12.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 48 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 23

Sonja SteffenSPD - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Müller! Liebe Gäste! Zunächst die guten Nachrichten: Mit Gesamtausgaben in Höhe von insgesamt 9,72 Milliarden Euro sieht der Entwurf des Einzelplanes 23 zum vierten Mal in Folge den höchsten Etat in der Geschichte des Bundesministeriums vor. Es sind knapp 284 Millionen Euro mehr in diesem Haushalt als im letzten Haushalt vorgesehen. Wenn wir das alles insgesamt betrachten und den Finanzplan von Juni 2017 einbeziehen, dann können wir feststellen, dass der Entwurf insgesamt über 1 Milliarde Euro mehr vorsieht. Das ist doch ein gutes Signal.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber es wäre keine ehrliche Haushaltsrede, wenn sie nicht auch an den Koalitionsvertrag erinnern würde. Dort haben wir nämlich festgelegt, dass zusätzlich entstehende Haushaltsspielräume prioritär dazu genutzt werden, Verteidigungshaushalt und ODA-Quote im gleichen Verhältnis zu erhöhen.

(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Das findet nicht statt!)

Wir werden uns wahrscheinlich in den nächsten Wochen noch viel mit dieser Vereinbarung beschäftigen, zum Beispiel mit der Frage, welche Mittel wo anzurechnen und wo nicht anzurechnen sind.

Wir reden in dieser Debatte nicht über Sinn und Unsinn der Erhöhung der Verteidigungsausgaben, sondern über die Entwicklungszusammenarbeit.

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das sollten Sie aber!)

Deshalb erscheint mir eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag noch viel wichtiger. Wir haben uns nämlich neben der Kopplung der ODA-Quote an den Verteidigungshaushalt auch dazu verpflichtet, dass ein Absinken der ODA-Quote verhindert werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Ja, aber genau das passiert doch gerade!)

Diese Debatte, ob die eingestellten Mittel im Haushaltsplan ausreichen werden, um die ODA-Quote in dieser Legislaturperiode letztendlich zu erreichen, müssen wir führen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Allerdings, Herr Minister, muss ich ein bisschen Wasser in den Wein gießen. Es heißt ja nicht, dass ODA-Mittel und BMZ eine alleinige, ausschließliche Einheit bilden. Die ODA-Mittel umfassen doch einiges mehr als den Einzelplan 23. Das wird manchmal vergessen. Sie umfassen auch wichtige Mittel des Umweltministeriums – Sie haben den Klimaschutz erwähnt –, sie umfassen Mittel des Gesundheitsministeriums – Global Health, darüber werden wir wahrscheinlich übermorgen reden –, und sie umfassen vor allem – und das ist besonders wichtig – auch Mittel des Auswärtigen Amtes. Gerade in Zeiten wie diesen müssen wir unseren Beitrag zur humanitären Hilfe leisten, umso mehr, da der amerikanische Präsident – darauf hat der Minister schon hingewiesen – umfangreiche Streichungen nicht nur angekündigt, sondern bereits hat durchführen lassen.

Für 2019 bin ich zuversichtlich, dass wir die bisher erreichte ODA-Quote zumindest halten können. Wir müssen uns allerdings darüber hinaus die Zahlen im Laufe der Haushaltsberatung noch einmal genau anschauen. Insbesondere die Zahlen, die für die Jahre nach 2019 im Finanzplan der Bundesregierung abgebildet sind, sehen im Hinblick auf die ODA-Quote nicht so erfreulich aus. Ich wage zu bezweifeln, dass wir auf Basis dieses Finanzplans die ODA-Quote einhalten können.

