13.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 49 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 07

Esther DilcherSPD - Justiz und Verbraucherschutz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin Barley! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Grundsätzlich wurde es beim Einzelplan 07 bereits thematisiert, und ich will es gerne an dieser Stelle noch mal bestätigen: Wir werden die Handlungsfähigkeit unseres Rechtsstaats weiter sichern und vor allem sichtbar machen. Dazu hat die Ministerin schon ausführlich gesprochen.

Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat. Das heißt, alles, was staatliche Behörden in Deutschland tun, ist an Recht und Gesetz gebunden. Mit dem Rechtsstaat korrespondiert auch die Rechtssicherheit. Jeder oder jede Einzelne muss sich auf die bestehenden Gesetze verlassen können, muss darauf vertrauen können. Und die Freiheit jeder oder jedes Einzelnen muss gesichert werden. Das Grundgesetz gewährt diese Rechte allen Menschen, die sich in unserem Land aufhalten, nicht nur Deutschen.

Ich möchte mein Hauptaugenmerk heute Morgen einmal auf den Opferbeauftragten der Bundesregierung richten.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Sehr gut!)

Das Bundeskabinett hat am 11. April 2018 Herrn Professor Dr. Edgar Franke zum Beauftragten der Bundesregierung für die Anliegen von Opfern und Hinterbliebenen von terroristischen Straftaten im Inland ernannt. Im letzten Haushalt wurden erstmalig die Mittel für die Stelle des Opferbeauftragten und auch für seine Geschäftsstelle bewilligt. Dr. Franke ist der zentrale Ansprechpartner für alle Anliegen der Betroffenen von terroristischen Straftaten im Inland.

Man findet für Terrorismus unter anderem folgende Definition:

… kriminelle Gewaltaktionen gegen Menschen oder Sachen … zur Erreichung eines politischen, religiösen oder ideologischen Ziels.

Diese Definition ist jedoch im Einzelnen umstritten. Da steht aber keineswegs drin, Herr Brandner, dass Terrorismus nur von Menschen mit Migrationshintergrund begangen wird, sondern sie können sogar selbst auch davon betroffen und Opfer sein.

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Im Falle eines hoffentlich nicht eintretenden Terroranschlags ist es – neben den Ländern – eben die Aufgabe des Opferbeauftragten, sich um alle Opfer und um deren Hinterbliebenen zu kümmern. Er vermittelt Kontakte zu den mit einem Terroranschlag befassten Behörden des Bundes und der Länder und vermittelt Unterstützung. So was gab es eben bis 2018 bei uns, in diesem Land, noch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Er wird auch die Betreuung der Opfer des Breitscheidplatzes und die Betreuung der NSU-Opfer fortführen. Mit dem ständigen Opferbeauftragten haben Betroffene zukünftig immer einen zentralen Ansprechpartner, der sich um alle ihre Fragen und Anliegen kümmert.

Terroranschläge sind immer gezielte Angriffe gegen den Staat, gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und unsere offene Gesellschaft. Und damit kommt dem Staat eine besondere Verantwortung gegenüber den Opfern und Hinterbliebenen zu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Im Haushalt werden 2,8 Millionen Euro für Opfer extremistischer Übergriffe und weitere 6,2 Millionen Euro für Opfer terroristischer Gewalt bereitgestellt.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Straetmanns?

Ja.

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. Sie haben am Anfang Ihrer Rede dankenswerterweise, wie viele Vorredner auch schon, auf den Pakt für den Rechtsstaat Bezug genommen. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang gerne mit drei Fragen, die ich habe, konfrontieren:

Die erste Frage: Die Aufgabe des Paktes für den Rechtsstaat ist doch sicherlich auch von allen Sicherheitsbehörden dieses Landes mit zu erfüllen?

Die zweite Frage: Verletzt ein Verfassungsschutzpräsident, der Informationen, die noch nicht veröffentlicht sind, an die AfD weitergibt, aus Ihrer Sicht seine Amtspflichten?

Die dritte Frage bezieht sich auf Herrn Brandner, an den diese Informationen weitergegeben worden sind: Meinen Sie wie ich, dass den Vorsitzenden des Rechtsausschusses eine Informationsverpflichtung gegenüber dem Rechtsausschuss trifft, wenn er mit dem Verfassungsschutzpräsidenten Informationen austauscht?

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind beide Juristen. Weil mir selbst diese Tatsachen aus eigener Erkenntnis nicht bekannt sind und da sicherlich noch ermittelt wird, werde ich zu den laufenden Ermittlungen hier keine Stellung nehmen.

Die erste Frage war, ob die Sicherheitsbehörden den Pakt für den Rechtsstaat unterstützen müssen. Der Pakt für den Rechtsstaat ist allumfassend; Frau Ministerin hat schon dargelegt, dass es eine Daueraufgabe sein wird. Insofern werden wir uns da in alle Richtungen orientieren.

(Marianne Schieder [SPD]: Und dass Herr Maaßen mit Herrn Brandner spricht, gefällt uns nicht!)

– Wenn das so ist: Das stimmt. Aber ich habe es selber nicht gehört.

Wie wichtig aber die Stärkung und Hilfeleistung für Opfer ist, hat unsere Bundesfamilienministerin Franziska Giffey gezeigt, als sie vor jeder anderen Äußerung ihrerseits zu den Vorfällen in Chemnitz zunächst einmal ihre Trauer und ihre Anteilnahme vor Ort bekundet hat. Vielen Dank dafür! Ich denke, so muss es auch zukünftig laufen: dass wir die Opfer solcher Anschläge nicht vergessen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem wird der Opferbeauftragte auch erst einmal Informationsmaterial zur Verfügung stellen; denn diese Stelle ist neu eingerichtet und noch nicht bekannt. Er wird natürlich selber auch, falls es bedauerlicherweise zu weiteren Terroranschlägen kommt – die wir nicht verhindern werden können, und die es auch schon immer gegeben hat, die also kein neues Phänomen darstellen –, auf die Opfer zugehen. Wichtig sind in diesem Fall auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf Abruf zur Verfügung stehen, die fachlich und psychologisch geschult sind, um die Opferbetreuung zu übernehmen.

Ich freue mich, dass der Opferschutz sowie Entschädigung und Hilfen für die Opfer sich im Einzelplan deutlich widerspiegeln und dass es mit dem Opferbeauftragten einen zentralen Ansprechpartner für Opfer und Hinterbliebene gibt.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Kollege Martin Hohmann ist der nächste Redner für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7271357
Wahlperiode 19
Sitzung 49
Tagesordnungspunkt Justiz und Verbraucherschutz
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