13.09.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 49 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 09

Heidrun BluhmDIE LINKE - Wirtschaft und Energie

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Herr Minister, der aktuelle Etatentwurf steht unter dem Motto – ich zitiere – „Wirtschafts-, energie- und forschungspolitische Schwerpunktaufgaben stärken, zusätzliche Innovationsanreize schaffen und neue Außenwirtschaftliche Schwerpunkte setzen“. Schön! Das finden wir auch. Wo finden wir die aber? Helfen Sie uns, Herr Minister! Die Linke findet hier nicht viel Neues oder Innovatives. Auch Ihre Rede eben hat im Vergleich zu den letzten Jahren nicht viel Neues verlauten lassen.

(Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Mehr als Ihre Rede!)

Wirtschaft ist für uns – für meine Fraktion, für mich und vor allem auch für viele Bürgerinnen und Bürger – die Voraussetzung für Soziales, für Kultur und für vieles mehr im Leben. Wir arbeiten, um zu leben, und nicht, um einige wenige reich zu machen. Oder gar: Wir leben, um zu arbeiten, um die Reichen noch reicher zu machen? Sie haben eben gesagt, Herr Minister: Löhne und Renten steigen kräftig. – Ja, richtig – aber im Durchschnitt, nicht bei den prekär Beschäftigten und auch nicht bei den Minijobbern. Für die diesbezügliche soziale Schieflage im Land ist der Wirtschaftsetat daher auch wesentlich verantwortlich, zum Beispiel mit einer massiven Stärkung der KMU in den strukturschwachen Regionen oder mit dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand, ZIM, dessen Etatgröße in diesem Jahr wieder nicht steigt.

(Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Natürlich steigt es! Es steigt um 10 Millionen Euro! Sie müssen richtig lesen!)

Wenigstens haben Sie diesmal nicht den Rotstift angesetzt; das gibt einem ja schon mal ein bisschen Hoffnung.

Dabei ist der Osten im Vergleich zu ganz Deutschland in seiner Entwicklung immer noch weit zurück; wir alle wissen das, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ähnlich ist es beim Thema „ländliche Räume“. Hier gibt es trotz aller Strukturprobleme Chancen für Innovationen, wenn die positiven Effekte der Digitalisierung endlich auch vor Ort zu wirtschaftlich neuer Wertschöpfung führen würden. Statt dies auf den Weg zu bringen, streitet man sich aber mit der Landwirtschaftsministerin über die Zugriffsrechte im Hinblick auf die Förderung von Start-ups im ländlichen Raum. Sie macht nämlich parallel dazu jetzt auch etwas. Ich bin gespannt, wie hier die Abstimmung verläuft. Ehrlich gesagt, das kann man den Menschen kaum noch erklären. Ich finde auch, dass man das den Menschen nicht mehr zumuten kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade im ländlichen Raum fühlen sich die Menschen seit Jahren abgehängt, und sie fühlen sich vernachlässigt. So ist auch der Rechtsruck im Land zu erklären.

(Jürgen Braun [AfD]: Ja, ja! Na klar!)

Meine Damen und Herren, sind die Anzeichen nicht bereits weithin wahrnehmbar, dass in Ostdeutschland große Bevölkerungsgruppen von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben faktisch abgekoppelt sind? Obwohl die Ausstattung des Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer im Einzelplan diesmal nicht stagniert, sondern von 2,7 auf gut 4,5 Millionen Euro angehoben wurde, ist von einer aktiven Regionalpolitik bisher wenig zu spüren. Herr Kollege Hirte – jetzt ist er gerade weg; wir haben gestern Abend darüber gesprochen – weiß noch gar nicht, dass tatsächlich mehr Geld in seinem Etat ankommen wird.

Hier wie überall im ländlichen Raum muss die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse endlich tatsächlich hergestellt werden, so wie Die Linke es seit Jahrzehnten fordert.

(Beifall bei der LINKEN)

Da müssen die 4,5 Millionen Euro wirklich ankommen. Das ist ein wichtiger Beitrag, vor allem zur Stärkung der Demokratie, und gleichzeitig ein Ansatz, um autoritären Verführungen zu widerstehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch energiepolitisch bringt der Haushalt des Ministeriums wenig Neues. Er bleibt eigentlich im Fahrwasser des Altbekannten, zum Beispiel bezüglich der selbstgesteckten Klimaziele. Im Monitoring-Bericht „Energie der Zukunft“ gehen die Experten von Folgendem aus – ich zitiere –:

Um das Klimaziel für 2030 noch zu erreichen, muss Deutschland seine CO 2 -Emissionen dreimal stärker senken als in den letzten 18 Jahren.

Das ist vergleichbar mit der Treibhausgasreduktion, die mit der Deindustrialisierung der DDR erfolgt ist. Daran können Sie erkennen, welche Anforderungen an uns gestellt werden und wie wenig Sie bereit sind, diesen Anforderungen ins Auge zu sehen.

Schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte das Wirtschaftsministerium auch wirtschaftliche Schwerpunkte im Außenhandel setzen. Wie das mit den geplanten Mitteln erreicht werden soll, erschließt sich mir nicht. Wie schon im Umweltetat werden die Mittel für die internationale Zusammenarbeit auch in diesem Haushalt zusammengekürzt.

(Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Falsch! Fake News! Es gibt 30 Millionen Euro mehr!)

So kann man Fluchtursachen aus unserer Sicht nicht bekämpfen.

Stattdessen gibt es einen Posten mit dem nebulösen Titel „Erschließung von Auslandsmärkten“, der sich bei genauem Hinsehen als Begleitprogramm für Messeteilnahmen darstellt. Dafür gibt es sogar mehr Geld.

Hier könnte man ganz anders handeln, zum Beispiel über ein finanzkräftiges Fairtrade-Programm,

(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Braucht kein Mensch!)

das gleichzeitig die landwirtschaftlichen Strukturen in den Herkunftsländern erhält oder auch wiederherstellt, dort Arbeit schafft und einen Beitrag zur Verbesserung der Handelsbeziehungen leistet.

(Beifall bei der LINKEN)

Nichts davon steckt in Ihrem Haushaltsplan. Aus meiner Sicht muss die Koalition da deutlich nachjustieren. Dieser Etat muss mehr sein als eine versteckte Förderung von staatsnahen Monopolisten, zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt, die Herr Minister heute wieder angekündigt hat.

Auch deshalb solidarisiert sich die Linke mit den Aktivistinnen und Aktivisten im Hambacher Forst.

(Beifall bei der LINKEN – Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Mit den zahlreichen Linksextremen in Deutschland!)

Das Vorgehen dort ist ein weiteres Beispiel für eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, eine Wirtschaftspolitik des 19. Jahrhunderts.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN – Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Setzen, sechs!)

Nächster Redner ist Oliver Krischer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7271389
Wahlperiode 19
Sitzung 49
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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