Ich will an dieser Stelle einmal auf Folgendes hinweisen: Der fünfjährige Finanzplan wird vom Bundesministerium für Finanzen jedes Jahr neu aufgestellt und dann von der Bundesregierung erlassen. Er wird jährlich an die Entwicklung angepasst und fortgeführt. Es handelt sich hierbei also um ein internes Planungsinstrument der Bundesregierung. Wir, die MdBs, und auch der Bundesrat erhalten den Finanzplan nur zur Information. Der jährliche Haushaltsplan hingegen, den wir heute beraten, ist ein Gesetz, über das wir alle hier im Parlament zu entscheiden haben. Damit möchte ich sagen: Es ist noch nicht aller Tage Abend.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Minister, Sie bauen und vertrauen auf das Parlament, und das ist auch gut so. Ich will Sie allerdings motivieren. Die Fachpolitiker der SPD müssen Sie an dieser Stelle nicht überzeugen;

(Ottmar von Holtz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber euren Finanzminister!)

aber vielleicht müssen Sie noch ein wenig Überzeugungsarbeit in den eigenen Reihen leisten.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Finanzminister kommt doch aus euren Reihen!)

Ich möchte noch auf eine weitere Besonderheit im Entwurf 2019 hinweisen, und zwar auf die Höhe der Verpflichtungsermächtigungen: Wir haben laut Entwurf bereits eine Steigerung der Verpflichtungsermächtigungen um 7,7 Milliarden Euro auf knapp 10,3 Milliarden Euro erreicht. Das ist eine mehr als 33-prozentige Steigerung. Das ist ein gutes Zeichen; denn die Verpflichtungsermächtigungen zielen auf Aufgaben in den kommenden Jahren ab. Sie sind für die Organisationen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, für die GIZ, für die Kirchen, für die Stiftungen, für die vielen NGOs, die mitwirken, extrem wichtig für die langfristige Projektplanung. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Verpflichtungen auch in künftigen Haushaltsjahren ausfinanziert sind. Das ist seriöse Entwicklungszusammenarbeit, und die sind wir nicht nur den Organisationen schuldig, sondern auch den vielen Menschen, die wir weltweit unterstützen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht aber nicht nur darum, Quoten zu erreichen, und es geht natürlich auch nicht darum, Haushaltsrekorde zu erzielen. Was ist unser eigentliches Ziel? Für die Sozialdemokraten kann ich das relativ einfach zusammenfassen: Ziel ist das Erreichen der SDGs, die Umsetzung der Agenda 2030.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich empfehle Ihnen allen in diesem Saal und auch auf der Tribüne, sich diese SDGs, Sustainable Development Goals, einmal genauer anzuschauen. In diesen SDGs ist festgelegt – übrigens hat das Willy Brandt mit dem, was Sie vorhin zitiert haben, im Grunde schon formuliert –, was wir weltweit erreichen wollen: Wir wollen keine Armut, wir wollen keinen Hunger, wir wollen gute Gesundheit, wir wollen gute Bildung, wir wollen Gleichberechtigung von Männern und Frauen, saubere Energien, sauberes Wasser, würdige Arbeit, wirtschaftliche Entwicklung – um hier nur einige Ziele zu nennen. Diese Ziele sollten wir uns auf die Fahne schreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die entscheidende Frage ist natürlich: Wie erreichen wir diese Ziele? Das sind natürlich sehr hochrangige Ziele. Wir brauchen das Engagement der zivilgesellschaftlichen Organisationen, und das muss ausreichend finanziert werden. Und wir müssen multilaterale Initiativen weiter stärken und mit unseren guten bilateralen Entwicklungszusammenarbeitsinstrumenten verzahnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Georg Link [FDP])

Ebenso müssen auf nationaler Ebene die unterschiedlichen Fachressorts, die ich vorhin schon genannt habe, an einem Strang ziehen.

Jetzt bleibt mir kaum noch Redezeit. Ich will nur noch Folgendes sagen: An diesem Entwurf gibt es noch einiges zu tun. Ich erinnere an den GFATM; da steht die Wiederauffüllungskonferenz an. Ich erinnere an die Ziele zur entwicklungspolitischen Bildung bei uns in Deutschland. Ich erinnere an den Zivilen Friedensdienst und die anderen Dinge, die im Koalitionsvertrag festgelegt sind. Da wollen wir auf jeden Fall noch eine Schippe drauflegen.

Ich freue mich auf die anstehenden Verhandlungen und wünsche mir gute Ergebnisse. Ich denke, an dem Entwurf wird sich bis zur zweiten und dritten Lesung, bis wir hier über den Etat entscheiden werden, noch einiges ändern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Michael Link für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7271057
Wahlperiode 19
Sitzung 48
Tagesordnungspunkt Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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