11.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 47 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 08, ...

Gesine LötzschDIE LINKE - Allgemeine Finanzdebatte

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen in dieser Woche zwei Fragen beantworten. Erstens: Was sind die wirklichen Probleme der Menschen in unserem Land? Und zweitens: Bietet die Regierung mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf die richtigen Lösungen an? Die zweite Frage muss ich leider mit Nein beantworten, meine Damen und Herren.

Die Probleme sind doch offensichtlich: Es geht den Menschen um Arbeit und Renten, von denen man leben kann, um Wohnungen, die bezahlbar sind, um Schulen, in denen ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer das neueste Wissen vermitteln, und um Krankenhäuser und Pflegeheime, in denen nicht auf die Rendite geschaut wird, sondern auf die Probleme der Patienten und der Beschäftigten.

All diese Themen haben etwas mit Sicherheit zu tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn: Viele Menschen sind verunsichert, weil diese Regierung die falschen Themen bearbeitet und auf die wichtigen Fragestellungen die falschen Antworten gibt. Beste Beispiele dafür haben wir gerade gehört. Der Finanzminister hat noch einmal betont, wie notwendig es wäre, die Bundeswehr mit mehr Mitteln auszustatten – wir sagen: aufzurüsten. Wir wissen doch alle: Aufrüstung stärkt nicht die Sicherheit, sondern vermindert die Sicherheit in unserem Land. Und das wollen wir nicht!

(Beifall bei der LINKEN)

In diesem Haushalt gibt es ein beispielloses Plus bei den Mitteln zur Beschaffung von Waffen: 3 Milliarden Euro mehr; ein Plus von 25 Prozent. Das ist so absurd wie falsch. Das lehnen wir ab!

(Beifall bei der LINKEN)

Darüber, meine Damen und Herren, freuen sich vor allen Dingen Trump und die Rüstungsindustrie. Sie alle aber wissen auch, dass die Welt mit mehr Rüstung nicht sicherer wird und Fluchtursachen nicht beseitigt werden. Ich finde, darüber müssen Sie nachdenken.

(Beifall bei der LINKEN)

Eines will ich in aller Deutlichkeit für meine Fraktion und meine Partei sagen: Das Gerede über einen Bundeswehreinsatz in Syrien, das wir seit einigen Tagen erleben, ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit. Die Linke sagt eindeutig: Keine weitere Kriegsbeteiligung der Bundeswehr.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Wir, Die Linke, wollen statt in Waffen in Schulen, Krankenhäuser, Wohnungen, Busse und Bahnen investieren. Doch was tut die Bundesregierung? Entgegen den Behauptungen von Finanzminister Scholz senkt sie die zivilen Investitionen in diesem Jahr sogar ab und will mittelfristig die Investitionen in unsere Zukunft einfrieren. Meine Damen und Herren, das ist in Anbetracht von kaputten Brücken, absackenden Autobahnen, sanierungsbedürftigen Schulen und Krankenhäusern eine geradezu irrwitzige Vorstellung.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie setzen mit dieser Sparpolitik die Zukunft unserer Kinder und Enkel aufs Spiel.

Wir können und müssen mehr investieren. Wir könnten viel mehr investieren, wenn in unserem Land endlich ein gerechtes Steuersystem eingeführt werden würde.

(Beifall bei der LINKEN)

Doch in diesem Haushalt sind weder eine Vermögen- noch eine Finanztransaktionsteuer eingepreist, obwohl das schon seit langem angekündigt wird.

Apropos Ankündigung: Die SPD hat sich ja jetzt auf Ankündigungen spezialisiert. Herr Scholz hat einen Rentenvorschlag gemacht, der vom ersten Herbstregen weggewaschen wurde. Frau Nahles hat jetzt die Mieten­erhöhung völlig zu Recht angesprochen. Ich kann Ihnen nur sagen: Setzen Sie das in der Regierung durch, und machen Sie das nicht in Zeitungsinterviews. Wir als Parlament und natürlich die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land haben das Recht auf Ergebnisse und nicht nur auf Ankündigungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zurück zur Investitionsbremse der Bundesregierung: Seit Jahren wird Deutschland zu Recht für die enormen Exportüberschüsse weltweit kritisiert. Es wird vor allem und zu Recht von unseren europäischen Nachbarn erwartet, dass wir mehr in unser Land investieren und ordentliche Löhne zahlen. Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor Europas und vernichtet damit Arbeitsplätze weltweit. Die Konsequenz ist, dass in den anderen Ländern die Löhne auch immer weiter gesenkt werden. Eine Lohnspirale nach unten kann doch nicht der Kern sozialdemokratischer Politik sein. Da muss sich doch etwas ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wir müssen uns fragen, warum es in ganz Europa und in den USA einen Rechtsruck gibt. Gibt es globale Entwicklungen, die diesen Trend befördern? Um diese Frage zu beantworten, empfehle ich, den „Report über die weltweite Ungleichheit“, der unter anderem von dem bekannten Ökonomen Thomas Piketty herausgegeben wurde, zu lesen. In diesem Report wird der weltweite Trend zur ungleichen Verteilung des Reichtums wissenschaftlich belegt. In Deutschland ist der Einkommensanteil des obersten Prozents von 1983 bis 2013 um knapp 40 Prozent gewachsen, und der Anteil der unteren 90 Prozent um 10 Prozent gesunken. Ich finde: Linke Parteien müssen sich zusammenschließen, um diese Ungleichheit zu bekämpfen. Dann haben wir endlich eine reale Chance, den Rechtsruck in unserem Land zurückzudrängen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Sven-­Christian Kindler, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7270750
Wahlperiode 19
Sitzung 47
Tagesordnungspunkt Allgemeine Finanzdebatte
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta