12.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 48 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 05

Alexander Graf LambsdorffFDP - Auswärtiges Amt

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Jahre nach der Wahl Donald Trumps, zwei Jahre nach dem Brexit-Referendum, kurz vor dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, drei Jahre nach dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, vier Jahre nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und im achten Jahr des syrischen Bürgerkriegs steht die Analyse fest: Wir stehen vor den größten außenpolitischen Herausforderungen seit mehr als 25 Jahren.

Gleichzeitig können wir die traditionellen Partnerschaften nicht mehr als selbstverständlich ansehen. Die multilaterale Weltordnung um uns herum ist in ihren Grundfesten erschüttert. Die OSZE steckt in einer tiefen Krise. Die Europäische Union ist im Jahr vor der Parlamentswahl in einer schwierigen Situation. Die Fonds und Programme der Vereinten Nationen sehen sich Haushaltskürzungen der Amerikaner gegenüber.

Die Amerikaner waren bisher der Garant und Vorkämpfer des Multilateralismus. Sie haben sich aus dem Pariser Klimaabkommen zurückgezogen. Sie erheben Willkürzölle, zweifeln die Legitimität der Welthandelsorganisation an, haben sich aus dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, aus dem Hilfswerk für die Palästinenser, aus dem Iran-Abkommen, aus dem Menschenrechtsrat und sogar aus der UNESCO zurückgezogen.

Meine Damen und Herren, Heinrich August Winkler hat kürzlich geschrieben, dass er fürchte, mit der Krim-Krise breche das Ende des liberalen Zyklus an – liberal jetzt nicht im parteipolitischen Sinne, so sympathisch mir das wäre, sondern im Sinne der liberalen internationalen Ordnung, die regelbasiert ist und auf Multilateralismus aufbaut.

Deutschland, ein Land mit unserer Geschichte, Exportweltmeister, in der Mitte Europas, muss darauf neue Antworten finden und darf nicht im Klein-Klein der Tagespolitik stecken bleiben. Wenige Länder sind so auf regelbasierte Zusammenarbeit in multilateralen Organisationen angewiesen wie Deutschland.

Herr Maas, Sie haben das genau richtig gesagt. Sie haben hier gesagt, dass Deutschland den Multilateralismus stärken will, Sie haben gesagt, was Deutschland tun will – aber wie Sie das machen wollen, dazu haben Sie in dieser Haushaltsdebatte kein einziges Wort gesagt. Sie haben Tausende Mitarbeiter, Herr Maas, Beamte in allen Laufbahnen, Angestellte, Ortskräfte auf der ganzen Welt. Die zählen auf Sie, die zählen darauf, dass Sie für sie kämpfen. Man möchte Sie förmlich schütteln, dass Sie Ihrer Führungsverantwortung im Haushaltsverfahren mal nachkommen. Aber, meine Damen und Herren, wer sich auf Sie verlässt, lieber Herr Maas, der ist wahrlich verlassen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das zeigt der Blick auf die Haushaltsplanung. Wir sehen beim Bundesverteidigungsministerium einen deutlichen Zuwachs in der Planung. Meine Fraktion unterstützt den, wir wollen die bestmögliche Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das wollen wir auch!)

Wir sehen einen sparsameren Ansatz für die Zukunft des Entwicklungsministeriums. Beim BMZ ist schon relativ viel Geld. Wir sind der Meinung, da sind noch große Effizienzreserven, die man nutzen kann. Aber während wir Zuwächse beim Verteidigungsministerium und einen verantwortungsvollen Ansatz beim Entwicklungsministerium haben, müssen wir feststellen, dass es beim Auswärtigen Amt richtig schlecht aussieht: Mit einem Volumen von ungefähr 5,5 Milliarden Euro steht dem Auswärtigen Amt erheblich weniger Geld zur Verfügung als beiden anderen Ministerien, und der Ansatz soll sogar noch weiter sinken. Machen Sie sich bitte mal eines klar: Allein die Steigerung des Verteidigungshaushaltes von 2017 bis 2019 ist höher als der gesamte Haushalt des Auswärtigen Amtes. Meine Damen und Herren, dabei kann es nicht bleiben; denn die Diplomatie ist unsere erste Verteidigungslinie.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Richtig!)

Wenn Diplomaten erfolgreich sind, brauchen Sie weniger Soldaten im Einsatz. Deswegen steht die Fraktion der Freien Demokraten für Aufwüchse im Einzelplan 05, beim Auswärtigen Amt. In Diplomatie zu investieren, heißt, in Frieden zu investieren.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. ­Armin-Paulus Hampel [AfD])

Es ist mir völlig unverständlich, warum das Auswärtige Amt in dieser Bundesregierung wie ein Stiefkind betrachtet wird. Im BMF steigen die Personalkosten erneut um 10 Prozent, gegenüber 2016 sogar um über 20 Prozent. Das Budget für die Personal- und Sachkosten im Auswärtigen Amt steigt nicht nur nicht an, es sinkt sogar weiter. Herr Maas, Sie sind der erste Außenminister, bei dem mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Inland arbeiten als im Ausland; Sie sind sozusagen der inwärtige Minister anstatt der Minister für Außenpolitik.

Hinzu kommt, dass die Struktur im Haus selber inzwischen einen völlig hypertrophen Leitungsbereich kennt. Im Büro Staatssekretäre haben wir inzwischen 18 Stellen – das waren mal 4 –, während gleichzeitig Baumaßnahmen für Diplomatinnen und Diplomaten, die an gefährlichen Orten im Einsatz sind, nicht finanziert werden können. Da läuft alles schief. Ich glaube, die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausland sollte eine höhere Priorität haben als die üppige Ausstattung des Leitungsbereichs.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Es gibt Möglichkeiten, die Politik effizienter zu gestalten. Ich würde mir beispielsweise wünschen, dass in Europa der Europäische Auswärtige Dienst durch die Bundesrepublik Deutschland weiter gestärkt wird und wir mit unseren Partnern in der Europäischen Union zu einer gemeinsamen Vergabe von Schengen-Visa kommen. Warum muss das jede nationale Botschaft alleine machen?

(Beifall des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])

Alle hängen am selben Schengen-Informationssystem. Das können wir gemeinsam effizienter machen als bisher.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

Und das ist mir wichtig.

Mit mehr Geld allein ist noch nichts gewonnen. Der richtige und effiziente Einsatz, wie Michael Link ihn hier präsentierte, ist der Grundpfeiler. Wichtig ist uns, dass die Ministerien für die 3 D – Defense, Development und Diplomacy: Verteidigung, Entwicklung und Diplomatie – endlich anfangen, eine gemeinsame Strategie zu verfolgen, ihre Zuständigkeiten klar zu regeln und ihre Gelder effizient zu nutzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Graf Lambsdorff. – Als Nächstes für die Fraktion Die Linke die Kollegin Sevim Dağdelen.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7271012
Wahlperiode 19
Sitzung 48
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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