Otto FrickeFDP - Haushaltsgesetz 2018
Geschätzter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Es war ein ungewöhnliches Verfahren; Herr Minister, Sie haben recht.
(Abg. Volker Kauder [CDU/CSU] spricht mit Bundesminister Olaf Scholz)
– Herr Kauder, es wäre schön, wenn der Minister zuhören könnte. – Sie haben recht: Es war ein ungewöhnliches Verfahren, und wir haben zusammengearbeitet.
Ich schließe mich dem Dank meiner Vorredner an, und ich will, weil ich Parlamentarier bin, jetzt etwas sagen, was vielleicht bei manchen auf Unwohlsein stößt, aber: So sehr ich das, Kolleginnen und Kollegen von der AfD, was Sie hier machen, und das, was ich in meiner nun vierten Legislatur hier erleben muss, ablehne – in Inhalt, in der Form und in vielem –, sage ich Ihnen dennoch ausdrücklich, Kollege Boehringer – Kollege Rohde, das gilt für Sie ganz genauso –: Ich bedanke mich dafür, wie die beiden – der Vorsitzende und der Stellvertreter – die Haushaltsausschusssitzungen geführt haben. In der Form war das in Ordnung, über den Inhalt sollten wir streiten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Na, immerhin!)
Meine Damen und Herren, wir brauchten diesen Haushalt, auch deswegen, weil wir vieles an vielen Stellen gestoppt haben im Zusammenhang mit der Frage, wo wir mit unserem Staat vorangehen müssen. Wir brauchten ihn, weil eine vorläufige Haushaltsführung verhinderte, dass wir mit Neuem anfangen. Wir haben das nun beschlossen – mit zusätzlichen Sitzungstagen des Haushaltsausschusses und vielem mehr.
Aber: Haben wir wirklich etwas beschlossen, was dieses Land in die Zukunft bringt? Ich glaube: nein.
(Zuruf von der CDU/CSU: Ich glaube: ja!)
Ich glaube, dieser Haushalt – Herr Minister, das hat Ihre Rede auch wieder gezeigt – beschäftigt sich mit der Vergangenheit und der Gegenwart, aber er beschäftigt sich nicht mit der Zukunft.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, die FDP hat mit über 350 Anträgen versucht, klarzumachen, wie man eine Alternative darstellen kann, wie man wirklich einen Haushalt der Ideen hinbekommen kann. Wir sind für ein entsprechendes Einsparvolumen, weil wir in Zukunft den Bürger entlasten wollen. Dieser Punkt, die Entlastung, kam auch heute in Ihrer Rede wieder nicht vor.
(Christian Dürr [FDP]: Richtig!)
Für Sie geht es um das Ausgeben. Für Sie geht es nicht um die Frage des Erwirtschaftens. Aber ein Finanzminister muss beide Seiten, die Ausgaben und die Einnahmen, fair und immer mit dem Blick auf alle Bürger im Auge haben. Sie tun das leider nicht.
(Beifall bei der FDP)
Wenn man diese Haushaltswoche verfolgt – und die Haushälter haben viele Stunden hier verbracht –, dann merkt man einmal mehr die Unterschiede in den einzelnen Einzelplänen. Ich habe das beim Einzelplan 11 – Arbeit und Soziales – exemplarisch wieder erlebt. Wenn man versucht, den Sozialpolitikern zu erklären: „Ja, es ist wichtig, dass wir in einem Sozialstaat ausreichend Geld für die Schwachen haben, aber wir müssen doch auch sehen, dass es nicht sein kann, dass ein einzelner Einzelplan die anderen erdrückt“, dann wird das mit Unverständnis gesehen.
Ich möchte das einmal bildhaft ausdrücken – ich habe das schon einmal gesagt –: Wenn man sich diese Regierungsbank anschauen und sich fragen würde, wie die Mehreinnahmen in den nächsten Jahren verteilt werden, dann würde in den ersten zwei Reihen nur ein Minister sitzen, und das wäre der Kollege Heil. Alle anderen könnten sich hinten in die dritte Reihe setzen und sich darum streiten, wie viel sie von dem Rest bekommen. Dieser Widerspruch äußert sich ferner darin, dass wir sagen: Wir haben aber noch nicht genug Geld für Bildung. Wir haben aber noch nicht genug Geld für Digitales. Wir haben aber noch nicht genug Geld für Familie. Wir haben aber noch nicht genug Geld für den Rechtsstaat, der essenziell ist. – Diesen Widerspruch lösen Sie nicht auf. Im Gegenteil: Sie tun immer nur so, als würden Sie überall Gutes tun, aber am Ende vergessen Sie dabei die Zukunft unseres Landes.
(Beifall bei der FDP)
Halten wir eines fest: Das Haushaltsvolumen steigt um weitere 3,9 Prozent, während sich die Wirtschaftsprognosen verschlechtern. Gegen alle Vernunft wird mit dem Baukindergeld eine riesige ineffiziente Subvention wiederbelebt und dann auch noch von Ihnen, Herr Minister – und Sie rühmen sich dann auch noch dessen –, als Investition tituliert. Wenn also jemand eine Wohnung, die schon existiert und die jemand anderes bisher hatte, kauft, dann ist das für Sie eine Investition. Für uns ist das Marktwirtschaft, aber sicherlich keine staatliche Investition.
(Beifall bei der FDP)
Sie schreiben intransparente Schattenhaushalte fort, anstatt sie aufzulösen. Sie haben keinen Tilgungsplan für bestehende Altschulden. Sie haben keinen Ansatz für die Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern, und im nächsten Jahr machen Sie gerade einmal das verfassungsrechtlich Gebotene. Es gibt keine wirkliche Streichung von Ausgaben. Es gibt immer nur mehr, mehr, mehr. Das ist kein Zukunftsausblick. Das ist gar nichts.
Wir werden das wahrscheinlich dann morgen im Haushaltsausschuss beim Haushalt 2019 wieder erleben. Inzwischen haben ja alle den Entwurf, der komischerweise in den S- und U-Bahnen Berlins rumgelegen hat. Aber es ist ja anscheinend in unserer Gesellschaft und in unserer Mediengesellschaft so, dass man diese Dinge vorher findet.
Zum Abschluss. Wir werden uns ansehen, ob Sie im nächsten Haushalt wieder die Chancen und Möglichkeiten, die Ihnen die gute Wirtschaft gibt, verschwenden, ob Sie die Zukunft verschwenden oder ob Sie an der Stelle wirklich eine Wende machen und erkennen, was notwendig ist, damit wir in Zukunft in diesem Land im Großen und Ganzen auch so gut werden leben können, wie wir es tun.
Eines allerdings will ich nach dieser turbulenten Woche dann doch noch sagen: Ich bin sehr, sehr gespannt, wie sich die SPD zu dem Kompromiss von CDU und CSU positioniert. Mir fiel dabei das alte Sprichwort von Hase und Igel ein: „Liebe ist niemals ohne Schmerz“, sagte der Hase zum Igel und umarmte ihn. – Ich bin gespannt, wer von Ihnen dreien der Hase und wer der Igel ist.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Fricke. – Als Nächstes für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Ekin Deligöz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7252234 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Haushaltsgesetz 2018 |