12.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 48 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 14

Dennis RohdeSPD - Verteidigung

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Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf die Haushaltsdebatte 2019 und die Bundeswehr zurückkommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe in Vorbereitung hierauf – es ist ja die dritte Debatte innerhalb kürzester Zeit zu diesem Einzelplan und zum Haushalt an sich – die Menschen in den sozialen Netzwerken, mit denen ich verbunden bin, gefragt, was sie so interessiert und worüber sie sich Gedanken machen, wenn sie an die Bundeswehr denken. Dabei sind einige ganz spannende Dinge herausgekommen. Ich möchte das eine oder andere aufgreifen.

Mir hat ein User geschrieben, er finde, dass die Bundeswehr kein Geld-, sondern ein Effizienzproblem habe. Das stimmt wohl.

(Dr. Marcus Faber [FDP]: Nein!)

Wir haben es erlebt: Mehr Geld alleine löst die Probleme bei der Bundeswehr nicht. In der letzten Legislaturperiode wurden kumuliert 2,6 Milliarden Euro, die für die militärische Beschaffung vorgesehen waren, nicht ausgegeben; das hat der Bundesrechnungshof kritisiert. Ich möchte aber sagen: Wir haben, Frau Ministerin, gemeinsam mit Ihnen ein Interesse daran, dass wir, wenn wir diesen Haushalt irgendwann in den Vollzug bringen, am Ende feststellen können: Das Geld, das für Beschaffung vorgesehen war, kann auch für Beschaffung ausgegeben werden; denn nur dann kommt es bei den Soldatinnen und Soldaten an. Dafür wollen wir diesen Haushalt nutzen. Wir wollen, dass dieser Haushalt eine Blaupause für künftige Haushalte ist, was den Vollzug angeht.

(Beifall bei der SPD)

Damit das gelingen kann, müssen wir das Beschaffungswesen konsequent überarbeiten. Dafür werden Arbeitsgruppen eingesetzt. Daran werden auch Parlamentarier beteiligt; das sieht der Koalitionsvertrag so vor. Wir brauchen eine Organisationsstruktur, die schnell und effizient ist und wirtschaftlich arbeitet. Man könnte im BAAINBw Prozesse und Entscheidungswege verschlanken. Man könnte den Personalkörper stärken. Es gibt viele Vorschläge.

Ich finde es aber besonders interessant, sich die Vorschläge der letzten Monate anzusehen, die in den Medien diskutiert werden, insbesondere dann, wenn Medien über Papiere berichten, die am Ende keiner geschrieben haben will. Ein Vorschlag ist die Privatisierung der Behörde oder auch die Teilprivatisierung der Behörde, am besten noch die Teilprivatisierung unter einem Geschäftsführer, der aus der Industrie kommt. Ich möchte für uns Sozialdemokraten sagen: Die Beschaffung im Rüstungsbereich ist für uns einzig und allein eine hoheitliche, eine staatliche Aufgabe, keine Aufgabe der Privatwirtschaft. Deshalb wollen wir das Beschaffungsamt stärken. Wir wollen und werden es aber nicht privatisieren.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns in einer Zeit immensen technischen Fortschritts, und dieser technische Fortschritt macht auch vor der Bundeswehr nicht halt. Das bringt für uns die Herausforderung mit, dass wir, wenn wir in diesem Haus über Auslandseinsätze entscheiden, uns natürlich auch immer die Frage stellen müssen: Ist die Bundeswehr für die Einsätze, in die wir sie schicken, auch bestmöglich ausgestattet? Ist sie auf dem technischen Stand der Dinge? Wir wissen: Da liegen Aufgaben und Herausforderungen vor uns. Wir haben neue Herausforderungen dazubekommen; die Ministerin hat von den Cyberangriffen gesprochen. Wir wissen auch als Sozialdemokraten, dass das Geld kosten wird. Deshalb sind die Haushaltsansätze, die Olaf Scholz vorgesehen hat, höher als die, die der damalige Bundesminister Schäuble vorgesehen hat.

Und doch gilt – das sage ich als Haushälter –: Wir wissen nicht, wie sich die Haushaltslage des Bundes in den nächsten Jahren entwickeln wird. Wir wissen nicht, wie sich die wirtschaftliche Lage in unserem Land entwickeln wird. Solange es geht, müssen wir daher Haushalte auf Sicht planen; denn nur das ist seriös und verantwortbar.

Das ist die Aufgabe, vor der wir auch mit Blick auf den Einzelplan 14 stehen. Wir müssen auf der einen Seite die Aufgabe einer vorausschauenden Haushaltspolitik mit den auf der anderen Seite notwendigen zukunftsgerichteten Investitionen in Einklang bringen. Dieser Herausforderung werden wir uns in nächster Zeit stellen.

Ich hatte eingangs gesagt, dass ich in den sozialen Medien nachgefragt habe. Eine Nachricht war: Wir brauchen keine Wehrpflicht. Ich muss ehrlich sagen – man kann ja diese kontroverse Debatte führen –: Ich weiß, dass es auch in meiner Fraktion unterschiedlichste Positionen dazu gab. Ich gehörte zu denen, die immer für die Abschaffung der Wehrpflicht waren. Ich weiß, dass andere Kolleginnen und Kollegen eine andere Auffassung vertreten haben und lieber bei der Wehrpflicht geblieben wären.

Aber, liebe Kollegen, diese Entscheidung ist 2011 gefallen, und ich verstehe nicht, wie man jetzt, nachdem wir Milliarden investiert haben, die Bundeswehr umstrukturiert und Strukturen geschaffen haben, die mit einer Wehrpflicht gar nicht mehr in Einklang zu bringen sind, in diesem Sommer mit der Forderung herauskommen kann, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Ich finde, das ist eine Debatte von gestern. Diese Debatte sollten wir hier nicht führen. Die Sozialdemokraten werden die Wehrpflicht auf jeden Fall nicht wieder einführen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dass die Idee nicht besonders hell und klug ist, haben auch andere gemerkt. Denn schnell ging die Debatte einen anderen Weg. Dann war es nicht mehr die Wehrpflicht; es sollte auf einmal über ein verpflichtendes Jahr für alle jungen Menschen nachgedacht werden. Auch wenn es nicht zum Einzelplan passt, eine Bemerkung dazu: Diese Debatte ist Ausdruck des permanenten Gefühls einer Generation, dass die nachfolgende Generation nicht sozial genug sei und dringend Nachhilfe benötigt. Das Gegenteil ist der Fall: Zigtausende junge Menschen engagieren sich in Vereinen, leisten Freiwilligendienste ab und sind auch in der Integrationsarbeit in den letzten Jahren eine wichtige Stütze gewesen. Die junge Generation braucht keine Pflichtnachhilfe in Gemeinwesen. Was sie wirklich benötigt, ist mehr Wertschätzung und Anerkennung für die Freiwilligendienste.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Eine weitere Nachricht, die ich bekommen habe – anscheinend von einem Soldaten –, ist, dass man bessere Möglichkeiten für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit nach ihrer Dienstzeit braucht und dass das Auswahlverfahren der Berufssoldaten nicht mehr zeitgemäß sei. Ich finde, das zeigt, dass wir weiterhin vor der Herausforderung stehen, die Bundeswehr auch als Arbeitgeber attraktiv zu machen und attraktiv zu halten. Das gilt nicht nur für den soldatischen Bereich, sondern auch für die Verwaltung und alles was da mit dranhängt.

Wir müssen über das Dienstrecht sprechen. Wir müssen über die persönliche Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten sprechen. Denn das ist das, was direkt bei ihnen ankommt und die Bundeswehr als Arbeitgeber auch wieder attraktiver macht. Da haben wir mit dem letzten Haushalt schon Akzente gesetzt, und das wird auch Thema in diesen Haushaltsverhandlungen sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Zum Abschluss habe ich noch eine Nachricht unter dem Pseudonym „tlindner1982“ bekommen. Der Kollege Tobias Lindner bat, ich könnte ihn ja einmal loben. Ich finde, es gibt etwas, das lobenswert ist, nämlich dass die Zusammenarbeit der demokratischen Fraktionen über Koalitions- und Oppositionsgrenzen hinweg funktioniert und gut und fair ist. Ich hoffe, dass das auch in diesen Haushaltsverhandlungen so ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Dr. Marie-­Agnes Strack-Zimmermann das Wort.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7271040
Wahlperiode 19
Sitzung 48
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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