Michael TheurerFDP - Wirtschaft und Energie
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die friesische Gelassenheit des Kollegen Saathoff scheint Andrea Nahles abzugehen angesichts des Ultimatums der SPD zur Entlassung von Verfassungsschutzpräsident Maaßen. Das Ende der Großen Koalition hängt wie ein Damoklesschwert über dem Haushalt. Wir wissen gar nicht, ob er überhaupt noch verabschiedet wird. Ich glaube, dass wir jetzt den Anfang des Endes der Großen Koalition erleben, und das schon nach noch nicht einmal 200 Tagen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Der Haushalt des Wirtschaftsressorts ist stabil. Die Mittel gehen aus technischen Gründen sogar leicht zurück, und zwar von 8,1 Milliarden auf 8,05 Milliarden Euro. Herr Minister Altmaier, wenn alle Ressorts so solide und stabil wären wie Ihres, hätten wir den finanziellen Spielraum für eine deutliche Entlastung der Bürgerinnen und Bürger. Eine Entlastung ist notwendig bei der kalten Progression – diese wollen wir als FDP abschaffen – und vor allen Dingen bei den Personengesellschaften in Deutschland. 3 Millionen mittelständische Unternehmen zahlen Einkommensteuer als Unternehmensteuer. Diese hoffen darauf, entlastet zu werden, damit endlich Wettbewerbsgerechtigkeit im Vergleich zu internationalen Großkonzernen hergestellt wird. Deshalb plädieren wir für die vollständige Abschaffung des Soli, und zwar jetzt.
(Beifall bei der FDP)
Sie, Herr Minister Altmaier, haben als Handelsminister gehandelt. Sie sind in die USA geflogen und haben dort mit der US-Regierung gesprochen, um den Zollkrieg zu entschärfen. Kompliment! Wir wünschen uns das, was Sie als Handelsminister gemacht haben, auch in anderen Bereichen. Sie haben bei Ihrer Vereidigung angekündigt, das Erbe Ludwig Erhards – auch der Kollege Carsten Linnemann hat Sie darauf angesprochen – anzutreten. Dieses Erbe sollte nicht nur im Museum gelobt oder dadurch, dass Sie einen Raum im Ministerium nach Ludwig Erhard benennen, geehrt werden. Vielmehr sollte es auch am Kabinettstisch, in der Öffentlichkeit und hier im Deutschen Bundestag zur Sprache kommen.
(Beifall bei der FDP)
Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus dem Buch „Was würde Ludwig Erhard heute sagen?“:
Für Erhard galt: Der geordnete und gehütete Markt ist selbst sozial.
Weiter heißt es:
Soziale Gerechtigkeit ist nicht Umverteilung. Vielmehr geht es um eine Ordnungspolitik, die jedem Einzelnen in der modernen Wirtschaftsgesellschaft die Möglichkeit zur Entfaltung seiner Person gibt.
Geschrieben hat dies Frau Dr. Angela Merkel im Jahr 2007. Wenn ich aber diese Aussage der Bundeskanzlerin vergleiche mit dem Handeln der Bundesregierung, dann muss ich sagen: Dieser Bundesregierung ist der ordnungspolitische Kompass verloren gegangen.
(Beifall bei der FDP)
Die doppelte Haltelinie in der Rente führt dazu, dass massive Haushaltsrisiken auf künftige Generationen zukommen und dass der Steuerzahler belastet wird. Erhard hätte dagegen gesagt – darin bin ich mir sicher –: Die Menschen brauchen Freiräume, um selber und eigenverantwortlich vorsorgen zu können. – Von Ihnen, Herr Minister Altmaier, hört man in dieser Debatte allerdings nichts.
Oder das Thema Diesel. Millionen Autofahrer haben sich darauf verlassen, dass sie das Auto, das sie gekauft haben, auch tatsächlich fahren können. Schließlich heißt es „Fahrzeug“ und nicht „Stehzeug“. Jetzt werden sie durch Fahrverbote kalt enteignet. In dieser Debatte, sehr geehrter Herr Minister Altmaier, hört man von Ihnen leider nichts.
(Beifall bei der FDP)
Erhards größte Errungenschaft freilich, seine historische Leistung war ja, dass er entgegen der Empfehlung der Besatzungsmächte bei der Einführung der D-Mark über Nacht die Preisfestsetzung im Bereich der Lebensmittel bei allen Waren aufgehoben hat, und, oh Wunder, plötzlich waren die Regale wieder voll. Meine Eltern zum Beispiel berichten, wie es damals war: dass gehortete Waren, die vorher trotz drakonischer Strafen, trotz Rationierungen, trotz staatlicher Kommandowirtschaft nicht zur Verfügung gestellt worden waren, durch die Freigabe von Preisen plötzlich wieder in den Regalen waren. Denn Rationierung löst keine Mangelprobleme; Marktwirtschaft löst Mangelprobleme.
Aber was macht die Große Koalition? Sie führt eine Mietpreisbremse ein.
(Sören Bartol [SPD]: Weil der Markt versagt! Das muss man doch verstehen! – Gegenruf des Abg. Karsten Klein [FDP]: Nein, weil Ihr dem Markt keinen Raum lasst!)
Jetzt vereinbart sie eine Verschärfung der Mietpreisbremse. Das ist Rationierung, das ist Preisfestsetzung. Die SPD fordert sogar einen Mietenstopp. Meine Damen und Herren, was würde Ludwig Erhard sagen? Er würde sich in diese Debatte einmischen. Aber was hören wir von Ihnen, Herr Minister Altmaier? Nichts!
(Beifall bei der FDP)
Carsten Linnemann hat die Einwanderung angesprochen. Kanada hat zwei Säulen für die Einwanderung: das Punktesystem – das ist immer noch die wichtigere Säule – und jetzt auch noch den Nachweis eines Arbeitsplatzes. Wir wollen beides. Die Union hat das bisher verhindert. Was hören wir von Minister Altmaier in der Debatte? Wir hören: Das Einwanderungsgesetz ist zu wenig. – Klare Forderung: Die Wirtschaft braucht Fachkräfte.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Der Mangel an Fachkräften hemmt unseren Wohlstand. Deshalb plädieren wir hier klar für die soziale Marktwirtschaft. Das wünschen wir uns von Ihnen, Herr Altmaier. Wir werden Sie in dieser Frage, wenn Sie entsprechend handeln, unterstützen. Aber bisher sind Sie uns hier eindeutig zu leise. Die Marktwirtschaft braucht wieder ein Sprachrohr im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der FDP)
Als Nächster spricht für die Fraktion Die Linke der Kollege Klaus Ernst.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7271399 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 49 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Energie |