Christoph MeyerFDP - Verkehr und digitale Infrastruktur
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bartol, ich kann nur sagen: Willkommen in der Opposition. Bei einer solchen Rede, die Sie hier gehalten haben, sind wir gespannt auf die nächsten Jahre.
(Sören Bartol [SPD]: Das nennt sich Parlament!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister Scheuer, auch der Etat 2019 steht – Sie haben es gesagt – bei Ihnen unter der Begrifflichkeit „Investitionshochlauf“. Sie haben 1,1 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als 2018. Fakt bleibt jedoch – dazu haben Sie gerade nichts gesagt –, dass Sie das Geld, welches Ihnen zur Verfügung gestellt wird, nicht verbaut bekommen. Keiner regt sich über Bagger oder Baustellen auf, wie Sie es vorhin formuliert haben, sondern man regt sich darüber auf, dass Sie es nicht hinbekommen, schnell zu bauen und die Mittel entsprechend schnell für Maßnahmen im Bereich Straße oder Schiene zu verwenden.
(Beifall bei der FDP)
Was wir heute Morgen im Haushaltausschuss zu Ihrer Infrastrukturgesellschaft gehört haben, beendet die Hoffnung, dass es zukünftig besser wird. Statt auf eine schlanke, smarte Lösung setzen Sie auf eine Mammutbehörde. Die Zahl der Niederlassungen und Außenstellen wollen Sie nicht mehr begrenzen. Eine Kontrolle durch die Opposition oder das Finanzministerium im Aufsichtsrat ist explizit nicht mehr erwünscht.
Bei den Bundesschienenwegen gibt es 1 Milliarde Euro Ausgabenreste, bei den Bundeswasserstraßen 780 Millionen Euro Ausgabenreste. Es steht zu erwarten, dass nach dem Jahr 2018 diese Beträge noch weiter aufgewachsen sind. Im Bereich der digitalen Infrastruktur schieben Sie einen Berg von Resten in Höhe von fast 1 Milliarde Euro vor sich her. Auch hier das gleiche Bild wie auf allen anderen Feldern: Der Minister kündigt an, redet, produziert schöne Bilder – heute auch wieder in der Rede –, es kommt dabei aber effektiv nichts heraus.
(Beifall bei der FDP)
Es ist nach wie vor unklar, wie beim Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ eine transparente und zügige Mittelverwendung sichergestellt wird, genauso unklar wie bisher in Ihrem Etat. Statt einer digitalen Infrastruktur wird in dieser Regierung nur der Kreis an Beratergremien ausgebaut. Gestern – das schlägt ein bisschen dem Fass den Boden aus – machten Sie offiziell, dass Ihr Ministerium einen eigenen Newsroom einrichtet. Sie wollen – O-Ton – die „ganz normalen, unaufgeregten Geschichten“ erzählen. 14 Mitarbeiter, über 2,5 Millionen Euro im Jahr für eine eigene Hofberichterstattung. Zum Vergleich: Andere Ministerien kommen mit einem Budget für Öffentlichkeitsarbeit aus, das nur einen Bruchteil dessen ausmacht, sogar Ihr Parteivorsitzender, Herr Seehofer, mit 1,1 Millionen Euro. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Sie nach der Wahl in Bayern der neue Sonnenkönig im geschrumpften, zerbröselten CSU-Universum werden wollen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das wäre ja vielleicht noch lustig. Aber wenn wir als Bundesrepublik Deutschland im Vergleich für die künstliche Intelligenz 1 Million Euro ausgeben und die Zahl von 2,5 Millionen Euro dagegenstellen, dann sieht man: Zukunftssicherung gibt es bei Ihnen nicht. Daily Soap mit Andi Scheuer – das ist das Bild wie Sie Politik machen.
(Beifall bei der FDP)
Liest man den Bericht des Bundesrechnungshofs zur Entwicklung Ihres Etats, könnten Sie den traurigen Alltag in Ihrem Haus, dem Haus mit dem größten Investitionshaushalt, ohne viel Aufwand darstellen: Beim Thema Korruptionsprävention und ‑bekämpfung gibt es keine Fortentwicklung, nur eine halbherzige Umsetzung entsprechender Regeln in den nachgeordneten Behörden. Darum kümmert sich Herr Scheuer offenbar nicht. Beim Thema Brückensanierung fehlt immer noch eine valide Erhaltungsbedarfsprognose. Seit 2015 wird darüber geredet. Offenbar kümmert sich Herr Scheuer auch hierum nicht. Ein Brücken-TÜV, wie Sie ihn angekündigt haben, ersetzt noch keine Investitionsplanung.
(Zuruf von der FDP: So ist es!)
Eine geordnete Aufgabenanalyse als Grundlage für die Ermittlung von neuen Stellenbedarfen und zur Kontrolle der bestehenden Struktur – bisher offenbar ebenfalls Fehlanzeige –; Schwebezustand beim Eisenbahnvermögen, statt Rückführung bzw. Abwicklung, um Synergien zu heben; klare Förderziele und Erfolgsparameter bei der Senkung der Trassenpreise, für die Sie sich eben gelobt haben – nicht vorhanden; strukturiertes Rückforderungsmanagement für bestimmungswidrige Ausgaben, wie jetzt neuerlich im Land Berlin – ebenfalls Fehlanzeige.
Die Aufzählung würde sich beliebig verlängern lassen. Es drängt sich das Bild eines strukturell überforderten Ministeriums auf, das nicht in der Lage ist, über 60 Behörden und Unterbehörden effektiv zu kontrollieren. Wenn man sich das vergegenwärtigt, dann sieht man: Der Zustand der Bahn und das Dieseldesaster sowie der Umgang Ihres Hauses damit sind keine Überraschung, sondern Teile eines Gesamtbildes, das abgerundet wird.
(Beifall bei der FDP)
Beim Stichwort „Desaster“ muss man an die Maut denken. Wir haben den Toll-Collect-Vergleich, den Sie geschlossen haben, begrüßt, in der Hoffnung, dass Sie wenigstens dieses Thema sauber aufsetzen können. Wenn man sich jetzt vergegenwärtigt, dass Ausschreibungsfristen offensichtlich frei nach den Wünschen von Bewerbern verlängert werden, kommt man leider auch hier zu dem Schluss, dass ein faires Verfahren offensichtlich nicht möglich ist.
Ich könnte noch über den BER sprechen. Der Berliner Finanzsenator geht offensichtlich davon aus, dass, wenn es nicht zu gravierenden Änderungen in der Finanzstruktur kommt, eine Insolvenz der Flughafengesellschaft droht. Aus Ihrem Haus bekomme ich die Antwort, dass Sie davon keine Ahnung haben.
Leider, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, werden die Baustellen im Einzelplan 12 mehr und nicht weniger. Sie lassen uns als Opposition viel Raum, zu zeigen, dass wir es besser können. Dafür danke ich Ihnen, Herr Scheuer. Ich freue mich auf die Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. – Als Nächstes für die Fraktion Die Linke der Kollege Victor Perli.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7270780 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr und digitale Infrastruktur |