Peter BoehringerAfD - Haushaltsgesetz 2018
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schlussrunde: Greifen wir also vor Abschluss des 18er-Haushalts noch auf, was noch abgearbeitet gehört.
Herr Boehringer, eine Sekunde bitte. – Würden Sie sich bitte hinsetzen oder entscheiden, ob Sie rausgehen wollen oder nicht. Wir wollen jetzt noch eine gute Schlussdebatte haben.
(Martin Schulz [SPD]: Dann muss aber ein anderer Redner anfangen! – Beifall bei Abgeordneten der SPD)
– Nein, Sie setzen sich jetzt bei Herrn Boehringer hin. Er hat jetzt das Rederecht. Da sollen sich bitte alle hinsetzen.
Danke, Frau Präsidentin. – Im Raum steht zunächst dieses Zitat des Finanzministers aus der Etatdebatte:
Was sind nun diese Lösungen? Die EU und das BMF streben neue Kapitalvorschriften an. Große Banken sollen künftig 8 Prozent ihres Kapitals als Haftungspuffer vorhalten, bevor dann bei Bankenpleiten der Steuerzahler einspringen muss. Dazu sollte man wissen, dass es bereits seit 2016 einen Abwicklungsfonds der privaten Banken für diesen Zweck gibt. Dieser Fonds soll etwa 60 Milliarden Euro umfassen. Das ist angesichts der gewaltigen Bilanzsummen der europäischen Banken von 30 000 Milliarden Euro geradezu grotesk niedrig angesetzt. Selbst dieser Minifonds wurde in drei Jahren noch nicht einmal zur Hälfte aufgefüllt.
Nun sollen es also 8 Prozent der Bilanzsummen nur der Großbanken sein; das wären 1 650 Milliarden Euro. Man erkennt hier den vollkommen verlorengegangenen Realitätssinn bei der europäischen Krisenplanung. In drei Jahren konnten 25 Milliarden Euro von den Banken eingesammelt werden, und nun verlangt man von ihnen, mal eben das 66-Fache dieser 25 Milliarden Euro aufzubringen. Beim aktuellen Tempo wird dieser Topf dann in genau 200 Jahren aus den Bankgewinnen aufgefüllt sein. Dann ist alles gut; dann immerhin droht dem Steuerzahler nicht mehr, für Fehler der Banken geradestehen zu müssen. Dann endlich wird dieses Versprechen des Ministers wahr werden.
(Beifall bei der AfD)
Minister Scholz, Sie sagten vorgestern hier, dass wir doch bitte rechnen sollen. Gut, das haben wir also jetzt getan. Bitte tun Sie es beim Euro-Rettungsprozess endlich auch einmal – auch wenn wir es dort mit vielen Nullen zu tun haben.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ha, ha!)
Apropos Nullen: Null Qualität hatten auch die Debattensprüche zu unserem Protest gegen die undemokratische Nichtwahl der AfD-Kandidaten in wichtige Geheimdienstkontrollgremien.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/D]: Ja, weil Sie so schlechte Kandidaten aufgestellt haben! Das ist Ihr Problem! Wir müssen nicht jeden von Ihnen wählen!)
Gleich von mehreren Kollegen wurde hier in aller Öffentlichkeit wider besseres Wissen behauptet, wir wollten die Geheimdienste abschaffen –
(Johannes Kahrs [SPD]: Genau!)
und das trotz einer schon in der Ausschusssitzung anderslautenden Protokollerklärung von uns.
(Johannes Kahrs [SPD]: Lesen Sie mal Ihren Antrag!)
Wir haben den Protestcharakter dieser Anträge klargemacht. Die Debattensprüche dazu hier sind einfach nur wichtigtuerische und unredliche Pseudoaufregung vor den Plenarkameras.
(Beifall bei der AfD – Martin Schulz [SPD]: Ausgerechnet Sie! – Dr. Marco Buschmann [FDP]: Sie nutzen den Bundeshaushalt für Protest?)
Ungebührliche Scherze dazu gab es allerdings tatsächlich im Ausschuss, und zwar von Ihrer Seite, vonseiten der Altparteien.
(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
Wir mussten uns beim Einzelplan 14 tatsächlich mit einem Antrag zum Kauf einer Korvette für Herrn Kahrs beschäftigen, damit der Seeheimer Kreis der SPD eine repräsentative Spargelfahrt durchführen kann.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guter Antrag! Da verstehen Sie auch keinen Spaß! So sehen Sie aus!)
Das sind angesichts des ernsten Zustandes unseres Landes die wirklich unangebrachten Debatten; das sollte hier vielleicht auch einmal zur Sprache kommen.
(Beifall bei der AfD)
Und noch eine weitere Richtigstellung. Ein FDP-Redner behauptete hier vorgestern: Die AfD will, dass die BRD aus allen internationalen Organisationen austreten soll. – Ich stelle dazu einfach fest, dass diese Aussage schlichtweg falsch ist. Sie werden von uns dazu überhaupt nur an genau zwei Stellen Kürzungsanträge finden, nämlich zu den Einzelplänen 15 und 23. Damit wollten wir freiwillige Beiträge an internationale Organisationen wohlbegründet ein wenig kürzen. Wir haben nicht einen einzigen Austritt aus internationalen Organisationen gefordert. Wir halten hier also einmal fest: Frei erfundene Behauptungen und Auslegungen gegen uns werden leider immer mehr salonfähig.
(Beifall bei der AfD – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie armes Opfer! Mir kommen die Tränen! – Zurufe von der SPD)
Kommen wir zu den Zahlen zurück. Wir müssen wegen der Bedeutung der Frage nochmals auf die deutschen Beiträge zum EU-Haushalt zurückkommen. Diese Beiträge werden weiterhin als negative Einnahmen verbucht, was den Bundeshaushalt verkürzt.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit 50 Jahren!)
Das ist keineswegs nur eine technische Frage. Darum liefere ich jetzt etwas mehr Hintergrund dazu: Es wird behauptet, haushaltsrechtlich gehören die vom Bund abzuführenden EU-Eigenmittel nicht zu den Bundeseinnahmen; das ist aber schon materiell absurd. Wo soll es denn herkommen? Natürlich speist sich die Abführung aus deutschen Steuermitteln.
Aber wie ist nun die Rechtslage? Die Verbuchung als negative Einnahme ist ein Usus, der jeweils nur für ein einziges Jahr festgelegt wird, und zwar jedes Jahr neu im jeweiligen Haushaltsgesetz. Nichts könnte uns als Haushaltsgesetzgeber also davon abhalten, die EU-Kosten im Haushalt ganz normal wie praktisch alle anderen Kostenpositionen auch zu verbuchen. Wir müssten nur den entsprechenden Haushaltsvermerk ändern,
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie es beantragt? – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie es denn beantragt? – Otto Fricke [FDP]: Wo ist Ihr Antrag?)
den Haushaltsvermerk in Kapitel 6001 in Einzelplan 60. Die BHO, die Bundeshaushaltsordnung, stünde nicht im Weg. Sie werden dort kein einziges Wort zur Verbuchung als negative Einnahmen finden. Es ist nicht vorgeschrieben.
(Beifall bei der AfD – Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rummeckern und dann keinen Antrag stellen! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Ihr Antrag?)
Nicht einmal der bekannteste Kommentar zum Haushaltsrecht kann auf irgendeine gesetzliche Dauerregelung verweisen. Es gibt sie nicht. Und auch das BMF hat uns auf Rückfrage einfach nur empirisch geantwortet: Das ist halt immer so gemacht worden. Es ist Usus seit 1972.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn das die Hauptprobleme der AfD sind, dann geht es uns gut!)
Das Fazit ist also: Die EU-Kosten sollten behandelt werden wie auch die UN-Ausgaben oder die vielen Ausgaben an NGOs, nämlich als ganz normale Kosten.
(Johannes Kahrs [SPD]: Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden!)
Das ist deshalb wichtig, weil es in Zukunft immer wichtiger wird: erstens weil Herr Oettinger ja nun einmal will, dass die EU-Kosten von 32 auf 44 Milliarden Euro pro Jahr aufwachsen, und zweitens weil uns inzwischen ein Verordnungsentwurf der EU-Kommission vorliegt, der der EU tatsächlich das Recht auf eigene Steuererhebung zubilligt. Diese ganz klaren verfassungswidrigen Planungen der EU bzw. von Herrn Macron lehnen wir ab.
(Beifall bei der AfD)
Wenn wir diese Allüren von Herrn Macron und von der EU nicht sofort stoppen, dann führen wir hier nämlich mangels verfügbarer nationaler Steuern in zehn Jahren keine Haushaltsdebatten mehr. Dann werden vermutlich alle Steuern in Berlin nur noch für die EU erhoben, aber im deutschen Haushaltsgesetz nur noch nachrichtlich erwähnt. Das ist der Weg, den wir im Moment gehen.
(Martin Schulz [SPD]: Was ist das für ein Schwachsinn! – Weiterer Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Abschließend einige Worte des Dankes: Ein Haushaltsgesetz mit 3 000 Seiten liegt vor,
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 3 087!)
über 1 300 Änderungsanträge diskutiert und abgestimmt in 45 Ausschusssitzungen oft bis in die Nacht – und das alles noch ohne Berichterstattersitzungen. Es hat sich beim Haushaltsprozess wieder einmal gezeigt: Wenn die Kameras nicht im Saal sind, kann man ordentlich miteinander umgehen, dann kann man auch effizient miteinander arbeiten.
(Beifall bei der AfD – Lachen bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Dürr [FDP]: Das würden wir auch gerne!)
Andernfalls hätten wir den größten Haushalt seit 1949 mit der kürzesten Frist seit 1949 nicht zum Abschluss bringen können. Dafür Dank an alle berichterstattenden Kollegen aller Fraktionen, natürlich an die beteiligten Beamten der Haushaltsreferate, an die Regierungsvertreter, besonders die des BMF, und ganz besonders natürlich an das Sekretariat des Haushaltsausschusses. Das Team um Herrn Majewski ist heute sogar im Plenum anwesend.
(Beifall)
Ohne Ihre eingespielte, hochkompetente und konzentrierte Arbeit bis in die Nachtstunden hätten wir es nicht schaffen können. Dafür vielen Dank! Quantitativ und qualitativ eine tolle Arbeitsleistung.
Die schlechte Nachricht an Sie ist: Morgen, mehr oder weniger unmittelbar nach der Abstimmung über den 18er-Haushalt im Bundesrat, kommt der Haushalt 2019. Dann müssen Sie den auch wieder verteilen, und das Spiel geht von vorne los.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht verstanden, was Ihr Job ist!)
Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Sepp Herberger sagte: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. – Halten wir es also wie Sepp Herberger. Wir sollten es vielleicht nicht wie Hase und Igel halten: Die liefen 73 Runden, und danach war der Hase tot. Lassen Sie es also nicht dazu kommen, dass wir nach der Debatte über den 2019er-Haushalt am Ende tot umfallen. Bis dahin herzlichen Dank an alle Beteiligten auf allen Seiten dieses Hauses.
Schönen Abend.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank. – Nächster Redner für die SPD-Fraktion: Andreas Schwarz.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7252219 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Haushaltsgesetz 2018 |