Sabine LeidigDIE LINKE - Verkehr und digitale Infrastruktur
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! In diesem extrem heißen und trockenen Sommer wurden in Portugal Rekordtemperaturen von 47 Grad im Schatten gemessen. Die Warnungen der Klimaforscher sind mehr als berechtigt. Ein Treiber der globalen Erwärmung ist der wachsende Verkehr. Also brauchen wir schnell und dringend Alternativen, damit die Zahl der Autos und die Verkehrsmasse zumindest halbiert werden können. Denn das wäre nötig, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das wäre übrigens auch ohne den Klimawandel nötig: aus Gründen der sozialen und ökologischen Gerechtigkeit. Wir wissen, dass hierzulande die Menschen, die gar nicht Auto fahren, weil sie zu jung sind – die Kinder –, weil sie zu arm sind und es sich nicht leisten können oder weil sie zu alt sind, am meisten unter Belastung durch den Verkehr leiden: an Lärm, Abgasen und Gefahren.
Aber es gibt auch eine globale Ungerechtigkeit. Die Rohstoffe, die für Autos gebraucht werden, kommen aus Ländern wie Kongo, Brasilien, Peru oder China und werden dort unter meist miserablen Arbeits- und Umweltbedingungen gefördert. Platin zum Beispiel wird in Katalysatoren eingebaut, damit hier die Luft sauberer wird. In Südafrika, wo es herkommt, streiken die Minenarbeiter für bessere Arbeitsbedingungen. Vor drei Jahren ist dort ein Massaker verübt worden, weil sie gestreikt haben, und 37 Minenarbeiter wurden erschossen.
Ich finde, auch das ist eine Kehrseite der Automobilgesellschaft, die wir nicht komplett ausblenden können. Es ist deshalb wirklich skandalös, dass in diesem Haushalt wieder zig Milliarden Euro für klima- und umweltschädliche Subventionen stecken, als ob alles so weitergehen könnte wie bisher. Dabei belasten diese umweltschädlichen Subventionen den Staatshaushalt doppelt, einmal durch Mehrausgaben oder Mindereinnahmen und später durch Mehrausgaben zur Beseitigung der Umweltschäden oder zum Beheben gesundheitlicher Probleme. Im Verkehrsbereich reden wir da über 30 Milliarden Euro jedes Jahr. Damit werden Dieseltreibstoff, der Flugverkehr oder Dienstwagen staatlich gefördert. Wir wollen, dass diese Verschwendung endlich aufhört. Solche Subventionen sind weder nachhaltig noch gerecht.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir brauchen das Geld für wirkliche Alternativen: für den Umbau der Städte, damit es besser ohne Auto geht, und für den flächendeckenden Ausbau von guten Angeboten beim öffentlichen Nahverkehr, auch auf dem Land,
(Beifall bei der LINKEN)
sowie für einen Aufbruch bei der Bahn als echte Reisealternative für längere Strecken. Wir als Linke haben in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten viel getan, um die Bahn für alle voranzubringen. Wir haben konkrete Projekte vorgeschlagen. Wir haben um die Nachtzüge gekämpft als Alternative zum Fliegen. Wir haben Konzepte entwickelt, um den gescheiterten Privatisierungskurs zu überwinden. Ich freue mich, dass die SPD nun an unserer Seite ist; ich bin gespannt, ob das klappt, Herr Bartol. Es zeigt sich jetzt, wie nötig und richtig das war und ist. Der interne Brandbrief von Bahnchef Lutz offenbart eine wirklich tiefe Krise der Deutschen Bahn AG: mit 20 Milliarden Euro ein Rekordhoch bei den Schulden und mit nahezu einem Drittel unpünktlicher Züge ein Rekordtief des Bahnimage bei den Fahrgästen.
Jetzt fordern wir zweierlei:
Erstens. Die größte Fehlinvestition der Eisenbahngeschichte muss endlich beendet werden: Stuttgart 21. Noch ist ein Umstieg möglich, der mehr Bahnkapazität bringt und 4 Milliarden Euro spart. Der Stuttgarter Bahnhof muss oben bleiben.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweitens. Wir brauchen endlich einen Verkehrsminister oder eine Verkehrsministerin mit Eisenbahnfaible. Bei der CSU scheint es so jemanden nicht zu geben; denn wenn man in Bayern unterwegs ist, stellt man fest, dass auf den Haupttourismusstrecken die Eisenbahn noch immer nicht elektrifiziert ist. Aber der Verkehrsminister träumt davon, die Autobahn unter Strom zu setzen.
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Wir wollen Fuß, Fahrrad, Bus und Bahn für alle statt Lufttaxis und Luxuslimousinen für wenige.
(Beifall bei der LINKEN)
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Leidig. – Als Nächstes für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Daniela Wagner.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7270792 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr und digitale Infrastruktur |