11.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 47 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 10

Birgit Malsack-WinkemannAfD - Ernährung und Landwirtschaft

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Auch im Haushalt Ernährung und Landwirtschaft ist die AfD der Rufer in der Wüste: Obgleich wir schon zum Haushalt 2018 die massive Steuergeldverschwendung bei der Öffentlichkeitsarbeit wiederholt gerügt haben, setzt die Regierung dieses Treiben unbeeindruckt fort.

(Beifall bei der AfD)

Betrachtet man nämlich alle Haushaltstitel des BMEL, aus denen Kosten für Fachinformationen oder Werbemaßnahmen gezahlt werden können, führt dies zu einem möglichen Etat von über 250 Millionen Euro,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Pfui!)

wobei hier die tatsächliche Größenordnung bei vielen Haushaltstiteln durch einen pauschalen Verweis auf § 63 Bundeshaushaltsordnung verschleiert wird. Das halten wir, die AfD, nicht nur für unseriös, sondern für einen Fall des Tarnens und Täuschens.

(Beifall bei der AfD)

Wir fordern deshalb, Werbemaßnahmen der Höhe nach immer klar und eindeutig von denjenigen Maßnahmen abzugrenzen, die der Sache selbst dienen.

Eine Farce besonderer Güte ist in diesem Zusammenhang die geplante Ausgabensteigerung von 7 auf sage und schreibe 33 Millionen Euro in 2019 zur Entwicklung eines staatlichen Tierwohllabels. Abgesehen davon, dass es am Markt bereits gut eingeführte Kennzeichnungen für artgerechte Haltung gibt, sodass ein weiteres staatliches Label unnötig ist, stößt hier besonders auf, dass das gleiche Ministerium, das vorgibt, an einer besonders guten und artgerechten Haltung der Tiere interessiert zu sein, bei lebensbedrohenden Gefahren für ebendiese Tiere wochenlang nur zusieht, anstatt zu handeln.

(Beifall bei der AfD)

Selbstverständlich spreche ich von der allseits bekannten Dürrekatastrophe. Die monatelange Trockenheit hat dazu geführt, dass acht Bundesländer Dürreschäden von über 1 Milliarde Euro an die Bundesregierung gemeldet haben. Über 10 000 Bauern meldeten eine existenzbedrohende Situation an. Schon vor Wochen ist der Weizen wegen der vorherrschenden Hitze vorzeitig notgereift und wurde deshalb verfrüht geerntet. Sogar das Winterfutter wird teilweise verfüttert, manchmal bekommen die Tiere nur Stroh zu fressen.

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Was?)

Vielerorts ist es zu Notschlachtungen gekommen, weil die Bauern ihre Tiere nicht mehr ernähren konnten.

Und was macht diese Bundesregierung, was macht Frau Klöckner? Sie wartet ab – auf etwaige Entscheidungen der EU, auf Entscheidungen der Länder, die Bund-Länder-Kommission und auf die Erntebilanz. Es ist unfassbar!

(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sie sind unfassbar!)

Die Bundesregierung hat bundesweit erst einmal geprüft, ob es zu Schäden in nationalem Umfang von mindestens 30 Prozent gekommen ist, anstatt dafür zu sorgen, dass es gar nicht erst zu finanziellen Ausfällen kommt.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, wir, die AfD, fordern die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass vom Bund gewährte Hilfen nicht mehr an den bundesweit durchschnittlichen Ernteausfall von 30 Prozent und mehr geknüpft werden, sondern dass dieser Wert jeweils landesspezifisch als Kriterium gilt und für finanzschwache Kleinbauern herabgesetzt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Denn der Norden und Osten leidet in viel größerem Umfang als der Rest Deutschlands. In Brandenburg beispielsweise musste laut der „Welt“ vom 30. Juli 2018 schon Anfang August damit gerechnet werden, dass es bei Gerste, Roggen, Weizen und Raps Ernteausfälle von 30 bis 50 Prozent gibt.

Hinzu kommt, dass die Bundesregierung anstelle der gemeldeten über 1 Milliarde Euro gerade einmal bis zu 170 Millionen Euro an die Bauern zahlen will. Zuzüglich der Landesanteile sind das gerade einmal 30 Prozent der von den Ländern gemeldeten Schäden. Jedenfalls auf 70 Prozent bleiben die Bauern sitzen. Das und insbesondere auch die allzu späte Zahlung führt zum Ruin gerade der finanzschwachen Kleinbauern, die zumeist Ökobauern sind.

Was hat das für Folgen? Nicht nur das Höfesterben beschleunigt sich, wobei bisher ohnehin nur 2 Prozent der Bevölkerung als Bauern tätig waren. Nein, auch das prinzipiell richtige Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2030 wenigstens einen Anteil von 20 Prozent an ökologischer Landwirtschaft zu erreichen und von der nicht artgerechten und für Menschen gesundheitsgefährdenden Massentierhaltung wegzukommen, rückt in weite Ferne. Die Bauernschaft wird systematisch zerstört!

(Beifall bei der AfD – Marlene Mortler [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)

Jetzt rächt sich, dass immer mehr Ackerfläche für Biogasproduktion blockiert wird, statt dem Futterpflanzenanbau zu widmen. Das ist politisch gewollt, und wie wir sehen, falsch. Finanzielle Hilfen für den daraus resultierenden Futtermangel sind deshalb mehr als gerecht.

Und warum bietet Frau Klöckner den Bauern keine Getreidehilfen an? Die Getreidelager der zivilen Notfallreserve sind so voll, dass überlagertes Getreide am Markt kaum verkäuflich ist. Eine Kostenexplosion bei Lebensmittelpreisen für Grundnahrungsmittel im Herbst und Winter wird die Folge sein, was wiederum zu einer Ausweitung der Armut unserer Bevölkerung führt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wie soll sich Deutschland in einem etwaigen Krisenfall selbst versorgen?

Was nutzt die von Ihnen so geliebte Ernährungsberatung, Frau Klöckner, wenn die Rentner oder die Menschen bei den Tafeln zu arm sind, sich gesunde Ernährung aus ökologischem Anbau leisten zu können?

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Dieter Stier [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Diese Ernährungsberatung ist Zynismus gegenüber den Bedürftigsten unserer Gesellschaft und Steuergeldverschwendung pur, Frau Klöckner, und Sie scheinen zu vergessen, dass Sie Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft und nicht für Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf Ernährung und Landwirtschaft sind.

(Beifall bei der AfD – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sie widersprechen sich ständig!)

Und das alles aufgrund der Abhängigkeit von einer EU, deren Vorschriften und Regelungen von Deutschland im Gegensatz zu anderen EU-Ländern, die nationale Hilfen frühzeitig gewähren, sklavisch befolgt werden! Die EU-Hörigkeit der Regierung lässt viele in unserem Land und unserer Bevölkerung verarmen.

Meine Damen und Herren, wenn in der eigenen Bevölkerung Not ist, muss in der Sache sofort und konstruktiv gehandelt werden. Ansonsten ist man als Regierung fehl am Platz.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Nächste Rednerin: die Kollegin Ursula Schulte, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7270853
Wahlperiode 19
Sitzung 47
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta