Martin BurkertSPD - Verkehr und digitale Infrastruktur
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Dem Wahlkämpfer Lange sei vielleicht noch mal gesagt: Es wäre schön, wenn er seiner Ministerin in Bayern sagen würde, dass wir das letzte Land sind, wo es kein Tariftreue- und Vergabegesetz gibt. Da könnte er mal ansetzen. Es wäre der richtige Zeitpunkt.
(Beifall bei der SPD)
Wir beraten heute den Haushalt 2019, und er setzt wichtige Signale für die Mobilität, auch für die digitale Infrastruktur. Wir arbeiten zügig und zielgerichtet an unseren verkehrspolitischen Maßnahmen, die wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben.
Die Menschen wollen und sollen noch mobiler werden in unserem Land. Wir unterstützen deshalb die Modernisierung der Schiene mit nennenswerten Finanzmitteln. Für die Schiene ist der Deutschland-Takt sicherlich eines der herausragenden Projekte. Er ist ein Meilenstein, um das Bahnfahren für den Personenverkehr attraktiver zu machen.
Das Verkehrsministerium hat angekündigt, dazu im Herbst ein Konzept vorzustellen; der Minister nickt. Es ist quasi ein Musterfahrplan für das ganze Land. Jede Stunde zur selben Minute sollen Züge fahren, und die Fahrpläne aller Linien bis hinein in den ÖPNV sollen aufeinander abgestimmt werden. Mit diesem Masterfahrplan bauen wir das Schienennetz aus und legen die Prioritäten neu fest. Ohne Fahrplan kein Bauplan! Es wird noch dauern: 2030 soll der Deutschland-Takt starten und damit die Grundlage für die angepeilte Verdopplung der Fahrgastzahlen – und im Übrigen des Güterverkehrs – in Deutschland legen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Geld ist das eine. Ich will aber auch sagen, Herr Minister: Das Ministerium ist in der Pflicht, gerade in dieser Stunde vom Bahnvorstand die zu erwartende Qualität wieder einzufordern. Denn wenn nur 15 Prozent aller ICEs ohne Mängel an den Start gehen, ist das ein Skandal und kann politisch nicht hingenommen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Das heißt nämlich im Umkehrschluss: 85 Prozent aller ICEs haben Mängel. Jeder kennt sie: Türen, die nicht aufgehen, Küchen, die nicht funktionieren, es gibt keinen Kaffee,
(Marianne Schieder [SPD]: Toiletten, die nicht funktionieren!)
– Toiletten sind ein Problem – und, und, und. Wenn dann auch die Pünktlichkeit nur noch 76 Prozent beträgt, wie im Brandbrief des gesamten Bahnvorstandes an die Führungskräfte steht, gehe ich davon aus, Herr Minister, dass Sie Bahnchef Lutz einbestellt haben. Darüber muss geredet werden. Es geht um Qualität, es geht um das Brot- und Buttergeschäft, wie es Herr Grube immer formuliert hat. Ich sage heute auch: Sicherlich ist der Bahnvorstand nicht alleine schuld. Da sind in der Vergangenheit Fehler gemacht worden. Es ist auf Verschleiß gefahren worden. Instandhaltung ist eines der zentralen Themen. Die Dinge müssen auf den Tisch und besprochen werden.
Unsere Devise bleibt: Mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene. Dazu brauchen wir Qualität, aber auch neue Ideen. Deshalb ist es wichtig, sinnvolle Innovationen im Schienenverkehr zu fördern. Bei der Innovationsförderung liegt mir besonders das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung am Herzen; die hierfür vorgesehenen Mittel sind im Haushalt gut angelegt. Forschungsbedarf besteht zum Beispiel beim CO 2 -freien Verkehr auf nicht elektrifizierten Strecken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Stichworte hierfür sind „Batterie-/Akkuladetechnik“ und „Wasserstoff“. Die Inno-Trans wird uns wieder Lösungen vorstellen.
(Kirsten Lühmann [SPD]: Niedersachsen!)
Wir werden das besichtigen. In Niedersachsen – Kirsten Lühmann sagt es – läuft es vorbildlich. Es geht voran. Dafür müssen wir Gelder einsetzen.
Es gibt sinnvolle Automatisierungsschritte und Potenzial bei der Digitalisierung. Ich denke dabei nicht nur ans autonome Fahren, wo die Teststrecke in Betrieb ist, sondern zum Beispiel auch an Zugbildungsanlagen im Güterverkehr, wo das auch greifen kann, die automatische Kupplung und vieles mehr. Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Deswegen sind Bedenken legitim. Aber Digitalisierung kann erheblich dazu beitragen, dass die Arbeit für die Beschäftigten weniger anstrengend und vor allem sicherer wird. Sicherlich wird es komplexer, und es besteht Bildungsbedarf, aber das muss leistbar sein.
Das Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“ soll bereits entwickelten Technologien zur Effizienzsteigerung zum Durchbruch verhelfen und den Aufbau der Eisenbahnforschung in Deutschland unterstützen. Unsere Aufgabe ist es, das Programm ausreichend mit Mitteln auszustatten. Das wird sicher in den nächsten Wochen Thema sein.
Ich will noch ein Stichwort nennen: die Weiterentwicklung des Einzelwagenverkehrs. Auch das steht im Koalitionsvertrag, auch darüber werden wir reden.
Ein wichtiger Meilenstein für die SPD-Verkehrspolitiker sowie die gesamte SPD-Bundestagsfraktion ist das Elektrifizierungsprogramm. Es ist ein Erfolg unserer Verhandlungen, dass laut Koalitionsvertrag das Elektrifizierungsziel von knapp 60 Prozent auf 70 Prozent angehoben wurde. Der Kollege Enak Ferlemann hat zugesagt: Am Ende des Jahres wissen wir, welche Strecken elektrifiziert werden. – Bis 2025 sollen 70 Prozent elektrifiziert werden. Das ist ein Meilenstein für die Schiene; das ist gut und richtig. Zum Jahresende soll es vorliegen. Dann wird das Parlament miteinbezogen.
Was aber nicht sein kann, Herr Minister und lieber Enak Ferlemann, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, dass täglich 50 bis 100 beladene Güterzüge stehen und nicht abgefahren werden können – aus unterschiedlichsten Gründen. Auch das ist ein Thema, das die Einbestellung des Bahnvorstandes rechtfertigen würde.
(Dr. Christian Jung [FDP]: Sehr gut!)
Wir wollen die Schiene insgesamt attraktiver machen. Wir wollen damit zu einer Verkehrswende beitragen. Weitere Schritte werden folgen: Das Schienennetz für 740 Meter lange Güterzüge wird kommen; da erwarten wir die Ergebnisse. Wir werden ein 1 000-Bahnhöfe-Programm aufsetzen, lieber Herr Minister; die Sanierung von Bahnhöfen, den Eingangstoren von Städten und Gemeinden, ist gut und richtig. Auch das steht im Koalitionsvertrag.
Der Bundeshaushalt 2019 betrifft darüber hinaus auch das Personal. Hier erwähne ich besonders das Eisenbahn-Bundesamt und das Bundeseisenbahnvermögen. Ich freue mich, dass Einigkeit darüber besteht, dass dort mehr Personal nötig ist. Ich nenne das Stichwort „Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten“. Bei den Anträgen dürfen Erstattungszeiten von 28 Tagen nicht überschritten werden. Aber beim Eisenbahn-Bundesamt ist es vor allem in den Außenstellen dringend notwendig, nicht nur im höheren Dienst, sondern vor allem auch im gehobenen Dienst neue Stellen zu schaffen. Denn sonst treten wir, was die Planungsbeschleunigung angeht, auf der Stelle. Wir brauchen hier – vor allem in den Außenstellen – mehr Manpower.
(Beifall bei der SPD)
Ich komme aus Bayern; auch dort ist es notwendig.
In diesem Sinne: Freuen wir uns auf die Berichterstattungen und Verhandlungen in den Ausschüssen, vor allem in unserem Ausschuss.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Es geht weiter in der Debatte mit dem Kollegen Gero Storjohann von der Union.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7270797 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr und digitale Infrastruktur |