich auf, auf europäischer Ebene weitere unsinnige Gleichmacherei zu betreiben. Es wird als Nächstes die berufliche Bildung treffen.

Wir erleben in Deutschland den Versuch der Transformation unserer Gesellschaft in eine Art schöne neue Welt, in der versucht wird, kulturelle Eigenheiten auszuradieren und durch einen globalen Konsumgütermarkt zu ersetzen.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Oh mein Gott!)

Die AfD hält die vorherrschende Bildungsmaxime der Ökonomisierung von Bildung für einen kapitalen Fehler,

(Beifall bei der AfD)

weil diese in Schulabgängern nur noch konsumorientiertes Humankapital sieht, welches im besten Fall auch noch von morgens bis abends damit beschäftigt ist, sich zu überlegen, ob es Männlein oder Weiblein ist.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der LINKEN: Hey, Stimmung!)

Werte Kollegen, Ihre neoliberale Bildungsoffensive ist in Wahrheit eine Offensive gegen die Bildung. Sie will Bildung auf Kompetenz reduzieren und Haltungen auf Verhalten. Sie versuchen, in letzter Konsequenz Bildung zu maschinisieren.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Oijoijoi!)

Ihr Anspruch ist es, Schulabsolventen zu Könnern zu machen, die seelenlose Kompetenz mit beliebigen Inhalten produzieren –

(Stephan Albani [CDU/CSU]: O Gott!)

ohne Sinn, ohne Glück, ohne Hoffnung und ohne Zufriedenheit,

(Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU]: Schämen Sie sich, Frau Kollegin, schämen Sie sich!)

ohne Geist und ohne Verstand.

(Zuruf von der CDU/CSU: So wie Sie!)

Trostlose neue Welt!

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lehrer werden zu Kompetenzbeschaffungsgehilfen degradiert und im schlimmsten Falle wegdigitalisiert. Bildung wird dehumanisiert, Gedöns jedoch gefördert.

Noch in ihrem heruntergekommensten Zustand

(Zuruf von der SPD: Aufhören!)

ist Bildung ein Hoffnungsträger, ein Zukunftsweiser.

(Christoph Meyer [FDP]: Ja, für Sie!)

Bitte kurieren Sie deshalb dringend Ihre kognitive Dissonanz, meine Damen und Herren. Stärken Sie die berufliche Bildung, indem Sie sie stärken zum Wohle des deutschen Volkes.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Nächster Redner: Oliver Kaczmarek für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7252195
Wahlperiode 19
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Bildung und Forschung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta