05.07.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt II

Christian DürrFDP - Haushaltsgesetz 2018

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich natürlich auch zuerst mal bedanken, insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung, beim Ausschusssekretariat, beim Bundesministerium, bei den Abgeordnetenbüros, bei den Berichterstattern und insbesondere auch bei denjenigen, die bis in die Nacht durchgehalten haben, nämlich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bundestagsfraktionen. Ich glaube, das ist einen Applaus wert,

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

weil es wirklich fantastisch ist, was sie geleistet haben. Ich mache das jetzt zum ersten Mal im Bundestag und war wirklich begeistert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Schwarz, was Sie mit diesem Bundeshaushalt machen, ist: Sie schreiben das fort, was die Große Koalition in der letzten Wahlperiode gemacht hat. Sie tun bei den Investitionen in Wahrheit nichts. Sie entlasten die Menschen in Deutschland nicht,

(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist doch Unfug!)

obwohl wir Rekordsteuereinnahmen haben, meine Damen und Herren.

(Johannes Kahrs [SPD]: Die Entlastung ist doch nachzulesen! Lesen bildet, Denken hilft!)

Wenn wir über Strukturen des Bundeshaushaltes reden: Der Zuschuss an die gesetzliche Rentenversicherung steigt in diesem Haushaltsjahr erneut und wird in dieser Wahlperiode, im Jahr 2020, die Schallmauer von 100 Milliarden Euro durchbrechen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Diese Schallmauer gibt es nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland ist das zweitälteste Land der Welt nach Japan. Wenn meine Kinder in das Erwerbsleben einsteigen, wird jedes von ihnen eine Rentnerin oder einen Rentner finanzieren müssen.

(Zuruf von der LINKEN: Na und? – Johannes Kahrs [SPD]: Sie wollen doch die Renten kürzen!)

Bereits im Jahr 2024, in der kommenden Wahlperiode, werden die Einnahmen aus der Einkommensteuer erstmals in der Geschichte unseres Landes zurückgehen. Deutschland hat eine handfeste demografische Krise, meine Damen und Herren.

(Johannes Kahrs [SPD]: Das erzählen Sie schon seit 20 Jahren, und da kommt nichts bei herum!)

Und was tun Sie? Nach der Rente mit 63 und der Mütterrente I soll jetzt die Mütterrente II kommen.

Anstatt sich strategisch um die Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt zu kümmern, lähmen Sie Deutschland und Europa mit einem irrationalen Asylstreit, aus Angst vor rechten Idioten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Das, was Sie tun, ist fahrlässig – nichts anderes.

(Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Wenn man sich anschaut, wie die Migration nach Deutschland zurzeit ist, dann sieht man: Das Verhältnis zwischen den Einwanderern in den Arbeitsmarkt, die wir so händeringend brauchen, und Flüchtlingen und Asylbewerbern beträgt zurzeit 1 : 10. Es ist leichter, über das Asylsystem nach Deutschland zu kommen als über reguläre Einwanderung.

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Ich bitte die CDU/CSU, das endlich anzuerkennen. Machen Sie den Weg frei, meine Damen und Herren! Wir wollen ein modernes, weltoffenes Einwanderungsland sein, weil wir es brauchen. Das sollten wir endlich in diesem Hause beschließen. Ein Einwanderungsgesetz für unser Land, das wäre die Aufgabe der Großkoalitionäre an dieser Stelle.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Johannes Kahrs [SPD]: Ein Blick in den Koalitionsvertrag hilft!)

– Ja, der hilft wenig, weil Sie sich nicht an den Koalitionsvertrag halten, Stichwort: Asylstreit zwischen Merkel und Seehofer. Sie halten sich doch selber nicht dran, Herr Kahrs!

(Johannes Kahrs [SPD]: Einfach abregen, junger Mann!)

Dieser Koalitionsvertrag ist nicht das Papier wert, auf dem er steht. Das ist die Wahrheit bei Union und SPD!

(Beifall bei der FDP – Johannes Kahrs [SPD]: Papperlapapp! – Weiterer Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Ich will Ihnen ein zweites Beispiel nennen. Sie beschließen mit diesem Haushalt die Anschaffung einer bewaffnungsfertigen Drohne für die Bundeswehr. Aber auf was Sie verzichten, das ist die Anschaffung der Bewaffnung. Was muss jetzt der Steuerzahler in Deutschland denken?

(Johannes Kahrs [SPD]: Haben Sie es vielleicht gelesen?)

Jetzt haben wir also eine Drohne im Bestand der Bundeswehr, die wir für ihren Zweck gar nicht nutzen können, meine Damen und Herren.

(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist doch gar nicht wahr! – Dennis Rohde [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

Union und SPD sind sich an dieser Stelle nicht einig. Das reiht sich ein in die zahlreichen Waffensysteme der Bundeswehr, die aus technischen Gründen nicht zur Verfügung stehen.

(Johannes Kahrs [SPD]: Wenn man schon keine Ahnung hat, sollte man das nicht auch noch zeigen!)

Das ist irrational, meine Damen und Herren, was die Große Koalition an dieser Stelle tut.

(Beifall bei der FDP)

Ich kenne ja die Ausreden: Wir müssen noch mal darüber diskutieren, wir wollen noch einmal sondieren und ethische Debatten führen. 2014 hat es eine Anhörung im Deutschen Bundestag gegeben. Es liegen zwei Dutzend Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes vor. Ich fordere Sie auf: Beenden Sie dieses schräge Hase-und-Igel-Spiel der Großkoalitionäre. Auch hier gilt: Handeln Sie endlich, anstatt zu reden, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Dürr, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung von Herrn Hilse von der AfD-Fraktion?

Ja, aber gerne.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Also, gerne muss nicht sein!)

Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis:

… wir sind kein Einwanderungsland. Wir können es nach unserer Größe und wir können es wegen unserer dichten Besiedlung nicht sein.

Das Zitat stammt von Hans-Dietrich Genscher. Er hat es schon vor ein paar Jahren gesagt.

Es ist kein Zitat von vor ein paar Jahren! Ich kläre Sie gleich auf.

Das ist schon eine Weile her, natürlich. – Ich wollte jetzt bloß fragen, ob Sie denken, dass sich die Besiedlungsdichte und die Größe unseres Landes verändert haben; denn nach Ihrer Meinung sind wir jetzt ja quasi ein Einwanderungsland.

Wissen Sie, Herr Kollege: Der Unterschied zwischen der demokratischen Mitte hier und Ihnen, ist, dass wir dazulernen können. Die Freien Demokraten haben im Jahr 1986 das erste Einwanderungsgesetz in den Deutschen Bundestag eingebracht. Von Ihnen brauchen wir keine Hilfestellungen an dieser Stelle, um das in aller Klarheit zu sagen; ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Wenn Sie so schlecht sind wie die ersten zwei, dann lassen Sie es lieber!)

Ich will einen dritten Punkt ansprechen. Sie schaffen mit diesem Bundeshaushalt 15 700 zusätzliche Stellen in der Bundesverwaltung. Das wird uns in jedem Haushalt 2,8 Milliarden Euro kosten. Aber strukturelle Verbesserungen bei der Organisation, Vermeidung von Doppelzuständigkeiten, eine echte Digitalisierung unseres Staates? Fehlanzeige!

Ich will gar nicht, dass Sie nur unsere Kritik an dieser Stelle hören.

(Johannes Kahrs [SPD]: Dann müssen Sie mal sachliche Kritik liefern!)

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten viel über den Internationalen Währungsfonds gesprochen. Gestern hat er in einem Jahresgutachten der Bundesrepublik Deutschland Folgendes bescheinigt: Deutschland steht vor großen Herausforderungen, insbesondere bei seinem Wachstumspotenzial, weil es sinkt. Deutschland braucht nicht nur mehr öffentliche, sondern vor allen Dingen mehr private Investitionen. Der IWF sagt: Wir brauchen ein besseres Umfeld für Unternehmertum; denn Unternehmensgründungen sind in Deutschland rückläufig. Wir brauchen eine bessere Gründungsfinanzierung, eine unkomplizierte digitale Verwaltung, mehr Bildungsinvestitionen und eine geringere Abgabenbelastung.

(Johannes Kahrs [SPD]: Und eine neue Kultur des Scheiterns! Das macht die FDP gerade vor!)

Meine Damen und Herren, der IWF fordert die Umsetzung des Wahlprogramms der Freien Demokraten, um das in aller Klarheit zu sagen. Handeln Sie, anstatt zu reden! Das gilt auch hier.

(Beifall bei der FDP)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Johannes Kahrs [SPD]: Nein, zum Ende!)

Frau Präsidentin, ich komme tatsächlich zum Schluss.

(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Tatsächlich, ja!

Liebe Kollegen, Frau Nahles hat als Fraktionsvorsitzende der SPD hier am Mittwoch gesagt: Das war jetzt eigentlich kein schlechter Start in eine Regierung. – Doch!

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Andrea Nahles [SPD]: Das Zitat ging weiter!)

Vielen Dank, Christian Dürr. – Nächster Redner: Dr. André Berghegger für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: So, das wird jetzt wohl besser!)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7252221
Wahlperiode 19
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Haushaltsgesetz 2018
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